Die Deutsche Bahn will im zukünftigen Fernbus-Geschäft Marktführer werden. Voraussichtlich ab 2012 dürfen zwischen deutschen Städten Fernbusse im Linienverkehr fahren. Das Marktvolumen schätzt die Bahn auf mindestens 300 Millionen Euro, den größten Teil davon will das Unternehmen selbst kassieren. Experten rechnen damit, dass auf bestimmten Strecken rund ein Fünftel der Bahnkunden auf den billigeren Bus umsteigt. In der Folge könnten diverse Bahnstrecken unwirtschaftlich werden oder ICE-Haltepunkte abseits der viel befahrenen Hauptachsen wegfallen.
Auch Autofahrer könnten durch mehr Busse Probleme auf Autobahnen bekommen. Stauforscher Michael Schreckenberg warnt: "Die Kapazitäten unserer Autobahnen sind vielerorts ausgereizt. Minimale zusätzliche Belastungen führen hier direkt in den Stau." Bislang sind Linien-Fernbusse laut Personenbeförderungsgesetz in Deutschland nur von und nach Berlin sowie dort erlaubt, wo Bahnverbindungen fehlen. Das Gesetz stammt von 1934 und sollte das Reichsbahn-Monopol schützen. Die Bundesregierung will mit der Liberalisierung des Fernbusmarktes mehr Wettbewerb schaffen.

Kurz-Interview mit Stauforscher Michael Schreckenberg

Prof. Michael Schreckenberg
Aus einer Stunde Stau könnten zwei werden, warnt Professor Michael Schreckenberg vor den Folgen von mehr Bus-Fernverkehr.
AUTO BILD: Erwarten Sie, dass mehr Reisebusse zu mehr Staus auf den Autobahnen führen? Schreckenberg: Das Verkehrsaufkommen auf vielen Autobahnen bewegt sich knapp unterhalb des Kapazitätslimits. Das heißt, dass schon eine geringe Zunahme des Verkehrs zu mehr Staus führen kann. In der Praxis: Aus täglich einer Stunde Stau am Kreuz Leverkusen könnten zwei werden. Busse fahren auf Autobahnen 100, Lkw nur 80. Was bedeutet unter diesem Aspekt eine Zunahme des Busverkehrs? Werktags werden Busse den Mittelstreifen belegen, auf zweispurigen Autobahnen die linke Spur. Das bremst den Pkw-Verkehr aus. Am Wochenende, wenn Laster nicht fahren dürfen, übernehmen die Busse die Rolle der Lkw: Sie geben die Geschwindigkeit auf der rechten Spur vor. Und Elefantenrennen gibt es natürlich auch unter Busfahrern. Wer steigt auf den Fernbus um? Bahnkunden oder Autofahrer? Sicherlich der Bahnfahrer, der sich mit längerer Reisezeit im Bus einen Preisvorteil erkauft. Beim Fernbus handelt es sich ja um eine Art "Schienenersatzverkehr".