Achtzehn Jahre sind eine lange Zeit und nach Audi-Maßstäben sogar eine Ewigkeit. Heute gehört man zur Upperclass, klimpert nur abgeklärt die Sektflöten, wenn man per Dreifachsieg Le Mans gewinnt, und findet es schlicht konsequent, 450 PS in einen Mittelklassekombi zu packen. Damals indes ist die Klientel eher Erdkundelehrer als von Welt, Rennsporttitel feiert man noch ausgelassen, und das, was heute mit Powerkombi sogar einen eigenen Namen hat, stempelt man als Flause durchgeknallter Ingenieure ab. Tatsächlich wird der RS2 nach Urquattro und dem Oberklassegrundstein V8 aber so etwas wie das endgültige Indiz dafür, dass sie es bei Audi tatsächlich ernst meinen mit der absurden Idee, zu Mercedes und BMW aufzuschließen.
Audi RS 2 Avant
Fahrwerk, Bremse und Spiegel sind echt Porsche, den 80 Avant bringt Audi mit.
Ganz allein traut man sich an die erste heiße Nummer zunächst jedoch nicht heran. Angetrieben wird nach Art des Hauses: mit Permanentallrad und der finalen Evolutionsstufe des Fünfzylinders, die leistungsmäßig sogar die Gruppe-B-Mutation quattro sport übertrifft. Das Drumherum wird sicht- und fühlbar vom langjährigen Kooperationspartner Porsche abgeschmeckt: Außenspiegel, Cupräder und Bremsanlage stammen ebenso direkt vom Neun-Elf wie das stilistische Charakteristikum, die Heckleuchten bei Allradmodellen mit einem Reflektorbalken zu verbinden. Dazu strickt Zuffenhausen ein brottrockenes Fahrwerk, das den Auditypischen Seegang spürbar abebbt und damit erahnen lässt, wie wohl der Panamera der Neunziger gefahren wäre, wenn es ihn denn gegeben hätte.
Audi RS 4 Avant 2000
4,9 Sekunden auf Hundert sind im Kombi auch heute noch verrückt – und inzwischen zwölf Jahre her.
Wir schreiben das Jahr 2000, in Ingolstadt hat man allmählich Routine beim Umgang mit Erfolg im Motorsport, die Kundschaft wird hipper, die Baureihen sind in A-Nummern einsortiert, und die Flausen durchgeknallter Ingenieure entstehen inzwischen im Audi-Auftrag bei der quattro GmbH – die sich mit ihrem RS-Debüt gleich mal ein Denkmal setzt. Mag sein, dass der erste RS4 ewig der schwächste von allen bleibt, doch mit ganz großer Sicherheit wird er immer der überwältigendste sein. Statt stehend im Spalier, liegen die Zylinder nun zu sechst im Vau, der Hubraum wächst auf 2,7 Liter an, aus einem Turbo werden zwei. Der Zylinderkopf entstammt einer Liaison mit Cosworth, die Lader dem Regal für Übergrößen und das Ergebnis dem Anschein nach einer anderen Welt.
Audi RS 4 Avant 2006
Der Achtzylinder RS 4 bremst erstmals keramisch. Die "White-Edition" läutete das Ende der Bauzeit ein.
Sechs Jahre später ist es diese Erwartungshaltung, die Performance des Vorgängers erneut zu atomisieren, was die steile RS-Karriere abflacht. Den Aufstieg in den Premiumolymp hat Audi 2006 längst geschafft, als man die Zahl der Le Mans-Triumphe auf sechs stellt und, nach einer Pause beim B6, die Fortsetzung des RS4 lanciert. Und der B7 bricht als erster mit der Tradition. Nicht nur dass man ihn neben dem klassischen Kombikleid auf Wunsch auch als Limousine oder Cabrio anzieht und so erstmals ins Revier eines M3 einschleust, sondern auch wegen seines Motors, der sich seine 420 PS nun frei aus acht Zylindern saugt, lieber zieht als drückt, das eine Zehntel Vorsprung bis 200 km/h, das man ihm auf den V6-Biturbo des Vorgängers prophezeit, in Wirklichkeit jedoch niemals zeigt.
Audi RS 4 Avant 2012
Trotz rund 4,72 Meter Länge verkeilt sich der RS 4 auch in engen Ecken nicht.
Der nun dritte RS4 trägt sich schick, nicht rennsportiv, tempomatisiert Sicherheitsabstände, schlägt Kaffeepausen vor, hotspottet iPads, weiß, wo der Verkehr wie fließt und flirtet dennoch ein bisschen mit seiner Anfangszeit. Das liegt zum einen daran, dass man die Limousine streicht, die Cabriofassung künftig am RS5 andockt und ihn wieder auf den Avant reduziert. Zum anderen am fühlbar optimierten Vier-Zwo-FSI, der dank Schmiedekolben, einer doppelflutigen Ansaugung und – als Essenz daraus – 30 Mehr-PS nun endlich dort ist, wo er schon im Vorgänger gern gewesen wäre. In 4,7 Sekunden röhrt er auf hundert, womit er nur zwei Zehntel vor dem letzten Turbo liegt. Danach jedoch lässt er die Vergangenheit endgültig hinter sich.

Fazit

von

Stefan Helmreich
Die Turbos stehen für die wilde Zeit, der erste V8 für die Premiumreife, während der vierte Mittelklasse-RS ein Best-of aus beidem versucht. Er geht rabiat, kurvt ebenso straff wie stabil, rockt emotional, lässt sich zigfach adaptieren, bleibt aber auch im Komfortmodus ganz RS.

Von

Stefan Helmreich