Wenn Geld keine Rolle spielt, darf das Reisemobil getrost ein bisschen üppiger ausfallen. 8,53 Meter lang, fünf Tonnen zulässiges Gesamtgewicht, riesige Hecksitzgruppe – aber nur für zwei konzipiert: Der liner-for-two I 53 L auf Fiat-Ducato Basis ist ein rollendes Zuhause, mit dem Carthago auf gut betuchte Paare zielt. Anfang 2018 präsentierten die Aulendorfer zunächst die Kurzversion des liner-for-two mit Ducato-Chassis (I 53, 7,83 Meter, 4,5 Tonnen zul. Gesamtgewicht, ab 128.600 Euro). Seit Herbst ist auch die hier getestete, 70 Zentimeter längere L-Variante auf dem Markt, lieferbar auf Basis des Ducato mit AL-KO Tiefrahmen und Doppelachse oder des Iveco Daily 65C mit hinterer Zwillingsbereifung (8,55 Meter, 6,7 Tonnen zul. Gesamtgewicht, ab 160.750 Euro). Die Kurzversion kann seither außerdem mit dem ebenfalls zwillingsbereiften Iveco Daily 50C als Basis bestellt werden (5,6 Tonnen zul. Gesamtgewicht, ab 143.300 Euro). Alle spielen also in einer Liga, in der feste Regeln beim Führerschein (C1/C1E oder alte Entsprechungen) sowie strikte Tempolimits gelten. Dass unterwegs auch höhere Mautkosten anfallen, wird den zahlungskräftigen Besitzern kaum Kopfzerbrechen bereiten.

Schiebe-Elementen schotten das Schlafzimmer vom Cockpit ab

Carthago liner-for-two I 53 L
Licht und Schatten: Eng geschnittenes, abgeschottetes Schlafabteil, die Dachluke gibt's für 490 Euro.

Das ist er: Ein Luxusliner mit ungewöhnlichem Grundriss: Vorne liegt der Schlafbereich mit elektrisch betätigtem Hubbett, aus der linken Wand herausziehbarer Trittstufe und zwei Schiebe-Elementen, die das Schlafzimmer zum Cockpit hin abschotten. Bevor das Bett abgesenkt wird, müssen die Rückenlehnen der Vordersitze umgeklappt werden. Drehbare Pilotensitze kosten 450 Euro extra. Dann folgt der abtrennbare Bad- und Umkleidebereich samt deckenhohem Kleiderschrank. Die schicke Küche und die Sitzgruppe mit in zwei Richtungen verschiebbarem Tisch sowie großer Dachluke runden das Luxusambiente ab. Und wenn doch mal jemand mitfahren soll: Carthago bietet zwei weitere Sitzplätze mit Gurten an der Heckwand für 980 Euro Aufpreis an. Für 475 Euro kann auch die Sitzgruppe zur Schlafstatt umfunktioniert werden.
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Das Testmobil bringt Extras für 30.000 mit

Carthago liner-for-two I 53 L
Dekadent: Die Fernsehliege (890 Euro) fährt auf Knopfdruck aus, die Lehne neigt sich automatisch.
Das hat er: Viele Stärken, kaum Schwächen. Ein Beispiel: Bevor der 40-Zoll-LED-Bildschirm hinten hochfährt, müssen zwei kleine Holzabdeckungen abgenommen werden. Eine fiel uns prompt in den Auszugsschacht. Ärgerlich, denn bei 2640 Euro Aufpreis sollte das System komplett automatisch funktionieren. Aber wir jammern auf hohem Niveau, denn ansonsten glänzt der Carthago mit seinem aufwendig gemachten Aufbau, wirksamer Isolierung und einer ausgeklügelten Alde-Warmwasser-Zentralheizung. Viel Stauraum innen und der beheizte Doppelboden-Keller überzeugen. Auch die Autarkiewerte sind vorbildlich: 225 Liter Frisch- und 180 Liter Abwasservolumen machen unabhängig. Der Dieseltank fasst 90 Liter, eine 120-Liter-Alternative gibt's für 250 Euro. Überhaupt sind der Ausstattungsphantasie kaum Grenzen gesetzt: Unser Testmobil hat Extras für 30.000 Euro an Bord.

Der Aufbau neigt zum Klappern

So fährt er: Sicher, gut beherrschbar, nicht zu durstig, mit vorbildlich regelndem ESP (Serie) und ordentlich zupackenden Bremsen. Sitz- und Federungskomfort sind gut, doch das Fahrwerk mit der hinteren Doppelachse tendiert auf schlechten Straßen zum Stuckern. Trotz aufwendig verschraubter und zusätzlich verzapfter Möbel neigt der Aufbau dann zum Klappern. Dafür bleiben die Windgeräusche angenehm niedrig, und lange Bodenwellen bügelt der Luxusliner problemlos glatt. Man gewöhnt sich erstaunlich schnell an die Lkw-Maße, der Carthago wirkt für seine Größe geradezu handlich. Wer entspannt unterwegs sein will, sollte auf jeden Fall zur 177-PS-Topversion wie im Testmobil greifen (4390 Euro extra, 150 PS: 1780 Euro, Basis: 130 PS). Das automatisierte Sechsgang-Schaltgetriebe (2160 Euro) nervt mit teils hektischen Gangwechseln. Eine Wandlerautomatik wäre in dieser Liga angemessener.
Geld sollte tatsächlich keine Rolle mehr spielen, wenn man sich den liner-for-two als rollendes Zuhause gönnt. Leider gibt es ihn nur auf Fiat- oder Iveco-Basis. Das i-Tüpfelchen wäre ein modernes Rückgrat à la Mercedes Sprinter, VW Crafter & Co. Die betuchte Klientel würde dafür bestimmt sogar noch tiefer in die Tasche greifen. Urteil: vier von fünf Punkten.