Automatikgetriebe kontra Turbo-Loch

Als BMW vor rund 20 Jahren seinen ersten Diesel vorstellte, stöhnten eingefleischte Fans der bayerischen Marke: Was soll denn ein Lastwagenmotor in einem sportlichen Pkw? Heute ist diese Kritik verstummt, Diesel sind längst salonfähig und gerade bei Schnellfahrern beliebt: Sie versprechen hohes Tempo bei maßvollem Verbrauch.

Mit dazu beigetragen hat, dass die heutigen Hightech-Turbodiesel alles andere als lahm sind: Oft wirken sie sogar kräftiger als in der Nennleistung höher eingestufte Benziner. Denn durch die Turboaufladung erreichen die Diesel ein hohes Drehmoment, das als kräftiger Schub spürbar wird. Allerdings erst nachdem der Turbolader Druck aufgebaut hat und das Zugkraft-Loch überwunden ist. Benziner ziehen gleichmäßiger, dafür aber nie so brachial an.

Deshalb harmonieren moderne Turbodiesel so gut mit modernen Automatikgetrieben: Deren Drehmomentwandler hilft über den zugkraftschwachen Drehzahlbereich des so genannten Turbo-Lochs hinweg; so kann man ohne Kupplungsakrobatik und Drehzahl-Orgien zügig anfahren. Und wenn man aus langsamer Fahrt plötzlich Leistung braucht, genügt Durchtreten des Gaspedals: Die Automatik holt blitzschnell einen niedrigeren Gang und hilft dem Motor so wirksam beim Luftholen.

Gut gelaunt durch die Gänge schalten

Zunächst skeptisch, steigt man in den brandneuen BMW X5d mit Schaltgetriebe, befürchtet eine drastische Anfahrschwäche und ein gähnendes Turboloch – wie man das beim alten Range Rover mit BMW-Diesel und Schaltgetriebe kannte. Doch gibt es eine angenehme Überraschung: Zwar kann man nicht bullig mit Leerlaufdrehzahl starten, 1200 Touren sollten schon auf der Uhr stehen, ehe man die Kupplung kommen lässt. Doch dann geht es durchaus leichtfüßig dahin, man schaltet gut gelaunt durch die fünf Gänge.

Der Grund für das überraschend muntere Temperament ist die kurze Gesamtübersetzung des Schalt-X5. Bei Tempo 80 dreht der Diesel im fünften Gang bereits über 1800 Touren; und da baut er durchaus schon genug Schub für hinreichend zügiges Überholen auf – wenn auch mit einer gewissen Verzögerung.

Der Benziner macht das nicht wirklich besser, im Gegenteil. Er ist ebenfalls sehr kurz übersetzt, muss für das Erreichen der Höchstgeschwindigkeit gleichfalls deutlich über seine Nenndrehzahl hinaus drehen. Bei 80 im Fünften liest man gut 2400 Touren auf dem Drehzahlmesser; aber weil der Benziner generell ein höheres Drehzahlniveau erfordert, zieht er hier zwar spontaner los, baut aber insgesamt weniger Zugkraft auf. Das zeigen auch die Messwerte: Von 80 auf 120 nimmt der Diesel dem nominell um 47 PS leistungsstärkeren, aber 110 Newtonmeter zugkraftschwächeren Benziner 1,2 Sekunden ab.

Drehmoment wichtiger als Nennleistung

Einmal mehr zeigt sich, dass das Drehmoment im Alltagseinsatz wichtiger ist als die Nennleistung. Der Normalfahrer ist mit dem Diesel nicht langsamer unterwegs als mit dem Benziner. Selbst ausgesprochene Niedrigdrehzahl-Fans haben vom Turbo-Loch des Diesel keinen wirklichen Nachteil: Im fünften Gang aus der Ortschaft herauszubeschleunigen, ist zwar eine mühsame Sache; aber das gilt für den Benziner fast so wie für den Diesel – es fehlt einfach Hubraum.

Erst der verkappte Rennfahrer, der eifrig und gern schaltet und die Drehzahl am liebsten am roten Bereich hält, hat etwas von der Mehrleistung des Benziners: Der ist um 1,5 Sekunden rascher von 0 auf 100; und er rennt auf der Autobahn – wenn auch erst nach langem Anlauf – sechs Stundenkilometer schneller.

Eben dieser Sportfahrer muss aber auch mit beträchtlichen Spritkosten rechnen. Denn die Unterschiede im Maximalverbrauch zwischen Diesel und Benziner sind noch merklich größer als beim Durchschnittsverbrauch. Mit 20 Litern muss der Benziner-Bleifußfahrer schon mal rechnen, ein ebenso herumrasender Dieselpilot kommt immerhin mit 14 Liter/100 km aus.

Am Diesel kommt man kaum vorbei

Minimal genügen dem Diesel acht, dem Benziner zehn Liter; im zügig gefahrenen Testmittel ergaben sich 10,3 gegenüber 14,2 Liter/100 km. Der Benziner kann zwar notfalls mit Normalbenzin oder Euro-Super gefüttert werden; ausgelegt ist er aber für teures Super Plus.

So ergeben sich auf 100 Kilometer für den Benziner schon gut sieben Euro höhere Kraftstoffkosten – 704 Euro pro Jahr bei 10.000 Jahreskilometern. Dagegen stehen die höheren Fix- und Wartungskosten des Diesels: Der 3.0d kostet 292 Euro mehr Kfz-Steuer pro Jahr und 440 Euro mehr Versicherung durch die höhere Vollkasko-Typklasse. Zudem benötigt er bei der Wartung mehr und teureres Öl. Insgesamt gleichen die günstigeren Kraftstoffkosten des Diesels die höhen Fix- und Wartungskosten ab rund 11.000 Kilometer Jahresfahrleistung aus.

Noch rascher lohnt der Selbstzünder, wenn man schon in einer günstigeren Rabattklasse fährt: Bei 50 Prozent Beitragssatz fährt der X5 3.0d schon nach rund 8000 Kilometern günstiger als der 3.0i. Rein wirtschaftlich gesehen kommt man also am Diesel kaum vorbei – zumal er auch noch in der Anschaffung um immerhin 500 Euro billiger ist.

Technische Daten X5i und X5d

Im Übrigen sind 3.0d und 3.0i absolut gleichwertig – sieht man davon ab, dass der Benziner-Testwagen zehn Kilo mehr Zuladung bietet. Die Serienausstattung ist gleich, die Extras kosten die gleichen hohen Tarife, der Prestigewert ist gleich hoch. Fahrwerk und Bremsen sind Spitze, die Geländetauglichkeit recht mager, der Innenraum geräumig und die Fahrleistungen gut. Wer aber kein fanatischer Selbstschalter ist, dem ist der happige Aufpreis für die Automatik anzuraten. Sie passt einfach besser zum Charakter des X5, nutzt die Leistungscharakteristik der Motoren besser – und kann durch die längere Gesamtuntersetzung sogar noch ein klein wenig Kraftstoff sparen.

Fahrdaten und Messwerte

Um von 0 auf 100 zu beschleunigen, braucht der Benziner 1,5 Sekunden weniger als der Diesel. Aber bei den Zwischenspurts liegt der Diesel vorn.

Kosten und Ausstattungen

Die Ausstattung bei beiden ist identisch. Aber der Diesel (42.000 Euro) kostet 500 Euro weniger als der Benziner.