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Video: V60 vs C 43 vs S4 (2016)

Dreikampf der Renn-Kombis

Elche, Blondinen, Natur – und zack: Alle wissen, dass wir von Schweden sprechen. Hätten wir als Stichworte dagegen Luxus, Leistung und Laster genannt, wären die Skandinavier wohl gar nicht oder erst sehr spät genannt worden. Auf jeden Fall deutlich hinter Deutschland, wo heiße Nobelhobel vom Schlage eines S4 Avant oder des AMG C 43 T-Modell ja zu Hause sind. Doch jetzt schicken die Schweden den Volvo V60 Polestar ins Rennen, und der lässt von der Papierform her einiges erwarten. Immerhin 367 PS schickt der schöne Schwede an alle vier Räder. Reicht das, um Audi und Mercedes die schwungvollen Rücklichter zu zeigen?

Als Lademeister empfiehlt sich der Schwede nicht unbedingt

Volvo V60 Polestar
Kleiner als die Konkurrenz: Der dynamisch gezeichnete V60 schluckt weniger Gepäck als S4 und C 43.
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Die Kombis kennen wir ja zur Genüge. Dem flott gezeichneten Schweden fehlt es im Vergleich an Laderaum, ein bis zwei Koffer müssen im Vergleich zu Audi und Mercedes draußen bleiben. Auch zwickt der Schwede seine Gäste im Fond eher an den Knien, fehlt es den sportlich gestylten Sitzen an Halt und der Verarbeitung an der Finesse der Deutschen. Immerhin bemüht sich Volvo, mit opulenter Ausstattung gegenzuhalten. Ob nun Navi, 20-Zoll-Räder oder echtes Carbon im Innenraum – beim Polestar müssen nur ganz wenige Extras dazugekauft werden. Und es sieht lecker aus, wie der Volvo mit dem Dachspoiler droht und auf seinen 20-Zoll-Rädern mit dem negativen Sturz in die Startaufstellung rollt. Von den verstellbaren Öhlins-Dämpfern sieht man dabei zwar nichts; dass sie auf "ready to race" sind, teilen sie aber an jeder Querfuge unmissverständlich mit.
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Auf der Rennstrecke fährt der V60 deutlich hinterher

Volvo V60 Polestar
Quer ginge mehr: Der Volvo neigt zum Untersteuern, zudem fehlt seiner Lenkung Rückmeldung.
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Okay, sonor brummelnd biegen wir auf den Handlingkurs ein und lassen rechts den Hammer fallen. Sofort stürmt der Polestar los und knackt nach 4,9 Sekunden Tempo 100. Nicht schlecht und dank Allrad auch absolut trittsicher. Allerdings vertrauen auch Audi und Mercedes auf die Kraft der vier Räder – und schieben sich zeitgleich drei Zehntel früher über die 100-km/h-Marke. Und ab diesem Moment wird der Rückstand des Volvo nur noch größer. Bis Tempo 200 fehlen knapp zwei Sekunden auf Audi und sogar noch etwas mehr auf den AMG-Mercedes. Die vergleichsweise gemächlich schaltende Automatik trägt ihren Teil genauso dazu bei wie der nicht unbedingt entfesselt drehende Zweiliter-Vierzylinder. Auch wenn dem Schweden ein dynamisches Duo aus Kompressor und Turbo auf die Sprünge hilft, die Deutschen beweisen mehr Temperament. Aus drei Liter Hubraum und sechs Zylindern holt der Benz 520, der Audi 500 Nm Drehmoment – dem Volvo müssen 470 Nm reichen. Was sie auch tun, solange der Polestar nicht die Pole Position anstrebt.
Doch Vollgas geradeaus (Längsdynamik) ist das eine, das andere und Interessantere die Kurvenkunst (Querdynamik). Anbremsen schafft der V60 noch wie ein Großer, doch dann fehlt ihm der Biss. Schon beim Einlenken ist die Rückmeldung deutlich geringer als beim S4 und vor allem als beim C 43. Zudem gelingt es dem Volvo nicht, die Haftungsgrenze an der Vorderachse wirklich hoch zu halten. Wer es übertreibt, schiebt wimmernd geradeaus Richtung Kiesbett. Und da hilft dann nur zu lupfen und den Polestar kurz vorm Untersteuern ganz sachte durch die Kurve zu treiben.

