Nein, es geht hier weder um Uschi Glas, also die aus dem Jahr 1968, noch um Uschi Obermaier. Für unsere jüngeren Leser: Es handelt sich dabei um zwei, mit allem Respekt, ehemals ziemlich scharfe und berühmte bayerische Bräute. Schade? Kommt darauf an. Denn unsere beiden hier vorgestellten Topmodelle aus dem Freistaat müssen sich erstens mit ihrem Aussehen keinesfalls verstecken und bereiten zweitens jede Menge Spaß. In der Gegenwart. Verantwortlich dafür sind vor allem die Motoren. Angetrieben werden Audi S4 und BMW 335i von kraftstrotzenden Dreiliter-Sechszylindern, beides aufgeladene Direkteinspritzer. Das waren dann aber schon die Gemeinsamkeiten.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 3er

BMW 335i
Typisch BMW: Der Reihensechser im 335i dreht mit Gänsehaut-Sound geschmeidig hoch.
Audi pflanzt einen V6 unter die Haube und pumpt ihn mit einem Kompressor auf, BMW setzt traditionell auf Reihenmotor und Turbo. Zur Kraftübertragung baut Audi ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe ein, BMW bevorzugt eine Achtstufenautomatik. Das Ergebnis ist in beiden Fällen aufsehenerregend. Bissig hängt der 306 PS starke Reihensechser im 3er am Gas, dreht unübertroffen seidig-geschmeidig, beschleunigt den 335i vehement und unterlegt das mit einem wohligen, warmherzigen Gänsehaut- Sound. Gerade damit kann der Audi nicht dienen. Sein V6 bläst zwar auch durchaus kernig und heiser, doch er klingt dabei seltsam synthetisch und künstlich – als ob der Klang am Computer abgemischt wurde, und nicht im Motorraum. Mit seinen 333 PS steht der Dreiliter bestens im Saft, auch er dreht entfessselt und reißt den immerhin 188 Kilo schwereren Audi sogar noch einen Hauch schneller durch die Gegend als der Reihensechser seinen BMW. Das Getriebe schaltet ebenso flott und zügig wie die rasante und hellwache Achtstufen-Sportautomatik im BMW.

Überblick: Alle News und Tests zum Audi S4

Audi S4
Absolut kein Kostverächter: Der S4 genehmigt sich einen Liter mehr Super als der 3er.
Gleichstand auf hohem Niveau, könnte man sagen. Doch das stimmt nicht ganz, denn ein Problem des Kompressor-Aggregats können wir hier nicht verschweigen: Es hat das Zeug zum Säufer. Auf der Normrunde genehmigte sich der V6 mit 10,6 Litern einen ganzen Liter mehr als der BMW. Und bei forcierter Fahrweise nimmt er sich gern einen noch tieferen Schluck aus der Pulle. Je schneller es wird, desto größer wird die Differenz zum BMW. Klar, der Antrieb für den Kompressor kostet Kraft und Treibstoff. Der Turbo im 3er besitzt das größere Sparpotenzial. Serienmäßig hat der neue 3er ja den Fahrerlebnisschalter an Bord. Mit dem System lassen sich Motor, Lenkung, Schaltung, DSC (ESP) und, wie beim Testwagen für 1100 Euro Aufpreis, auch die Dämpfer abstimmen. Das funktioniert bestens. Je nach Lust und Laune fährt der BMW entweder vergleichsweise brav und federt dann sogar rücksichtsvoll – trotz der aufgezogenen 19-Zöller (1550 Euro) –, oder er feuert energisch und gierig um die Kurven. Die schnelle Sportlenkung (200 Euro) spricht präzise und direkt an, wirkt aber auch etwas nervös.
Audi baut beim S4 grundsätzlich den quattro-Allradantrieb und das straffe S-Sportfahrwerk ein, hat dem Testwagen dazu die Dynamiklenkung (1000 Euro), das Sport-Differenzial an der Hinterachse (950 Euro) und das Drive-Select-System (200 Euro) spendiert. Auch das beeinflusst Lenkung, Gas und Schaltung. So ausgestattet, ist der S4 tatsächlich ausgesprochen flink und wendig unterwegs und kann, anders als der A4-Fronttriebler praktisch zum hinterradgetriebenen 3er aufschließen: viel Traktion, lebendiges Einlenkverhalten, direkte Lenkung – wenn auch merklich gefühlloser als im BMW.
Für so ein Fahrerlebnis berechnet Audi dann aber einen Preis, bei dem einen der Spaß vergehen kann: 54.900 Euro. Einschließlich der fahrwerkrelevanten Teile summiert sich das beim Testwagen auf 57.140 Euro. Allerdings verfügt der Audi über eine umfangreichere Ausstattung als der BMW. Mit Sportsitzen und Sitzheizung vorn, Xenon, klappbarer Rücklehne sowie Alcantara/Leder. Das müsste beim 335i extra bezahlt werden, für den BMW einen Grundpreis von 43.600 Euro verlangt (mit Sechsgangschaltung). Den Testwagen notieren wir mit 48.990 Euro, über 8000 Euro günstiger als der Audi also. Ein weiterer Grund, warum der Sieg nach München geht.
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Dirk Branke

Fazit

Im Reich der feinen Sechszylinder sind die Rollen gar nicht so eindeutig verteilt. Ein Blick in die Punktewertung zeigt, dass der Audi die Eigenschaftswertung knapp gewinnt. In drei Kapiteln schnappt er sich den Sieg. Wenn der BMW 335i am Ende trotzdem mit zehn Punkten Abstand vorausfährt, so verdankt er dies vor allem seinem hervorragenden Antrieb und – ja, Sie lesen richtig – dem um fast 10.000 Euro günstigeren Kaufpreis.