Premiere im Januar, Start im Sommer 2005

Keine Tarnung mehr, keine Geheimnisse. Acht Jahre nach Erscheinen des W163 geht im Sommer 2005 der W164 an den Start, die neue M-Klasse von Mercedes-Benz. Das neue Modell verleugnet seinen Vorgänger keineswegs, ist von allen Seiten zweifellos wieder als M-Kasse zu identifizieren.

Kraftvoller wirkt der ML jetzt. Das liegt vor allem an den stark betonten Radhäusern und an sechs Zentimeter mehr Breite. Gestreckt wirkt er. Das liegt vor allem an 15 Zentimeter mehr Außenlänge bei kaum veränderter Höhe. Auf 4,79 Meter Länge und 1,90 Meter Breite wechseln Kurven und Kanten gekonnt einander ab. Die erste Sitzprobe bestätigt den optischen Auftritt: Mehr Raum auf allen Plätzen, dazu ein deutlich längerer Gepäckraum, der auch nach dem Umklappen der Rückbank völlig eben bleibt. Im Innenraum fallen die Neuerungen sofort ins Auge. Runde Instrumentenhöhlen, runde Lüftungsdüsen, harmonische Formen und Materialien, soweit das Auge reicht.

Schalthebel auf der Mittelkonsole? Fehlanzeige. Die Fahrstufen des Automatikgetriebes werden mit einem kleinen Lenkradhebel eingelegt. Ein Schaltgetriebe wird es erst gar nicht geben, für keine Motorisierung. Alles Weitere aktiviert man per Tastendruck, zum Beispiel die Geländeuntersetzung. Aber nur wenn man Aufpreis bezahlt hat.

Geländetauglichkeit hat ihren Preis

Im Gegensatz zum Vorgänger kostet die für Gelände- und Anhängerbetrieb nützliche Reduktionsstufe extra. Sie ist Bestandteil eines Offroad-Pakets. Es beinhaltet Geländeuntersetzung, Achssperren und höhenverstellbare Luftfederungg. Wer kann, verzichtet auf das Paket und beläßt es bei permanentem Allradantrieb, Zentraldifferential (vorn: hinten 50:50), Stahlfederung und Antriebsschlupfregelung durch Bremseneingriff.

Das reicht für den Winter. Wer den echten Geländewagen will, muß eben zahlen. Dann liftet die Luftfederung den Boden der selbsttragenden Karosserie auf rund 300 Millimeter Bodenfreiheit. Und auf glitschigem und welligem Boden helfen die elektronisch gesteuerten Differenzialsperren am Zentraldifferential und am Hinterachsdifferential. Luftfederung und echte Sperren – beides gab es beim Vorgänger nicht. Jetzt kann man es bestellen. Ankreuzen kann man auch bei der Motorversion. Mercedes-Benz will in Europa im Sommer mit zwei Benzin- und zwei Dieselversionen starten, alle serienmäßig mit Siebengang-Automatikgetriebe: • ML 350: 3,7-Liter-V6-Benziner mit 272 PSML 500: 5,0-Liter-V8-Benziner mit 306 PS • ML 280 CDI: 3,0-Liter-V6-Turbodiesel mit 190 PS • ML 320 CDI: 3,0-Liter-V6-Turbodiesel mit 225 PS.

Die beiden V6-Turbodiesel haben den gleichen Hubraum und unterscheiden sich nur in der Motorsteuerung voneinander. Ein halbes Jahr später kommt der ML 400 CDI mit 299 PS starkem V8-Turbodiesel. Erst für Ende 2006 ist eine AMG-Version mit über 400 PS starkem 5,5-Liter-V8 eingeplant.

Alle CDI bekommen Rußfilter

Alle CDI haben von Anfang an Rußfilter im Auspuff. Das ist auch der Grund, warum alle ML-Versionen sichtbare Auspuffendrohre haben. Eines links, eines rechts, ganz selbstbewußt, auch die Diesel. Mercedes geht davon aus, daß wegen des serienmäßigen Partikelfilters das Einnebeln der Heckpartie der Vergangenheit angehört.

