Welchen würde James Dean wohl nehmen?

Ach, wenn doch bloß nicht diese Sachzwänge wären. Kinder, Kofferraum, Kaffeetour mit Oma ... – stopp, wessen automobile Bedürfnisse so nutzwertorientiert sind, braucht nicht weiterzulesen! Oder er muss träumen. Die anderen stehen vor einem ernsthaften Problem: Porsche Boxster oder Audi TT? Mittel- oder Frontmotor? Was ist sportlicher? Welchen würde James Dean wohl kaufen?

Das sind Sorgen. Sorgen, die Van- und Kombikunden mit Kopfschütteln quittieren dürften. Doch jenseits von Isofix und "Easy Entry" erreichen diese Fragen philosophisches Niveau und müssen entsprechend detailliert beantwortet werden.

Also: Feuer frei für einen waschechten Sportwagenvergleich. Beide Autos haben eine steile Karriere hingelegt. Und beide richten sich an Menschen, die ihr Leben ähnlich erfolgreich bestreiten. Mit 44.000 Euro für den Audi und haarscharf 50.000 Euro für den Porsche bewegen sich die zwei Zweisitzer auf sehr hohem Niveau. Denn hier geht es nicht um die Einstiegsversionen, sondern um die schärfsten Ausprägungen ihrer Art: Boxster S und TT Roadster 3.2.

Vollautomatik mit der Schaltdynamik

Beide offen, beide mit Sechszylinder und beide mit einer atemberaubenden Karosserie. Trotz der Gemeinsamkeiten präsentieren sich zwei unterschiedliche Sportwagenkonzepte. Audi geht neue Wege und ergänzt das bisherige Turbo-Topmodell (1.8 T, 225 PS) mit einem 25 PS stärkeren V-Sechs-Sauger.

Und nicht nur das: Zum 250-PS-Motor gibt es den TT 3.2 ausschließlich mit dem sechsstufigen Direktschaltgetriebe. Es soll den Komfort einer Vollautomatik mit der Dynamik eines Schaltgetriebes verbinden. Und das funktioniert hervorragend. Das DSG wechselt die Gänge blitzschnell und präzise. Beim Runterschalten sorgen dosierte Zwischengasstöße für hörbaren Schaltgenuss. Dabei ist es vor allem das Tempo der Gangwechsel, das gut zum Charakter des TT passt. Es erinnert an die Formel 1, obwohl es völlig anders funktioniert.

Während ein Gang aktiv ist, wird die nächste Fahrstufe vorgewählt. Drückt der Fahrer die Lenkradtaste oder den Schaltknauf in der Manualgasse, wechselt der Gang blitzschnell mittels Doppelkupplung. Das macht nicht nur viel Spaß, sondern beschleunigt den TT 3.2 bei Bedarf in 6,2 Sekunden von null auf 100 km/h.

Übersteuern ist dem Ingolstädter fremd

Nur beim extremen Ritt auf der Rennstrecke wünscht man sich noch kontrollierte Gangwechsel. Die Zwangshochschaltung, die bei Erreichen der Drehzahlgrenze die nächste Fahrstufe aktiviert, ist nichts für Pistenprofis. Wer im Grenzbereich fährt, möchte selbst entscheiden, wann er schaltet.

Fahrwerkseitig hat Audi auch den stärksten TT handzahm ausgelegt. Übersteuern ist ihm fremd. Daran ändert auch der Allradantrieb nichts. Zwar leitet die Lamellenkupplung bis zu 50 Prozent der Kraft an die Hinterachse, trotzdem verhält sich der TT in schnell gefahrenen Kurven wie ein kopflastiger Fronttriebler. Er kann halt nicht verbergen, dass er auf der Golf-Plattform basiert, wo die Motoren quer eingebaut werden. Der Antrieb gleicht dem weniger sportlichen 4Motion-Prinzip von VW und nicht dem ursprünglichen Vierrad-Konzept der quattro-Audi mit Längstriebwerken und Torsendifferenzial.

Dafür stimmt der Rest. Äußerlich gilt der TT schon heute als Design-Ikone. Innen begeistern stilistische Details wie die glänzenden Ringe der Lüftungsdüsen und die tadellose Verarbeitung. Und der rauchig-aggressive Auspuffton klingt nach Rassesportwagen.

