Er ist der Jason Mraz, der Robbie Williams, der junge Sinatra unter den Motoren. Mit einer Stimme, die Männer an ihrer Schwachstelle trifft und Frauen die Knie weich macht. Ein Reihensechszylinder, wie ihn BMW seit Jahrzehnten kultiviert, besitzt diese Erotik im Klang. Nicht nur im Herz-Schmerz-Beschleuniger, dem 340 PS starken 1er M Coupé, sondern jetzt sogar auf zwei Rädern. K 1600 GT heißt das exklusive Flaggschiff, derzeit das weltweit einzige Motorrad mit Reihensechser. AUTO BILD begleitet Deutschlands größtes Serien-Bike und den kompakten M zur gemeinsamen Ausfahrt – zum bayerischen Sechskampf.
BMW 1er M Coupé vs BMW K 1600 GT
Optik: Der 1er übertreibt als M leicht, das Motorrad spielt den Über-Tourer mit geblähten Segeln.
1. Disziplin: Anschauen. Ja, wo sind sie denn? Die edlen Motoren verschwinden unter Plastik, Verkleidungen und der theatralischen Verpackung. Der 1er, der auf seinem Weg vom Fünftürer zum Coupé immer schöner wurde, übertreibt als M leicht. Im Fletschgebiss oder den Seitenkiemen, die blind enden, steckt ein Schuss "Essen Motor Show". Das Motorrad, stolzgeschwellter Vorbote einer neuen Baureihe, spielt dagegen den Über-Tourer, mit geblähten Segeln und hemmungslosen 320 Kilo Leergewicht. Ähh, hat der Brocken einen Rückwärtsgang? Keine Angst, braucht er nicht. Sieger: Coupé.
2. Disziplin: 0–200 km/h. Willkommen an der Startlinie. Das M-Coupé stemmt sich auf 265 Millimeter breite Hinterfüße, rennt wie angestochen in 4,8 Sekunden auf Tempo 100. Jessas, der Puls rast. Nach 17,8 Sekunden wischen die 200 vorbei, weiter, weiter. Denn die K 1600 ist längst weg, jagt irrwitzig Richtung Rot bei 8500 Touren. 3,1 Sekunden bis Tempo 100, nur 11,7 Sekunden bis zur 200er-Marke – da kommen erst Kaliber ab Porsche Turbo mit. Kleiner Grundkurs Physik: Im M Coupé bewegt jedes PS 4,5 Kilogramm, in der K nur 2,1 Kilo. Sieger: Motorrad.
3. Disziplin: Autobahn Die Drehorgel in der K kann auch anders: gemütlich dahinsurfen als Fernweh-Dampfer. Die Federung auf Comfort gestellt, Frontscheibe hoch, Sitzheizung an, fehlt nur noch ein Fernseher. Auf der GT schrumpft Flensburg–Füssen zum Tagesausflug, erst bei 250 km/h wird der rollende TV-Sessel abgeregelt. Da hat das Coupé nur einen Vorteil: Man sitzt trocken. Sehr trocken sogar, denn der M wird auf Reisen zur Folterkabine, die jede Querfuge in den Nacken prügelt. 250? Nein danke. Sieger: Motorrad.

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4. Disziplin: Rennstrecke. Auf dem Rundkurs des Contidrom spielt das Coupé seine überlegene Querdynamik aus. Saugende Sitze (sind sie zu eng, bist du zu dick), perfekte Gewichtsverteilung, Bremsen wie eine Wand. Der stärkste 1er entpuppt sich als ein Konzentrat der M-Philosophie. Die Gänge werden handgeschaltet, roter Bereich ab 6900 Touren. An seiner Rundenzeit von 1:35,76 hätten auch waschechte Sportler zu knacken. Das Motorrad kämpft auch, mit den Kilos. Man schickt ja auch keine Wiesn-Kellnerin auf die Laufbahn. Der Sechser spricht weich an, in langen Kurven liegt das Schiff stabil, na und? Conti-Tester Marco Zahn, der unsere Rundenzeit von 1:42,7 hinwuchten muss, steigt durchschwitzt ab: "Viel zu schwer, beim schnellen Umlegen störrisch, Spiel im Antriebsstrang. Und diese schreckliche Schaltung." Armer Marco! Wünscht sich sein leichtes Vierzylinder-Rennbike – an der K 1600 wird Prestige zum Ballast. Sieger: Coupé.
BMW 1er M Coupé vs BMW K 1600 GT
Die Show-Jury: Lisa, Veronika und Britta beim Anschmecken.
5. Disziplin: Show-Wert. Unsere Jury: Britta, Veronika und Lisa studieren fürs Theater, fahren Auto oder Motorrad, "weil ich die Luft spüren will". "Aber nicht auf diesem halben Auto", so Veronika über die K 1600. Kein Bike für Twens, sondern für gereifte Graubärte, die längst Zwei- und Vierzylinder-BMW durchhaben. Und das M Coupé? "Schon eher. Sieht nach Pfeffer aus." Lisa würde einsteigen. Alles klar? Sieger: Coupé.
6. Disziplin: Sound
. Das M-Coupé kann singen, brüllen, blechern wüten – und hält doch den letzten Schrei zurück. Die Turbos dämpfen die Gänsehaut, besser entfalten können sich reine Sauger wie im 130i und 330i. Oder wie in der K 1600, wo bei Halbgas eine Jahresproduktion Tischtennisbälle zerplatzt. Liebe Bayerische Motoren Wer ke, passt der 1600er in Autos? Sieger: Motorrad.
Gesamtwertung: Unentschieden.
Technische Daten BMW 1er M Coupé: Sechs Zylinder in Reihe, vorn längs, Hubraum 2979 cm3, Leistung 250 kW (340 PS) bei 5900/min, max. Drehmoment 450 Nm bei 1500/min, Sechsganggetriebe, Reifen 245/35 vorn, 265/35 ZR 19 hi., L/B/H 4380/1803/1420 mm, Testverbrauch 10,9 l SP, 0–200 km/h 17,8 s, Spitze 250 km/h, Tankinhalt 53 l, Preis 50.500 Euro.
Technische Daten  BMW K 1600 GT: Sechs Zylinder in Reihe, quer eingebaut, Hubraum 1649 cm3, Leis tung 118 kW (160 PS) bei 7750/min, max. Drehmoment 175 Nm bei 5250/min, Sechsganggetriebe, Reifen 120/70 vorn, 190/55 ZR 17 hi., L/B/H 2324/1000/ 1440 mm, Testverbrauch 6,2 l Super, 0–200 km/h 11,7 s, Spitze 250 km/h, Tankinhalt 24 l, Preis 19.900 Euro.

Fazit

von

Joachim Staat
Was wären die Bayerischen Motoren Werke ohne ihren Reihensechser? Ich will es mir gar nicht vorstellen. Der einmalige, zugegeben aufwendige und teure Motor, garantiert ein exklusives Image – nicht nur als Sport-, sondern darüber hinaus als Erlebnis-Marke. Das zeigt auch der jüngste Coup, den Reihensechser ins Motorrad zu setzen: Er verbindet die mobilen Welten Zwei- und Vierrad und sichert BMW einen Platz im Motoren-Olymp.

Von

Joachim Staat