Während sich die großen Autobauer im Pkw-Segment auf Batterien als Energiespender der Zukunft eingeschworen haben, bekommt die Brennstoffzelle bei Lkw immer mehr Rückenwind. Die Vorteile der Brennstoffzelle gegenüber den Akkus liegen auf der Hand: Eine Reichweite, die Antrieben mit fossilen Brennstoffen nahekommt, und ein schnelles Nachtanken. Dagegen stehen die geringere Effizienz der Brennstoffzelle, die hohen Kosten und das noch ziemlich dünne Netz an Wasserstoff-Tankstellen.Auch die Größe der Wasserstofftanks ist noch ein Thema. Denn je schwerer der Lkw, desto größer und schwerer müssen die Behälter sein, was wiederum zur Reduktion der Nutzlast und des Nutzvolumens fügt. "Entscheidend für den Erfolg des Brennstoffzellen-Lkw ist demnach die zukünftige Entwicklung der Energieträgerpreise, insbesondere für Wasserstoff, Erdgas und Diesel sowie das Ambitionsniveau beim Klimaschutz. Diese werden in nicht unerheblichem Maße durch Steuern und Abgaben beeinflusst", heißt es in einer Studie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.

Toyota vertraut der Expertise aus der Pkw-Entwicklung

Toyota Lkw
Der Kleine hilft dem Großen: Brennstoffzellentechnik aus dem Mirai kann auch bei Lkw eingesetzt werden.
Ein weiterer Nachteil sei die reduzierte Reichweite. Während ein 40-Tonner mit konventionellem Antrieb eine Reichweite von rund 2500 Kilometern hat, müsste ein Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Lkw mit gleichem Tankvolumen bereits nach rund 400 Kilometern an die Zapfsäule. Mit Hochdruck wird an Lösungen für dieses Problem gearbeitet, denn die Brennstoffzelle könnte ein wichtiger Stellhebel werden, um auch im Güterverkehr die Schadstoffemissionen gegen null zu drücken. Das hat auch China erkannt und die Förderung von Brennstoffzellen zum ersten Mal offiziell in ihre nationalen Entwicklungspläne aufgenommen. Damit kommt Druck auf den Kessel. Toyota hat die Zeichen der Zeit erkannt und beteiligt sich mit fünf weiteren Unternehmen – darunter China FAW Corporation und die Dongfeng Motor Corporation – an einem neuen Joint Venture namens "United Fuel Cell System R&D".
Die Japaner entwickeln gemeinsam mit Hino Motors einen Brennstoffzellen-Lkw, der eine Reichweite von 600 Kilometern haben soll. Das elf Meter lange Nutzfahrzeug basiert auf dem Hino Profia und hat ein Gesamtgewicht von 25 Tonnen. Leichtbau soll die Lademöglichkeiten und das Ladevolumen erhöhen. Der Antriebsstrang mit zwei Brennstoffzellen-Stacks stammt vom Toyota Mirai und wird für den Einsatz im Lkw hochskaliert.

Ein intelligentes Bezahlmodell soll Hyundai helfen

Hyundai Lkw
Hyundai und die Eidgenossen: Die Koreaner wollen ihre Lastwagen in großem Stil in der Schweiz erproben.

Daimler tut sich mit Volvo Trucks zusammen; pikanterweise eine Marke, an der Großaktionär Geely beteiligt ist. Ziel der Daimler Truck AG und der Volvo Group ist es, in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts schwere Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge für den anspruchsvollen Fernverkehr in Serie anzubieten. "Die Brennstoffzelle ist eine entscheidende CO2-neutrale Lösung für Lkw im schweren Fernverkehr", erklärt Martin Daum, Vorstandsvorsitzender der Daimler Truck AG. Das haben auch andere deutsche Unternehmen erkannt: Zulieferer Bosch entwickelt gemeinsam mit dem amerikanischen Fahrzeugbauer Nikola Truck einen 40-Tonner, der bereits in drei Jahren über die Straßen rollen soll. Ein wichtiges Ziel ist eine konkurrenzfähige Reichweite, und da sind die Amerikaner auf einem guten Weg: Schon vor einigen Jahren schaffte der Brennstoffzellen-Prototyp Nikola One 1600 Kilometer Reichweite.
Interessanterweise entwickelt sich die Schweiz zu einem Testfeld für Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge. Der koreanische Autobauer Hyundai will dort bis zum Jahr 2025 rund 1600 Brennstoffzellen-Lkw des Modells H2 Xcient über die Straßen rollen lassen. Ein intelligentes Bezahlmodell soll den Schweizern die kostspieligen Wasserstoff-Transporter mit rund 400 Kilometer Reichweite schmackhaft machen: Der große Einzelhandelskonzern Coop kauft die Lkw nicht, sondern mietet sie zu einem Kilometerpreis, der dem eines Diesellasters entspricht.

Von

Wolfgang Gomoll