Tatsächlich liegt es noch nicht allzu lange zurück. Vor wenigen Jahren galten Teilintegrierte noch als Alkoven ohne Haube. Doch auch sie traten ausladend auf, raumgreifend und ziemlich mächtig. Und meistens, eigentlich immer, steckte ein Fiat darunter. Diese Zeiten sind vorbei. Corona und gerissene Lieferketten brachten das feste Konstrukt ins Wanken, und die Hersteller mussten reagieren: einmal alles neu denken. Behäbig war gestern.
Bürstner Lineo T 690 G
In der populären Sieben-Meter-Klasse kann sich der Lineo T gut behaupten.
Bild: Magali Hauser / AUTO BILD

"Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise", dichtete uns schon Welterklärer Hermann Hesse, "mag lähmender Gewöhnung sich entraffen." Lähmende Gewöhnung? Weg damit! Den Ducato zu streichen, fiel Bürstner leicht, Fiat konnte ja sowieso kaum einen liefern. Eine gute Alternative bot Ford mit seinem Transit, einem Basisfahrzeug, das zum unverhofften Shootingstar der Branche geriet. Auch wenn er sich etwas anders benimmt als der alte Kumpel Ducato, macht er seinen Job ähnlich gut. Dass längst jedoch auch Ford nicht mehr beliebig schnell die vielen Transit-Bestellungen abarbeiten kann, steht auf einem anderen Blatt. Bliebe ein erster Blick auf den Aufbau des Wohnmobils. Schlank und rank tritt die neue Baureihe Lineo T auf, wohlproportioniert. Auch damit verspricht der Teilintegrierte, ein Auto einer neuen Zeit zu sein.

Kaum breiter als ein Kastenwagen fällt der neue Lineo T aus

Das ist er: Mit seinen nur 2,20 Meter Breite wirkt die neue Modellreihe im Bürstner-Programm wie ein Ding zwischen den Welten: außen kaum sperriger als ein Kastenwagen, innen dagegen erheblich geräumiger und erwachsener als die Blechmobile. Dieses Format allerdings, das zeigt der Markt, bietet heute keineswegs allein Bürstner. Auch viele Wettbewerber setzen auf die kompakten Kabinen, die inzwischen gerne den etwas irritierenden Beinamen Van tragen. Bereits zum Start offerierte Bürstner den Lineo T mit drei Grundrissen. Nicht nur mit Einzelbetten (T 690 G) gibt es das Sieben-Meter-Auto, auch eine Version mit Queensbett im Heck (T 700 G) gibt es. Als kürzere Alternative tritt der nur 6,60 Meter lange T 620 G an, der mit Einzelbetten im Heck ausgestattet ist.
Bürstner Lineo T 690 G
Eine Drehplatte vergrößert den Tisch der Dinette. Bis zu fünf Personen finden Platz.
Bild: Magali Hauser / AUTO BILD

Das hat er: Bei der Innenarchitektur folgt Bürstner dem Bewährten. Vorne findet sich eine Dinette, einen kleinen Schritt geht es hier nach oben. Die Bank taugt gerade so für zwei. Und eine (!) Isofix-Befestigung gibt's hier auch – als Option und für stolze 330 Euro extra. Dahinter baut Bürstner sein praktisches Variobad mit der schwenkbaren Waschtisch-Rückwand ein, gefolgt von einem Kleiderschrank. Im Heck finden die Reisenden zwei Einzelbetten, die per Zusatzpolster (plus 200 Euro) sich auch zur Liegewiese wandeln. Die Küche fällt kompakt aus. Zwei getrennte Glasabdeckungen schaffen variable Flächen, der Kühlschrank überzeugt mit 133 Liter Inhalt. Was besonders auffällt, ist das Thema, das Bürstner am Herzen liegt: Das helle, unverschnörkelte Mobiliar wirkt so freundlich wie souverän, sogar ein wenig elegant, dabei nie pompös.

Technische Daten

Technische Daten
Motorisierung
2,0 l EcoBlue 6d-ISC-FCM
Leistung
114 kW (155 PS) bei 3500/min
Hubraum
1995 cm3
Drehmoment
390 Nm bei 1750–2750/min
Höchstgeschwindigkeit
k. A.
Getriebe/Antrieb
Sechsgang/Vorderrad
Tankinhalt/Kraftstoffsorte
70 l/Diesel
Länge/Breite/Höhe
6990/2200/2850 mm
Radstand/Bereifung
3750 mm/235/65 R 16 C
Leergew. fahrbereit/Zuladung
3006/494 kg
Anhängelast (gebremst/ungebremst)
2000 kg GFK/Aluminium/GFK 30 mm/30 mm/49 mm EPS 1980 x 700–1020 mm(Schaltgetriebe), 1350 kg (Automatikgetriebe)/750 kg
Material Wand/Dach/Boden Stärke Wand/Dach/Boden Isolierung Wand/Dach/Boden
GFK/Aluminium/GFK 30 mm/30 mm/49 mm EPS
Liegefläche Mitte L x B
1980 x 700–1020 mm
Liegefläche Heck L x B
1990 x 530–750/2000 x 750 mm
Kühlschrank/Eisfach
133 l/inkl.
Herd
2 Flammen
Bordbatterie
95 Ah
Frisch-/Abwassertank
105/90 l
Gasvorrat/Heizung
2x 11 kg/Truma 4 kW
Grundpreis
ab 66.990 Euro
Testwagenpreis
81.336 Euro

Der Transit begegnet dem Ducato auf Augenhöhe

So fährt er: Der Transit kann mit einer freudigen Agilität und ordentlichem Antritt überzeugen. Dabei hilft die Kompaktheit des Autos und ein Leergewicht von unter drei Tonnen. Zudem war Bürstner so generös, den Testwagen mit dem optionalen 155-PS-Triebwerk auszurüsten, hier sogar ergänzt von einem stets in diskreter Harmonie agierenden Sechsstufen-Automatikgetriebe. Der Aufpreis von 3780 Euro für beides klingt fair. Kombinieren ließe sich die Automatik übrigens auch mit der serienmäßigen 130-PS-Variante (plus 2290 Euro). Oder die Wahl fällt auf das handgeschaltete Getriebe in Verbindung mit dem 155-PS-Motor (plus 1490 Euro).
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Insgesamt begegnet der frontgetriebene Transit dem Ducato auf Augenhöhe. Er deklassiert ihn nicht, mitunter vermisst der Fahrer am Ford-Steuer ein wenig die Straffheit des Fiat. Wichtiger sind die beeindruckend vielen Assistenten: Im "Ford Transit-Ausstattungspaket" (plus 1680 Euro) finden sich unter anderem ein kamerabasierter Notbremsassistent, ein Fahrspur-Assistent mit Müdigkeitswarner oder ein Scheinwerfer-Assistent. Das markiert in dieser Klasse eine Spitzenposition. Beinahe grotesk wirkt da, dass selbst im Sommer 2023 noch kein Beifahrer-Airbag ab Werk an Bord ist. Das sollte eigentlich längst zum Standard zählen.

Bildergalerie

Bürstner Lineo T 690 G
Bürstner Lineo T 690 G
Bürstner Lineo T 690 G
Kamera
Wohnmobil-Test Bürstner Lineo T 690 G

Fazit

von

AUTO BILD
Die Mitte des Marktes ist Bürstners Zielgebiet. Dennoch gibt sich der Lineo T 690 keinesfalls beliebig, sondern glänzt mit seinem angenehmen, individuellen Charakter.