Bußgelder in Europa
Tickets aus dem Ausland

—
Bußgeldbescheide aus dem Ausland: unerfreuliche Post und eine knifflige Angelegenheit. Wer davor Ruhe haben will, sollte besser zahlen. Die Inkassounternehmen lassen selten locker. Hier die Rechtslage.
Manche Post wünscht man sich nicht im Briefkasten: eine Nachzahlung für das Finanzamt etwa oder die Rechnung einer dubiosen Internetseite. Oder Post aus dem letzten Urlaubsort. Nanu, was ist das denn? Abgefasst in fremder Sprache und geschmückt mit imposantem Wappen? Die Antwort: ein Bußgeldbescheid, aus dem Urlaub im Ausland nach Hause geflattert. Etwa über 590 Euro wegen des Überfahrens einer roten Ampel in Norwegen. Oder 50 Euro für falsches Parken in Holland. Happige Kurse, oft höher als hierzulande (siehe Tabelle unten). Die Post kommt entweder direkt von einer Behörde oder von einem beauftragten Inkassobüro. Eines dieser Unternehmen ist Euro Parking Collection (EPC) mit Zentrale in London. Das treibt für Behörden, Gemeinden und Mautunternehmen Forderungen nach Verkehrsverstößen oder wegen nicht gezahlter Parkplatz- oder Mautgebühren ein. Zu den Auftraggebern gehören Gemeinden und Unternehmen in England, Irland, Holland, Belgien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Ungarn, Spanien und Italien.

• Zweite Frage: Kann das Ticket hier gerichtlich eingetrieben werden? Antwort: nein. Eine Vollstreckung in Deutschland ist nicht möglich, weil deutsche Gerichte nicht für die Eintreibung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen eines anderen Staates zuständig sind. Klagen würden von deutschen Gerichten zurückgewiesen.
• Dritte Frage: Sollte ich besser doch zahlen? Antwort: Ja, wenn man bald wieder in das betreffende Land fahren will. In England etwa beträgt die Verjährungsfrist für Parkverstöße ein Jahr, sie werden aber nicht überregional festgehalten. Die Rechnung für eine schwere Temposünde aus dem letzten Urlaub aber könnte dem Besucher bereits bei der Einreise vom Zoll präsentiert werden. Außerdem lassen Inkassounternehmen wie Euro Parking Collection selten locker und schicken Mahnungen, bei denen sich die Gebühren steigern. Wer davor Ruhe haben will, sollte also besser zahlen. Und jeder, der für seine Verkehrssünden ohnehin Buße tun will ...
Happige Strafen
Großbritannien, die Schweiz und die skandinavischen Länder verhängen die höchsten Bußgelder in Europa. Wer in Dänemark mit zu viel Promille erwischt wird, ist gleich ein ganzes Monatsgehalt los. Doch nicht nur die Behörden ausländischer Gemeinden versuchen, Bußgelder auch in Deutschland einzutreiben. Auch viele Betreiber privat finanzierter Straßen, Pässe, Brücken oder Tunnel sowie die Besitzer von Parkplätzen beauftragen Inkassounternehmen wie etwa Euro Parking Collection (EPC) mit Sitz in London mit dem Eintreiben von Forderungen. Als Beleg dient oft ein Foto vom Wagen, das bei nicht entrichteter Maut automatisch geschossen wird.
Das rät der Anwalt
Verkehrsrechtsanwalt Uwe Lenhart, Frankfurt: "Unterstützung von deutschen Behörden bei der Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten gibt es nicht. Ausnahme: Österreich. Aber auch bei Bescheiden aus Österreich leisten deutsche Behörden nur dann Amtshilfe, wenn der Fahrer feststeht. Eine sogenannte "Anonymverfügung" aus Österreich gegen den Halter in Deutschland kann dagegen hier nicht vollstreckt werden, denn sie widerspricht deutschem Recht. Sollte ein Inkassobüro einen Mahnbescheid für eine ausländische Forderung erwirken, sollte dem umgehend, spätestens aber innerhalb von zwei Wochen widersprochen werden. Wird ein Autofahrer einer Straftat beschuldigt, wie etwa Unfallflucht, ist die Hilfe eines Anwalts anzuraten."
Fazit
Das Vorhaben, Bußgelder ab 70 Euro europaweit einzutreiben, ist zum x-ten Mal verschoben worden. Die Materie ist offenbar schwieriger als gedacht. Vor allem muss dabei sichergestellt sein, dass der Beschuldigte sich gegen Vorwürfe aus dem Ausland auch wehren kann.
Service-Links