Ist der Benziner auch bei den größeren Mittelklasse-Allradlern eine verlockende Alternative zum seit Jahrzehnten dominierenden Diesel? Beispiel BMW X3: Lag der Anteil an Benzinern früher eher bei unbedeutenden drei Prozent, so nähert er sich inzwischen der 10-Prozent-Marke – mit wachsender Tendenz. Steigt man auf einen der modernen Benziner um, ist allein der Motorstart ein Aha-Erlebnis: so unauffällig und kultiviert kann ein Verbrennungsmotor aus dem Schlaf geholt werden. Das hatten die meisten Dieselfahrer schon vergessen. Und in Fahrt faszinieren der sanfte Motorklang, der vibrationsarme Lauf. Lediglich ein dezentes Summen ist zu vernehmen.
Noch mehr Mittelklasse-SUV

Überblick: Alle News und Tests zum BMW X3

BMW X3
Kann beides: Der Vierzylinder im X3 ist sparsam, macht bei vollem Gaseinsatz aber auch Laune.
Der noch junge Vierzylinder-Turbobenziner von BMW steht exemplarisch für diese neue Motorengeneration: auf zwei Liter Hubraum und nur vier Zylinder verkleinert, dennoch mit 245 PS Leistung und satten 350 Nm Drehmoment ab 1250 Touren. Wie bei den modernen Dieseln erreicht BMW dies per Turboladedruck und Hochdruck-Direkteinspritzung. Und so fährt sich der hochstaplerisch 28i genannte Zweiliter-Benziner auch wie ein gut gemachter Diesel: Nach nur kleiner Turbopause beim Anfahren stemmt er sich zügig und kräftig gegen die Fahrwiderstände und beschleunigt lässig mit niedrigen Motordrehzahlen. Niedrige Drehzahlen – das soll auch das Patentrezept gegen die früher hohen Benzinerverbräuche sein. Der BMW ist da konsequent mit seiner serienmäßigen Automatik mit langem achten Gang. Bei Tempo 130 dreht dieser Benziner Diesel-artige 2285 Touren. So kommt er auf den erstaunlich günstigen Testverbrauch von 8,6 Liter/100 km – nur rund zwei Liter mehr als ein Diesel-Pendant. Der Benziner kann aber auch anders. Wenn sein Fahrer Lust hat und voll auf dem Gas stehen bleibt, jubelt der Motor auf 6000 Touren und mehr. Sonor klingt der Turbovierzylinder auch dann nicht; er summt einfach nur.

Überblick: Alle News und Tests zum Mercedes GLK

Mercedes GLK
Der GLK lässt es gemütlicher und gelassener als der BMW angehen, federt aber nicht entsprechend.
BMW-typische Sportlichkeit zeigt das Fahrwerk des X3: Mit Leichtigkeit zirkelt er um Biegungen aller Art, wirkt dafür bei schneller Autobahnfahrt nervös, weil er keinen stoischen Geradeauslauf hat. Der Federungskomfort ist für ein derart sportlich abgestimmtes Auto erfreulich gut. Der Mercedes GLK animiert weit weniger zu konzentriertem Schnellfahren als der BMW X3, obwohl er im Ergebnis nicht viel langsamer wäre. Klar, trotz gleichem Motorkonzept wie beim BMW mit einem Zweiliter-Turbobenziner fehlen dem Mercedes für die letzten Beschleunigungssekunden 34 PS, mehr aber noch eine zackiger schaltende Automatik. Der GLK lässt es gemütlicher angehen, verschenkt großzügig Sekunde um Sekunde beim Schaltvorgang und verzichtet zu Gunsten des Motorkomforts auch auf absolute Niedrigdrehzahlen. Im Test verbraucht er mit 8,9 Liter/100 km trotzdem nur 0,3 Liter/ 100 km mehr als der BMW. Auch Lenkung und Fahreigenschaften des Mercedes strahlen mehr Gelassenheit aus als im BMW. Schade nur, dass der GLK das nicht auch konsequent in standesgemäßen Federungskomfort umsetzen kann. Der Schwabe federt schlicht straff.
Wer mehr Komfort will, liegt beim Volvo richtig. Der Schwede federt alle Unebenheiten gekonnt ab. Zudem unterstützen die weniger hart gepolsterten Sitze das Komforterlebnis. Und schließlich lebt im Volvo noch eine besonders kultivierte Motorbauart: der Reihensechszylinder mit seinem annähernd schwingungsfreien Lauf. Damit wird fast zur Nebensache, dass der Volvo dank 50 Prozent mehr Hubraum und satten 304 PS Leistung viel stärker ist als die Spar-Germanen mit ihren brummenden Vierzylindern.

Überblick: Alle News und Tests zum Volvo XC60

Volvo XC60
Der Reihensechszylinder im Volvo gefällt mit samtigem Lauf, gibt sich beim Verbrauch aber unbescheiden.
Warum aber auch bei Volvo der samtig singende Sechszylinder im nächsten Jahr durch einen Allerwelts-Vierzylinder ersetzt wird, machen endgültig die Tankrechnungen klar: rund drei Liter/100 km Mehrverbrauch gegenüber den deutschen Sparmeistern. Schuld daran hat allerdings nicht nur der großvolumige Sechszylinder, sondern auch das höhere Fahrzeuggewicht, vor allem aber die unvorteilhaft abgestimmte Automatik. Das betagte Sechsstufengetriebe von Aisin/Japan zwingt dem starken Motor unnötig hohe Drehzahlen auf, schaltet zu spät hoch und zu früh zurück. Finanziellen Trost erfährt der Volvo-Besitzer dafür durch die niedrigsten Versicherungskosten. Für den Mercedes verlangen die Assekuranzen 24 % mehr, für den BMW gar 28 % Aufschlag. Andererseits scheint der Volvo der Teuerste zu sein. Doch er bietet mehr Serienausstattung als der Mercedes oder gar der BMW, bei dem auch Tempomat und Bluetooth- Freisprecher extra bezahlt werden müssen. Ausstattungsbereinigt ist der BMW deshalb so teuer wie der stärkere Volvo; gut 3000 Euro günstiger kommt überraschenderweise der Mercedes.
Der überzeugt dafür am wenigsten in Tiefschnee und Gelände. Geringe Bodenfreiheit und übervorsichtige Motorregelung bremsen ihn. Der Volvo punktet hier mit größter Bodenfreiheit, der BMW mit dem konsequenter zupackenden Allradantrieb.
Weitere Details zu BMW X3, Mercedes GLK und Volvo V60 gibt es in der Bildergalerie. Den vollständigen Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen lesen Sie in AUTO BILD ALLRAD 12/2013.

Fazit

von

Martin Braun
Der BMW gewinnt, weil er den effizientesten Motor und die beste Automatik hat: tolle Fahrleistungen und einen vorbildlich niedrigen Benzinverbrauch. Der Volvo überzeugt mit viel Komfort und einem sahnigen, aber viel zu durstigen Sechszylinder. Der Mercedes liegt dazwischen – und überrascht tatsächlich mit dem günstigsten Preis.

Von

Martin Braun