Vollintegriert heißt längst nicht voll ausgestattet. Selbst dann nicht, wenn das Preisschild eine sechsstellige Zahl zeigt. Tatsächlich ist die Mehrpreisliste unseres Testwagens noch länger als sein Name: Carthago chic e-line I 51 QB S Linerclass heißt er, auf fast 30.000 Euro addieren sich die edlen Gimmicks, und am Ende bietet er den ganz großen Luxus auf sechs Rädern. Schon das Mobiliar hat es in sich: Echtholz, so weit das Auge reicht. Und alle Sitzplätze sind mit feinem Leder bezogen, natürlich auch die im Fahrerhaus.

Dieser Carthago ist nichts für introvertierte Typen

Carthago chic e-line I 51 QB S Linerclass
Deutsches Wohnzimmer: Dunkles Holz, helle Klappen, Leder mit elegantem Faltenwurf – und ein Vitrinchen für die guten Gläser.
Das ist er: Ein silberfarbener Riese mit maximal 5,4 Tonnen Gesamtgewicht und einer Länge von 7,98 Metern. Und kein Auto für introvertierte Typen, weil so ein Kaliber die Blicke der campenden Mitmenschen magisch anzieht. Der Einstieg erfolgt über zwei elektrisch ausfahrbare und eine integrierte Trittstufe. Wer sie erklommen hat, landet in einer weitläufigen Wohnlandschaft mit L-Sitzbank, einem Einzelsitz sowie integrierbaren Fahrerhaussitzen. Auf den Einzelsitz könnten wir aber verzichten, da er den Gang ins Fahrerhaus trotz der Verstellmöglichkeit des Tisches erschwert. Gut gelöst: die Position des abgesenkten Hubbetts, das nur den Zugang zum Fahrerhaus versperrt, nicht aber zu den übrigen Sitzplätzen. Allerdings fällt es mit einer Länge von 1,94 Metern etwas kurz aus. Als Zusatzbett funktioniert's prima, und richtig gut hat es das Paar im Heckbett: Das ist stolze zwei Meter lang und 1,45 Meter breit. Nebenan sind die Duschkabine sowie der Waschraum untergebracht. An Platz für die Garderobe mangelt es bei je zwei Kleider- und Oberschränken nicht. Und auch die Winkelküche bietet die klassengemäße Stau- und Arbeitsfläche. Prima: Die Schubladen lassen sich elektrisch zentral verriegeln. Üppig ist das Kühlschrankvolumen mit 154 Litern, dazu kommen separates Gefrierfach sowie Backofen (790 Euro).Das hat er: Platz ohne Ende, schon im Doppelboden kommen halbe Hausstände unter. Und eine Verarbeitung, die den deftigen Preis erklärt. Was nach Holz aussieht, ist auch aus Holz – und fasst sich ohne Ausnahme stabil an. Die Schubladen haben natürlich eine Einzugautomatik, auch die Klappen schließen selbstständig, alles mit großer haptischer Finesse und schön gedämpft. Dazu die Lichtshow mit 40 LED-Spots, die das gepflegte Ambiente ins rechte Licht rücken. Die Bedienung der Schalter muss allerdings gelernt sein, zu Beginn schaltet man unweigerlich die verkehrten Lampen an.
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Nur extreme Fahrmanöver bringen den e-­line aus der Ruhe

Carthago chic e-line I 51 QB S Linerclass
Bei zügiger Fahrt durch die Pylonen verliert das innere hintere Rad schon mal die Bodenhaftung.
So fährt er: Ziemlich schwerelos für so viel Auto. Wer sich vor hohen Lenkkräften oder dem Gewicht fürchtet, wird im belederten Fahrersessel schnell locker: Das Handling unterscheidet sich nur in Nuancen von einem Zweiachser der 3,5-Tonnen-Klasse. Die Sicht nach vorne ist dank der riesigen Frontscheibe prima, beim Rangieren helfen die großen Busspiegel und das klare Bild der Rückfahrkamera. Auf freier Strecke muss selbst der stärkste Ducato-Diesel (177 PS) seine 400 Newtonmeter zusammenreißen, 4,3 Tonnen Leergewicht lassen ihn nicht mehr ganz so entspannt wirken wie eine Klasse tiefer. Der Testverbrauch von 12,9 Litern geht aber in Ordnung. Weniger gefiel der Bremsweg von 59 m aus Tempo 100. Und beim Slalom durch die Pylonen langt der Dicke zu: Das ESP regelt rabiat, beim Ausweichen untersteuert er spürbar. Nur ein Schönheitsfehler, denn kritisch wird es nicht. Dafür wankt der große Cathargo dank des AL-KO-Tiefrahmenchassis kaum. Ziemlich kurz, die Mängelliste dieses langen Autos.

Fazit

von

Kai Schwarten
Imposante Statur, sehr aufwendiger Möbelbau, fast durchgehender Doppelboden, Platz ohne Ende: 150.000 Euro sind sehr viel Geld, aber sie lassen sich leichtsinniger anlegen. Zumal der Riesen-Cathargo beim Fahren keine großen Ansprüche stellt.

Von

Kai Schwarten