Aus Liebe wurde Leid. Seinen ersten Motor himmelte unser Fiat 500 frühzeitig. Wir gaben ihm eine zweite Chance – und tatsächlich zeigt sich der Ersatzmotor deutlich robuster.
Bild: Roland Kontney
Es war wie im richtigen Leben: Die Gefühle zu dem Kleinen mit dem schicken Auftritt waren wohl zu stark. Deshalb bekam Luigi, wie unser Fiat 500 im Dauertest heißt, seine zweite Chance. Kurzer Rückblick: Die erste Beziehung hatte mit einem Reinfall geendet. Schon nach 55.000 Kilometern gab sein erster Motor den Geist auf, was ihm im Dauertest ein vernichtendes Urteil einbrachte: Note 5+. "Ein Einzelfall", beteuerte Mama Fiat, doch unser Kummerkasten weiß: Wir waren nicht die Einzigen. Was lag also näher, als es nochmals miteinander zu probieren?
Elfmal musste unser Fiat 500 auf den letzten 60.000 Kilometern noch in die Werkstatt.
Nach Erreichen der 100.000 Kilometer beschlossen wir also, dass auch der neue Motor eine komplette Dauertest-Distanz absolvieren sollte. Jetzt stehen über 160.000 auf dem Tacho, und wir stellen fest: Der 1,4-Liter-Benziner braucht zwar regelmäßig seine satte Ration Öl und auf Vollgastouren über zehn Liter Super (im Testdurchschnitt 7,8 Liter), verblüfft aber zum Dauertestende sogar mit größerem Temperament als noch beim Start. "Der ging doch sonst nicht so gut", stellte Kollege Mario Puksec erstaunt fest. Stimmt, der Motor ist fit, wie unsere abschließende Untersuchung mit dem Endoskop beweist.
Kaum Verschleiß, keine Ablagerungen – Luigi hat seine zweite Chance genutzt und mit dem neuen Herzen seine Fitness bewiesen. Als erster Kleinwagen bei AUTO BILD hat er diese ungewöhnlich hohe Laufleistung erreicht, was wir natürlich im Urteil berücksichtigen müssen. Das fiel auf: Elfmal musste Luigi zwischen unserem 100.000-Kilometer-Check und der Abschlussprüfung in die Werkstatt. Da kommt man schon ins Grübeln. Dank des regelmäßigen Teiletauschs versöhnt der aktuelle Zustand uns aber wieder etwas mit dem kleinen Italiener. Tatsächlich gibt es nur wenige Negativeinträge im finalen Prüfprotokoll. Die endoskopische Untersuchung von DEKRA-Ingenieur Günther Schiele fällt überwiegend positiv aus.Er bemängelt nur geringen Kantenrostansatz an einigen Stellen. Der Motor ist okay, das Getriebe auch. Und das Problem mit dem Klimakondensator (mehr dazu in der Bildergalerie) hat Fiat erkannt und abgestellt. Das Alter konnte seiner Attraktivität nicht viel anhaben. Noch immer steht der Fiat glänzend da. Stellenweise maßen wir bis zu 0,2 Millimeter Lackdicke. Üblich sind 0,1 bis 0,13 Millimeter. Doch ein Leisetreter war Luigi nie.Lautstark fegte der Fahrtwind um das runde Dach, beim schnellen Schalten kratzte das Getriebe, und immer öfter störte ein zunehmendes Wummern. Die Ursache waren defekte Radlager. Sie mussten – bitte festhalten – insgesamt sechsmal gewechselt werden. Allein dreimal hinten rechts! Spätestens beim zweiten Mal hätte die Werkstatt prüfen müssen, ob ein beschädigter Achszapfen die Ursache war. Andere Ärgernisse jedoch gehen eindeutig auf Luigis Konto. Die summa summarum sechs defekten Glühlampen hätten sicher weniger gestört, wäre der Austausch vorn rechts nicht so eine Fummelei. Zu allem Überfluss brach dabei eine Haltenase ab, und der Scheinwerfer musste getauscht werden.
Er hat zwar vier Plätze, aber ein echter Viersitzer ist der Fiat 500 nicht – hinten wird es unterm kurzen Dach zu eng.
Es waren die kleinen Ärgernisse, die an Luigis Sympathiebonus knabberten. Einmal blieb er liegen (die Batterie war's), dann entdeckten wir, dass die Gummistopfen einer Unterbodenwäsche wohl nicht standhalten. In Schwellern und Hohlräumen hatte sich Wasser gesammelt. Noch ohne Rostbefund. Die braune Pest fanden wir dafür reichlich am Auspuffendtopf, den Fiat seit Mai 2010 bei Fahrzeugen in der Garantie austauscht. So blieb auch das zweite Leben mit dem 500 eine Achterbahn der Gefühle: hier Sympathie für den schicken Innenraum, den kernigen Auspuffsound und die schnelle Heizung, dort Ärger über unbequeme Sitze, schlechte Rundumsicht und den unhandlich großen Wendekreis. Luigi lässt uns nicht los, oder besser: wir ihn nicht. Nach 160.000 Kilometern läuft er bei unseren Service-Kollegen weiter. Sein drittes Leben hat gerade begonnen.
Fazit
von
Joachim Staat
Der zweite Motor des Fiat hat durch Temperament und Standfestigkeit überzeugt. Trotzdem kann der 500 nicht halten, was das schöne Design verspricht. Im Alltag stören Defekte, die nur teilweise mit hoher Laufleistung zu tun haben. Das macht den Italiener teuer.