Carlsson is back! Der Saarländer Tuner wagt einen Neustart. Und wir eine Ausfahrt mit den jüngsten Geschöpfen CC 63 S und Diospyros.
Sie fragen sich, was diese beiden Autos in einer Geschichte zusammenführt, außer dass sie von Carlsson veredelt wurden? Sicher, auf den ersten Blick passen S-Klasse Cabrio und AMG C 63 nicht wirklich zusammen, doch auch Gegensätze ziehen sich an. Und man erkennt bei beiden die typische Handschrift des im Saarland ansässigen Tuners. Lange war es ruhig um das Tuningunternehmen, 2015 meldete die Firma gar Insolvenz an. Seit knapp zwei Jahren hat der koreanische Autozulieferer Sambo Motors jetzt das Zepter in der Hand. Nun mit Firmensitz in Saarlouis, arbeitet das Carlsson-Team eifrig an neuen Modellen.
Eine Modellbezeichnung wie ein griechischer Gott
Nomen est Omen: Der Name "Diospyros" verweist auf das Edelholz, das Carlsson in der S-Klasse verbaut hat.
Das S 500 Cabrio mit dem Beinamen Diospyros und der CC 63 S sind die ersten Auskoppelungen der neuen Carlsson-Zeitrechnung. Nach wie vor gilt: je exklusiver das Auto, desto besser lässt es sich verkaufen. Da kann ein ungewöhnlicher Name keinesfalls schaden. Diospyros klingt zwar eher nach einer griechischen Gottheit, ist aber der Name eines edlen Gehölzes, das im Interieur des Cabrios verarbeitet wurde. Doch nicht nur die Modellbezeichnung ist außergewöhnlich, auch bei der Lackierung will sich dieses S-Klasse Cabriolet von der Masse abheben. Nein, es ist keine Originalfarbe der Bundeswehr, die Carlsson-Macher haben das Blechkleid mit einigen Litern "Heritage-Green" besprüht. Der speziell für den Diospyros angemixte Standox-Lack beeindruckt auch durch einen dezenten, goldenen Schimmer. Sämtlicher Chromzierrat ist in schwarzen Klavierlack getaucht, so kommt das Farbtuning noch besser zur Geltung.
Nur die weiße Lackierung des CC 63 S ist harmlos
Weniger opulent: Der Carlsson CC 63 S setzt mit seiner aggressiven Front eher auf Sportlichkeit.
Einen gänzlich anderen Auftritt pflegt die Limousine CC 63 S. Die Lackierung in reinem Weiß mag noch relativ harmlos wirken, doch Spoilerlippe, Lufteinlassrahmen und seitliche Winglets, alles in hochwertigem Echtcarbon ausgeführt, setzen unverkennbar sportliche Akzente. Aus demselben Material sind die seitlichen Kiemen, der dazu passende Luftauslass in der Heckschürze, Diffusor und Heckspoiler geschnitzt, und auch die vier Endrohre der Klappen-Sportauspuffanlage wurden mit dem Gewebe ummantelt. Die 20-zölligen Kreuzspeichenräder glänzen in tiefem Schwarz. Der Diospyros verzichtet auf Spoiler- und Carbonelemente; die Farbe allein ist Merkmal genug. Auch das grüne Cabrio steht auf 20-Zöllern, die hier traditionelle Carlsson-Elemente mit einem Schuss Eleganz kombinieren. Bei einem derart hohen Aufwand im sichtbaren Bereich durfte natürlich auch die Technik nicht unangetastet bleiben.Selbst wenn die 510 PS des AMG C 63 schon üppig bemessen sind – dem Tuner war's zu wenig. Mechanische Motoreingriffe sind heutzutage die Ausnahme, der Weg führt mittlerweile über die Elektronik. Neue Kennfelder entlocken dem V8 des CC 63 S weitere 115 PS. So soll es in 3,8 Sekunden auf Tempo 100 gehen.