Sechszylinder mit Nachbrenner

Trotzdem: Was die Motorqualitäten angeht, findet er im Boxster S seinen Meister. Der dreht obenraus spürbar freier. Bei 6000/min wirkt er so, als zünde der Sechszylinder einen Nachbrenner. Sein Limit erreicht der Boxermotor erst bei 7200 Umdrehungen und verschafft ihm so die entscheidenden Vorteile. Dabei packt der Porsche seinen Fahrer nicht nur beim Gehör, sondern nimmt alle Sinne gefangen. Beim Einlenken in Kurven zeigt er, was einen waschechten Sportwagen ausmacht: super Fahrwerk, spontanes Motoransprechverhalten, fein dosierbare Bremse, tolle Lenkung. Die Balance ist dank Mittelmotor hervorragend. Ein Gasstoß weckt die Hinterachse, und der Boxster geht auf Rennstrecken in einen fast problemlos beherrschbaren Drift über.

Keine Chance für den Audi. Der zehn PS stärkere und 240 Kilo leichtere Porsche hängt ihn deutlich ab. Wer den sportlicheren Wagen will, muss den Boxster kaufen. Vorausgesetzt, er ist nicht zu groß gewachsen. Bis 1,85 Meter Gardemaß ist alles okay. Darüber wird es eng im Porsche. Der TT bietet das luftigere Ambiente. Doch dafür hat der Boxster beim Gepäckraumvolumen wieder die Nase vorn. 260 Liter schlucken seine beiden Kofferräume vorn und hinten – ein Rekordwert für offene Zweisitzer, der ihn auch zum Reisesportwagen adelt. Außerdem glänzt er mit einer durch und durch soliden Ausstrahlung. Selbst der Getränkehalter, der elegant aus der Mittelkonsole herrausfährt, scheint für die Ewigkeit gebaut.

Seine Allwetter-Ganzjahresqualitäten unterstreicht der Porsche durch sein gut gefüttertes Verdeck. Das öffnet in 14 Sekunden und verschwindet unter einer Abdeckung. Besonders offen sind die Anklänge an den Porsche Spyder der 50er unübersehbar. Damit ist klar, was James Dean kaufen würde: Boxster natürlich.

Technische Daten und Testwerte

Hoppla, überragende Bremsen waren einmal Porsche-Domäne. Doch 38,3 Meter bei kalten Scheiben ist verbesserungswürdig, wie Audi beweist. Auch warm kommt der TT früher zum Stehen.

Kosten und Ausstattungen

Den TT 3.2 liefert Audi ausschließlich und ohne Aufpreis mit dem Direktschaltgetriebe.

Fazit und Wertung

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan Das tut weh: Im Sportwagen-Vergleich verliert das sportlichere Auto. Warum? Weil es teurer ist und bei Bremsen, Ausstattung (u. a. Klimaanlage Aufpreis) und Sicherheit (kein Bremsassistent, kein ASR, ESP und Xenonlicht Aufpreis) patzt. Geht es aber um pure Dynamik, Direktheit und Drehfreude, ist der Porsche die bessere Wahl. Im Grenz- und Hochgeschwindigkeitsbereich kann der Boxster alles einen Tick besser. Aber das reicht nicht zum Gesamtsieg. Sein Vorsprung ist zu dünn, im Kostenkapitel trumpft der Audi mächtig auf. Der TT ist nicht nur billiger in der Anschaffung, auch die Unterhaltskosten und die umfangreiche Serienausstattung machen ihn zu einem guten Kauf. Da bleibt nur die Aufforderung: Aufwachen, Porsche – bitte nachbessern!

Audi TT oder Porsche Boxster – Ihr Urteil

Ob ein Auto letztlich ankommt, wissen nur die Verbraucher selbst – also Sie. Deshalb ist uns Ihre Meinung wichtig. Vergeben Sie eigene Noten für Audi TT Roadster 3.2 und Porsche Boxster S. Den Zwischenstand sehen Sie direkt nach Abgabe Ihrer Bewertung.