Schön hier im Camping- & Ferienpark Teichmann im nordhessischen Vöhl-Herzhausen. Die ersten Gäste genießen die ruhige Lage und den sauberen See. Der Anblick lässt auch das Herz von Ernst-Rudolf Müller höherschlagen.
Denn das heute traumhaft klare Wasser wurde für den Besitzer des Platzes zwischenzeitlich ein Albtraum aus stinkenden Blaualgen. Im Sommer 2019 musste er den See sogar zeitweilig sperren. (Campingtoiletten im Test & Vergleich)
Rund 50.000 Euro kostete ihn die fachmännische Entsorgung. Dann ging er der Sache auf den Grund: "Die Nährstoffe für die Algen kamen auf verschiedenen Wegen ins Wasser", sagt er, beispielsweise vom gedüngten Acker oberhalb des Platzes oder von den Körpern der Badegäste.
Der Albtraum von 2019: der gesperrte See von oben.
Bild: Roland Kontny

Selbst sensibilisiert für das empfindliche Ökosystem Wasser, klärt er seitdem seine Gäste darüber auf, wie jeder zu sauberem Grund- und Badewasser beitragen kann.

Biozidhaltige Produkte Problem für Kläranlagen und Grundwasser

Dazu gehört neben dem Abduschen vor dem Baden und möglichst nährstofffreien Sonnenschutzmitteln auch der bedachte Einsatz von Zusätzen für die Campingtoilette. "Häufig kommen biozidhaltige Produkte zum Einsatz und dazu nicht immer in der vom Hersteller angegebenen Dosierung", sagt Müller.
Das kann zu einem Problem für Kläranlagen und damit auch für das Grundwasser werden: Gelangen unverbrauchte Biozide über die Entsorgung auf dem Platz in die Klärbecken, töten sie dort die Bakterien, die eigentlich das Wasser reinigen sollen.
Händisches Reinigen des Sees nach dem Blaualgenbefall.
Bild: Roland Kontny

"Viele Campingplätze haben eigene kleine Kläranlagen oder sind an kommunale Kläranlagen angeschlossen, die häufig zu klein oder überlastet sind", führt Müller aus. Wie groß das Problem für die Branche ist, will der Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland e. V. (BVCD) nicht an konkreten Zahlen festmachen.

Mutiger Vorstoß von Ernst-Rudolf Müller

Verständlich, denn keiner möchte im Verdacht stehen, ein Problem mit der Wasserqualität zu haben. Insidern zufolge soll etwa jeder zehnte Platz schon einmal betroffen gewesen sein.
Umso mutiger ist der Vorstoß von Müller, der sich direkt an alle Camper wendet: "Bitte kippt nicht irgendwas in den Toilettentank und auch nicht in irgendwelchen Mengen. Viel hilft nicht viel, sondern gefährdet die Gewässer.
Wer chemische Zusätze benutzt, halte sich bitte unbedingt an die richtige Dosierung." Noch besser sei es, nur solche Produkte zu nutzen, die Mikroorganismen als Wirkstoffe enthielten und auf Biozide verzichteten.
Die platzeigene Kläranlage arbeitet mit Mikroorganismen und leitet gereinigtes Wasser in die Eder ein.
Bild: Roland Kontny

Unterstützung erhält Müller vom BVCD: "Die falsche Anwendung von Sanitärzusätzen in den Abwassertanks der Wohnwagen und Wohnmobile kann bei hohem Gästeaufkommen die Badegewässerqualität negativ beeinflussen", sagt BVCD-Geschäftsführer Christian Günther auf Nachfrage – und empfiehlt ebenso den Gebrauch biozidfreier Produkte wie das Umweltbundesamt, das biozide Zusätze "für Kläranlagen und Umwelt kritisch" sieht.
Daher für alle, die dem Umstieg eine Chance geben wollen: Preislich bleiben die biozidfreien Produkte im Rahmen, ihre Wirkung wurde in unabhängigen Tests belegt. Biozidhaltige Produkte haben im Mittel noch eine etwas längere Wirkdauer. Das aber dürfte es vielen als Beitrag zu einer geringeren Umweltbelastung gerade des naturverbundenen Campingurlaubs wert sein.

Fazit

von

Roland Kontny
Wir können froh über die insgesamt hohe Gewässerqualität in Deutschland sein. Damit das trotz des anhaltenden Booms so bleibt, kann jeder seinen Beitrag dazu leisten. Also: Bitte künftig nicht mehr überdosieren oder mal den Mikroorganismen eine Chance geben.

Von

Roland Kontny