Kraft hat die veredelte S-Klasse reichlich
Wenn der Tuner eingreift: Hinter dem großen Grill arbeitet ein 4,7-Liter-V8 mit satten 550 PS.
Sechs Zehntel länger braucht der Diospyros. Kein Wunder, haben seine 550 PS (Serie 455 PS) auch noch knapp 400 Kilogramm mehr zu schleppen. Die elektronische Vmax-Sperre greift in der C-Klasse nun erst bei 320 km/h, der Diospyros zeigt sich auch hier offen und rennt bis zu 301 Sachen. Leistung ist in dieser Liga das eine, überbordender Luxus das andere. Im Cabrio ziert das namensgebende Ebenholz Hutablage und Mittelkonsole, ergänzt von cognacfarbenen Ledersesseln in leicht patiniertem Look. Weiße Applikationen und helle Teppiche runden das Interieur zu einem Wohntraum auf Rädern ab. Hier möchte man wie zu Hause am liebsten die Schuhe ausziehen. Wiederum konträr präsentiert sich das Innenleben des CC 63 S: frischer, moderner, sportlicher. Der hauseigene Blauton ergänzt sich hervorragend mit dem klassischen Karomuster der Sitzbezüge – eine Reminiszenz an frühere Mercedes-Sportmodelle –, ausgeführt in feinstem Nappaleder.
Der CC 63 S bleibt AMG-typisch straff und direkt
Sportlicher Kern: Wer beim getunten C 63 S aufs Gas tritt, erlebt den vollen Fahrspaß des Technikspenders.
Zeit für eine Probefahrt. Wir lassen die Schuhe an und tauchen ein in die ganz spezielle Diospyros-Welt. Das Leder duftet fein, das exklusive Holz lädt zum Berühren ein. Man bettet seinen Allerwertesten nicht besser als im Serienauto, fühlt sich aber nochmals erhabener in diesem cognacfarbigen nach oben offenen Kokon aus Leder und Holz. Das Cabrio fährt sich genau so, wie es aussieht: einfach nur geschmeidig. Den Achtzylinder hört man nur beim Beschleunigen, das Fahrwerk dämpft trotz der großen Räder samtweich, das ist Cruisen auf allerhöchstem Niveau. Und bei Bedarf geht's auch richtig schnell vor an, ja, man kann sogar von Fahrspaß reden. Davon kann der CC 63 S ein Lied singen. Die Limousine gibt sich ganz AMG-typisch straff und direkt; kitzelt man das Gaspedal, geht's gleich heftig voran, untermalt vom deftigen V8-Bollern der Auspuffanlage. Die sportlichen AMG-Tugenden sind also unverändert vorhanden, und ein gewisses Maß an Komfort serviert der Fahrprogrammschalter.
Keine Überraschungen auch beim Preis, derartige Veredelungen sind stets kostspielig. Ein Mercedes S 500 Cabriolet steht bereits mit 139.000 in der Liste, das Diospyros-Paket verschlingt weitere 86.000 Euro. Und der Aufwand beim CC 63 S schlägt mit über 50.000 Euro zu Buche. Ein ausgefallener Geschmack kostet eben …
Wer einen Diospyros fährt, muss keine Verwechslungen mehr befürchten. Farben und Materialien sind so edel wie außergewöhnlich, das Leistungsplus gut, aber hier nicht notwendig. Beim CC 63 S kann man dagegen nie genug Leistung haben, deshalb hat der Tuner ordentlich nachgelegt. Doch auch der CC 63 S lebt vor allem von seinem Interieur. Retro-Karodesign und königsblaues Leder erfrischen das C-Klasse-Cockpit. Mit Diospyros und CC 63 S zeigt Carlsson sein breit gefächertes Können – zwei Modelle für zwei ganz unterschiedliche Zielgruppen, und dennoch erkennt man ein und dieselbe Handschrift.