Sieben Verkäufer, 129 Millionen Euro Umsatz

Der Traum vom Sparen beim Autokauf ist so alt wie das Auto selbst – wer fahndet nicht nach einem Schnäppchen? Internet-Surfen endet nicht selten bei "Dat Autohus", einem Händler in Bockel, am Fahrbahnrand der A1 zwischen Hamburg und Bremen.

1800 Fahrzeuge warten auf dem 55.000-Quadratmeter-Areal auf Käufer, meistens nicht sehr lange. Im Monat März wurden 1604 Kaufverträge unterschrieben, im Jahr 2004 erwirtschafteten die sieben Verkäufer einen Umsatz von 129 Millionen Euro. Zahlen, von den ein "normaler" Autoverkäufer nicht mal zu träumen wagt.

Der Kundenandrang hat einen Grund: Die Preise liegen meist unter der Händlerverkaufsnotierung von DAT oder Schwacke, das Angebot ist riesig und transparent. "Unsere Gebrauchtwagen stammen vor allem von Leasinggesellschaften und Autovermietungen, hier kaufen wir günstig in großer Stückzahl ein", erklärt Geschäftsführer Michael Tziatzios das Geheimnis der Schnäppchen. Mit "großer Stückzahl" meint er Pakete zu hundert Einheiten.

Im Eilzugtempo zum Verkauf

Wer mit einem Schlag hundert Mercedes-Benz kauft, bekommt natürlich einen guten Preis, das leuchtet uns ein. Wenn dann auch noch die Kosten knapp kalkuliert sind, kommt der Kunde zu einem billigen Auto.

Abstriche sind trotzdem erforderlich, intensive Verkaufsberatung gibt es keine. "Interessiert sich eine Familie für einen Zafira, soll sie sich bei einem Opel-Händler beraten lassen", so Tziatzios. Stefan Filip, Verkaufsleiter eines Opel-Händlers im benachbarten Zeven, findet das "höchst bedenklich": "Die Jungs erkennt man, viele Kunden gucken bei uns und kaufen in Bockel."

Vor allem am Samstag, in der Woche dominieren Händler aus dem Ausland den Platz. Gut jedes zweite Auto rollte 2004 über die Grenzen – dank der professionellen Autohus-Unterstützung im Eilzugtempo. Zollabwicklung, sofortige Haupt- und Abgasuntersuchung, Überführungskennzeichen, Exportkennzeichen alles liegt griffbereit. Überhaupt, Logistik und Tempo sind zwei wichtige Erfolgsfaktoren von "Dat Autohus".

In einer Halle rollen die Neuzugänge in Dreierreihe durch eine standardisierte Straße. Reinigung, Check eines Sachverständigen, eventuell kleine Reparaturen, Foto-Anfertigung mit fixen Kameras in einer speziellen Foto-Box – jeder Handgriff sitzt, spätestens 24 Stunden nach Anlieferung steht das Fahrzeug verkaufsbereit am Hof.

Die Suche nach dem Wunschfahrzeug

Wer die Hektik in dieser Halle spürt, verliert den Glauben an die große Wirtschaftskrise. Vier EDV-Mitarbeiter kümmern sich um die ständige Aktualisierung von www.autohus.de, die Telefonzentrale ist gut besetzt und dennoch hoffnungslos überlastet. Wobei: Telefonieren liegt den Verkäufern offensichtlich nicht im Blut, wie wir bei einem Testanruf spürten. Der Kunde soll kommen, Infos gibt es im Laden.

Der Wunsch-Wagen ist in diesem gigantischen Angebot relativ einfach zu finden, sofern man die Spielregeln kennt: Am Info-Schalter liegen kopierte Listen des Fahrzeugbestands, 72 Seiten voll mit detaillierten Hinweisen. Eine genaue Auflistung der Ausstattung, Kilometerstand, Baujahr, Preis – und eine Fahrzeugnummer.

Wer will, bekommt den Schlüssel und kann mit dem Wagen eine Probefahrt auf dem Gelände machen. Allerdings wirklich nur hier, denn das Risiko für Fahrten im Straßenverkehr ist dem Händler zu groß. Ach ja, anspringen sollte der Motor auch, was nicht immer der Fall ist. Leere Batterien gehören zum Alltag, deshalb gibt es mobile Starthilfen am Platz.

Nach zwei Monaten muß das Auto weg sein

Volker Schmidt aus Schortens stört das alles nicht, er sucht nach einem Mercedes T-Modell und kaufte bereits vor fünf Jahren hier in Bockel: "Bei meiner ersten E-Klasse habe ich im Vergleich zum Marken-Händler fast 4000 Euro gespart." Zufriedene Kunden kommen immer wieder, auch Geschäftsführer Tziatzios ist das bekannt: "Wir wollen keinen Ärger und hatten bei 11.800 verkauften Fahrzeugen im Vorjahr nur drei Prozesse."

Bei Differenzen bekommt der Kunde sein vermeintliches Recht, zumindestens wenn es "nur um ein paar hundert Euro" geht. Das ist nämlich billiger als ein endloser Schriftwechsel und erspart das Honorar für den Anwalt. Tziatzios gibt übrigens ehrlich zu, daß auch er gelegentlich Pech hat. "Wir kauften hundert Ford Focus für je 6900 Euro ein, konnten dann aber nur 5900 pro Fahrzeug erzielen." Immer noch besser, als die Fahrzeuge ewig am Hof zu haben, denn nach spätestens 60 Tagen muß der Wagen weg.

Alle zwei Wochen wird der Preis überprüft, schließlich ist man Händler und nicht Sammler. Der Erfolg gibt ihm recht – und regt eventuell andere zum Nachdenken an. Vielleicht sind wir an unserer Wirtschaftskrise selbst nicht ganz unschuldig?

Von

Nikolaus Eickmann