Was auf dem Feld wächst, soll 100-prozentig zu Nahrung verarbeitet werden – und nicht zu Kraftstoffen. Dieses Entweder-oder treibt viele um, die Biokraftstoffe an der Tankstelle am liebsten sofort verbieten würden. Das Thema ist auch als "Tank-oder-Teller"-Debatte bekannt. Das Bundesumweltministerium unter Steffi Lemke (Grüne) bereitet jetzt einen Gesetzesentwurf vor, in dem das Verbot von Biosprit über eine Anpassung der THG-Quote durchgesetzt werden soll.
Konkret soll die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) für Beimischung von agrarbasierten Kraftstoffen – also Biosprit – in zwei Schritten zurückgenommen werden. Aktuell liegt sie bei acht Prozent (berechnet in CO2-Mengen), davon machen etwas mehr als die Hälfte (4,4 Prozent) getreidebasierte Kraftstoffe aus. 2024 soll sie dem Gesetzesentwurf zufolge auf 2,3 Prozent gesenkt werden, 2030 dann bei null liegen.
Im brandenburgischen Schwedt Im Rohölverarbeitungswerk der PCK wird der Biosprit E10 produziert
In Deutschland liegt die Beimischungspflicht von Biosprit aktuell bei acht Prozent. Der Entwurf sieht vor, dass bis 2030 nichts mehr beigemischt werden darf.
Bild: dpa

Verkehrsministerium kritisiert Gesetzesentwurf

Am Biosprit entzündet sich gerade der nächste Streit innerhalb der Ampelkoalition: Während die grünen Ministerien für Landwirtschaft und Klimaschutz sowie das SPD-geführte Ministerium für Entwicklung den Vorschlag billigen, ist das Bundesverkehrsministerium unter Volker Wissing (FDP) vehement dagegen: "Die Maßnahme würde zu einer signifikanten Erhöhung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor führen und steht damit im Widerspruch zu der erklärten gemeinsamen Absicht der Bundesregierung, die Klimaschutzziele einhalten zu wollen", so ein Sprecher der Behörde.
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Seitens des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz seien bisher auch keine Vorschläge vorgelegt worden, wie diese zusätzlichen Emissionen ausgeglichen werden können. FDP-Vize-Fraktionschef Lukas Köhler warf der Bundesumweltministerin vor, den Klimaschutz zu behindern. "Statt klimafreundliche Biokraftstoffe zu bekämpfen, sollte sie lieber endlich für die Zulassung von eFuels und Kraftstoffen aus Rest- und Abfallstoffen in Reinform sorgen." Nur mit einem Mix aus E-Mobilität und klimafreundlichen Kraftstoffen im Verbrennungsmotor seien die Klimaziele im Verkehr erreichbar.
Greenpeace-Demonstranten stehen am Dienstag (08.03.2011) mit einem Transparent zu Beginn des "Benzin-Gipfels" vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin
Im Superkraftstoff E10 ist bis zu zehn Prozent Bioethanol enthalten. Dieser Zusatz stammt aus Mais- und Zuckeranbau, aber auch aus organischem Abfall.
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Den ADAC irritiert das Vorhaben der Umweltministerin. "Biokraftstoffe können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Klimaschutzziele zu erreichen. Insofern können wir den Vorschlag nicht nachvollziehen und sehen ihn kritisch", sagt Technik-Präsident Karsten Schulze auf Anfrage von AUTO BILD. Für Biokraftstoffe würden bereits Regelungen gelten, die eine nachhaltige Erzeugung sicherstellen. Schulze ergänzt: "So ist der Anteil konventioneller Biokraftstoffe am Kraftstoffbedarf bereits auf 4,4 Prozent gedeckelt und die Herkunft aus Palmöl seit diesem Jahr ausgeschlossen."

Weltweit wird immer mehr Biosprit produziert

Biokraftstoffe tankt fast jeder von uns: Allein im Superkraftstoff E10 sind in Deutschland zwischen fünf und zehn Prozent Bioethanol enthalten. Das wird aus Mais, Zuckerrohr und -rüben, aber auch aus Pflanzenabfällen hergestellt. 2019 wurden laut der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) durch die Biosprit-Beimischung in Kraftstoffe 7,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart.
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Insgesamt ist der Spritanteil in der landwirtschaftlichen Produktion gering, scheint aber zuzunehmen: Acht Prozent der Anbaufläche weltweit dienten 2021 der Produktion von Biokraftstoffen, dabei handelt es sich im Wesentlichen um Mais. 2018 waren es noch fünf Prozent. Allerdings wird im Ausland deutlich mehr Biosprit vertankt: In Brasilien, wo viel Mais und Zucker zu Ethanol verarbeitet wird, liegt die Beimischungsquote bei 20-25 Prozent. In den USA liegt sie bei 15 Prozent.
Stau in Sao Paulo
In Brasilien, wo große Anteile der Mais- und Zuckerproduktion zu Biosprit verarbeitet wird, liegt die Beimischungsquote bei 20-25 Prozent.
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Die THG-Quote ist ein rechtliches Instrument, um den CO2-Ausstoß zu senken: So will Deutschland seinen Anteil leisten, um den Klimawandel einzudämmen. Der Mineralölindustrie wird per THG-Quote gesetzlich vorgeschrieben, wie viel CO2 sie durch die Produktion ausstoßen darf. Liegt sie darüber, drohen Strafzahlungen. Um die zu vermeiden, wird Biosprit in den Kraftstoff gemischt. Auch E-Autos sind von der THG-Quote betroffen: Sie mindern den CO2-Ausstoß. Das berechtigt ihre Besitzer, einen gesetzlich festgelegten Anteil dieser Quote jährlich an die Mineralölindustrie zu verkaufen.
Mit Material von Reuters