Der Velar sucht den opulenten Auftritt: Na schön, möge der 1,93 Meter breite Range Rover vorfahren. Bleibt dem Audi Q5 da noch Luft zum Atmen?
Stellen Sie sich vor, auf der Galaparty zum 50. erscheint unerwartet Prinz William als Gast. Der Willy von England, groß gewachsen, beste Manieren, plaudert im feinen Maßanzug. Da wär was los! Den möchte jeder mal anfassen. So fühlen sich Audi-Käufer, die ihren neuen Q5 konfigurieren und aus dem Augenwinkel einen Stargast bemerken: den Range Rover Velar. Das ist feinster britischer Offroad-Adel auf der brodelnden Party der Hochsitze. Sozusagen der Prinz William unter den SUV.
Die Größe des Velar lässt den Q5 wie einen Schuljungen wirken
Großer Auftritt: In der Länge überragt der Velar den Q5 um satte 13 Zentimeter und wirkt auch sonst riesig.
Bescheiden ist sein Auftritt nur für Range-Verhältnisse. Der Velar (englisch ausgesprochen: Weller) überragt den Audi um 13 Zentimeter in der Länge und wirkt eine halbe Nummer größer als der Q5. Seine geraden Linien sitzen wie Bügelfalten, aus hohen Flanken fahren die Türgriffe heraus wie ein feiner Handschlag. Nicht praktisch, aber was Besonderes. Halt Range Rover. Der Q5, auch schon kein Zwerg, steht daneben wie ein Schuljunge. Korrekt wie ein Musterschüler ist auch Audis Interieur, das vorne mehr Platz bietet. Da gibt es keinen versteckten Startknopf wie im Velar, außerdem Kippschalter, die so sauber klicken wie nach DIN-Gebot. Wenn deutsche Ingenieure das Paradies bauen, dann so. Luxus heißt hier schon dunkles Holzdekor oder Karostepp auf perfekten Sportsitzen (1400 Euro extra).
Im Range Rover steht Luxus einigen Bedienschwächen gegenüber
Typisch Range Rover: Der Verlar bietet Glamour im Überfluss, während der Q5 eher kühl bleibt.
Was dem Auge und der Seele für gut 70.000 Euro im Audi fehlt, bietet der Velar im Überfluss: Glamour. Der Fahrer sitzt eine halbe Etage höher, gegen Aufpreis auf perforiertem Windsor-Leder, vor sich den Extra-Touchscreen zum Bedienen von Klima, Sitzen, Musik und Fahrprogrammen. Schick, aber crazy: Denn das Touch-Pro-Duo-System spiegelt mit seiner glasglatten Oberfläche wie frisch polierter Chrom, die komplizierten Bedienschritte bringen zur Verzweiflung. Was für ein Monitor-Overkill! Und dann fehlt so was Simples wie eine Kontrolllampe, die anzeigt, dass am Tag das Abblendlicht eingeschaltet ist. Wo wir gerade an Prinz Williams Anzug herumkritteln: Durch breitere Türen, so wie am Q5, könnte man hinten bequemer einsteigen. Und wer will die hohe Ladekante zum Kofferraum (82 Zentimeter) vorm Supermarkt mit der Luftfederung herunterlassen?
Genug gemurrt, Startknöpfe drücken. Das Grummeln, das nun erwacht, holt zurück ins echte Leben: Was für ein Klang! Das sind nicht die nageligen Zwei-Liter-Schwarzbrote, sondern dicke Sechszylinder-Diesel aus der Kategorie "Europas Traumwagen", wie sie nur bei uns geschätzt werden: bärenstark, relativ sparsam, luxuriös schnell und sauber dank AdBlue-Einspritzung. Während der laufruhige Audi kaum zu hörenist, fällt der Velar in das an- und abschwellende Wummern eines Schiffsdiesels – daran haben die Sound-Designer sicher lange gefeilt.
Das dynamischere SUV kommt ganz klar von Audi
Sprintsieger: Obwohl nominell schwächer, hängt der Audi den Range sogar bis Tempo 200 deutlich ab.
Aus dem Stand jagen beide so los, dass nur noch sehr große, sehr durstige Benziner mithalten können. Audis V6-TDI kratzt im Antritt sogar an der sportlichen Sechs-Sekunden-Schwelle. Obwohl auf dem Papier 14 PS und 80 Newtonmeter schwächer als der Range, beschleunigt der Ingolstädter einen Deut schneller und sparsamer (7,9 Liter im Testschnitt) bis auf 237 Spitze. Wenn diese Schrankwände auf der linken Spur heranrauschen, dürften sie manchen Kombi erschrecken. Aber das wäre keine artgerechte Haltung, weil sie bei Tempo 160 wunderbar entspannt gleiten mit souveränen Reserven. Beide Getriebe, jeweils Achtstufen-Wandler-Automaten, fallen dabei in den "Bin-gar-nicht-da-Modus" und bleiben auch dann wach und unauffällig, wenn Q5 und Velar auf die Landstraße einbiegen. Mit Luftfederung und imposanten, aber unpraktisch großen Rädern sind die Riesen vergleichbar ausgerüstet – und zeigen doch einen völlig unterschiedlichen Charakter.
Seine 2,1 Tonnen machen den Engländer zum Dickschiff
Flauschig-komfortabel: Die Lenkung des Velar spricht träge an, er animiert niemals zum Gasgeben.
Der Audi spielt wieder den hochbeinigen Athleten, der gefühlt ein paar Zentner verliert, je flotter er um die Ecken pfeift. Der Antrieb stets hellwach, der heckbetonte Allrad schiebt in Kurven gerne das Heck herum, während die Luftfederung (1950 Euro extra) die 21-Zoll-Räder (weitere 3200 Euro) an den Boden klebt, ohne den Komfort völlig zu vergessen. Es gibt derzeit kaum ein agileres Paket, der perfekte Partner für den Bullen-Diesel, der nur bei der Lenkung schwächelt. In "Komfort" zu luschig weich, fehlt auch in "Sport" das nötige Feedback. Ganz anders der Velar. Seine Lenkung spricht träge verzögert an und betont mit hohen Lenkkräften das Gefühl, ein echtes Trumm zu lenken. Wo der Audi beim Gasgeben leichter wird, legt der Velar gefühlt eine halbe Tonne zu. Da ist es wieder, das Schiff. Der 2,1 Tonnen schwere Range möchte solide wirken, möchte abkoppeln von der Welt da draußen und animiert niemals zum flotten Fuß.
Dafür wankt der Engländer in Kurven einfach zu stark, sein ESP wacht wie ein übervorsichtiger Secret-Service-Agent über die Sicherheit. Dazu passt die Luftfederung, die sogar im sportlichen "Dynamic"-Modus lieber schmeichelnd verwöhnt und in "Comfort" endgültig die Sänfte auspackt. Nein, der William ist eben mehr Prinz als Sprinter.
Fazit
von
Joachim Staat
Q5 oder Velar – das werden sich nur wenige Käufer fragen. Der Range Rover ist spürbar größer, teurer, luxuriöser als der Audi, der die bürgerliche Mitte darstellt: dynamisch und effizient. Für den Velar sprechen nicht Punkte, sondern der Stil.