Mit der Auspuffakustik übertreibt es der Mercedes

Mercedes-AMG C 43 T-Modell
Soundgewitter: Seine Performance untermauert der Benz lautstark – das kann im Alltag durchaus nerven.
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Der AMG geht die Sache bissiger an. Zwar schiebt auch der schnelle Schwabe am Limit gern mal über die eingeschlagenen Vorderräder aus der Kurve, er tut dies aber deutlich später und weniger stur. Wer den Mercedes auf "Rundenzeit räubern" einstellt, das sonst leicht hinderliche ESP also komplett lahmlegt, der schrammt angenehm aufrecht und richtig schnell durch die Kurven. Und geht 1,36 Sekunden vor dem Volvo durchs Ziel. Immer begleitet von einem wilden Auspuffgewitter, das jeden Lastwechsel donnernd begrüßt. Und manchmal merkt der Pilot erst an der Ausfahrt in den Alltag, dass Komfort und Akustik im Sport-Plus-Modus leicht anstößig wirken. Wie Sportlichkeit ohne jede Spur von Peinlichkeit geht, zeigt Audi mit dem S4. Dezentes Grollen begleitet den feinen Ingolstädter in der Aufwärmrunde, danach folgt ein fahrdynamisches Feuerwerk.
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Der Audi zeigt der Konkurrenz auf der schnellen Runde das Heck

Audi S4 Avant
Fit für die Piste: Dank Sportdifferenzial fegt der Audi S4 mit Bestzeit über die Handlingsstrecke.
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Im Anflug auf die Spitzkehre reißt uns der Audi mit den besten Bremsen fast aus den 925 Euro teuren Sportsitzen, um dann völlig neutral und unbeirrt durch die Kurve zu schmirgeln. Die präzise Lenkung folgt fast automatisch der Ideallinie, und am Kurvenausgang sorgt quattro für einen absolut unwiderstehlichen Antritt. Wer es zu bunt treibt, dem hilft das Heck ums Eck, indem es sich nach außen drängelt und dem Untersteuern keine Chance lässt. Verantwortlich für diese Choreografie zeichnet unter anderem das famose Sportdifferenzial an der Hinterachse (1350 Euro). In drei Stufen entfaltet es seine Wirkung, die aus einem braven Audi ein himmlisches Spaßgerät macht. Am Ende bedeutet das die Top-Rundenzeit – 0,56 Sekunden vor dem Benz und 1,92 Sekunden vor dem Volvo. Einziger Kritikpunkt: Weil der S4 auch Komfort kann, federt er recht nachgiebig und verneigt sich vor Kurven deshalb deutlicher als seine Mitstreiter. Aber das bewerten mitfahrende Familienmitglieder vielleicht auch ganz anders als Rennfahrer im Rausch.
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Die Spaßgeräte mit dem Hang zum Praktischen gibt es natürlich nicht für lau. Im Testtrimm liegen S4 und C 43 auf Niveau des V60, der als Polestar für 69.600 Euro in der Liste steht. Eine Summe, bei der wir nicht unbedingt sofort an Schweden und Volvo denken.

Fazit

Viel mehr Spaß lässt sich in einem Mittelklasse-Kombi kaum erfahren – das gilt hier für alle drei Kandidaten. Wobei der S4 die souveränste Vorstellung abliefert. Enorm schnell, sehr handlich und auch noch angenehm komfortabel sichert er sich die Krone bei den Kraftkombis.