Auch die Karosseriekonstruktion zeigt Neues gegenüber dem Vorgänger. Das klassische Prinzip des separaten Leiterrahmens mit aufgeschraubter Karosserie hat ausgedient. Die neue M-Klasse kommt mit einer selbsttragenden Karosserie und kräftigen Blechunterzügen. Damit erreicht man gute Crashtestergebnisse und spart Bauhöhe. Trotz vergrößerter Bodenfreiheit und gleichgebliebener Innenraumhöhe konnte dadurch die Gesamthöhe um ein paar Zentimeter reduziert werden.

Viel Wert hat Mercedes auf praktische Details im Innenraum gelegt. Zwar ist die Rücksitzbank nicht mehr in der Länge verschiebbar, jetzt aber wesentlich einfacher umzuklappen. Die hinteren Kopfstützen müssen dabei nun nicht mehr demontiert werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Entwickler war das Fahrzeuggewicht. Die Negativbeispiele zu schwerer Wagen in der Klasse sind VW Touareg und der neue Land Rover Discovery mit gemessenen 2625 Kilo Leergewicht. Diesen Trend will Mercedes stoppen.

Genauso schwer wie der Vorgänger

Die neue M-Klasse soll nicht mehr wiegen als ein gleich ausgestatteter Vorgänger. Chefentwickler Dr. Merker spricht von "weniger als 2300 Kilo" für die Modelle mit V6-CDI-Turbodiesel. Die Aufpreisliste wird – typisch für Mercedes – viele Möglichkeiten zum Geldausgeben bieten. Kratzfester Nanolack, Kurvenscheinwerfer, ein radargestützter Tempomat und das Crashfrüherkennungssystem Presafe gehören zu den Sonderausstattungen. Und die Basis-Preise? Ausstattungsbereinigt soll der neue ML nicht teurer werden. Man darf mit 45.000 Euro für den günstigsten Diesel rechnen.

Drei aus einer Fabrik Vorerst 160.000 Einheiten kann das erweiterte Mercedes-Werk in Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama produzieren. Dort wird die neue M-Klasse gebaut. Und zwar nur dort, weltweit für alle Märkte. Eine Parallelfertigung im österreichischen Graz bei Magna-Steyr wie bei der bisherigen M-Klasse wird es bei der neuen nicht mehr geben. Auch die ebenso neue R-Klasse kommt aus dem US-Werk. Der Buchstabe R steht für einen Luxus-Allradler, der nicht so geländetauglich sein will wie die M-Klasse. Dafür noch geräumiger und komfortabler.

Die R-Klasse ist noch einmal 13 Zentimeter länger als der neue ML, erstreckt sich somit auf 4,92 Meter. Und es wird noch eine 23 Zentimeter verlängerte Langversion geben. Ebenfalls auf M/R-Klasse-Technik vertraut die künftige G-Klasse. Sie kommt ab 2006 ebenfalls aus dem USA-Werk. Lange Bodengruppe und Motoren stammen von der R-Klasse, die Luftfederung soll 310 Millimeter Bodenfreiheit ermöglichen. Einen G mit kurzem Radstand wird es nicht mehr geben. Aber über einen Pickup auf G-Basis denkt Mercedes nach.

Interview mit dem Chefentwickler

Thomas Merker, Chefentwickler der M-Klasse, im Gespräch mit AUTO BILD ALLES ALLRAD: über Versionen, Termine und Lieferzeiten.

Müssen die deutschen Kunden wieder mit Lieferzeiten von bis zu zwei Jahren für eine Diesel-M-Klasse rechnen wie zum Start der bisherigen M-Klasse? Obwohl wir für alle Motorvarianten eine hohe Nachfrage erwarten, gehen wir von solchen Lieferzeiten nicht aus. Das für mehrere Baureihen ausgebaute Werk in Tuscaloosa ermöglicht Gesamtstückzahlen von mehr als 160.000 Einheiten pro Jahr. Durch zusätzliche Flexibilität in den Produktionsprozessen kann eine schnelle Reaktion auf die Markterfordernisse sichergestellt werden.

Warum wird Ihrer Meinung nach die neue M-Klasse besser als die Konkurrenten sein? Die neue M-Klasse wird im Bereich Fahrkomfort und Fahrdynamik ein hervorragendes Niveau erreichen – nach unserem Verständnis die Kernaufgabe eines Mercedes. Trotz aller Dynamik wird die Geländetauglichkeit noch besser sein als beim Vorgänger. Und wir werden bei der Wertanmutung und Optik des Interieurs eine Spitzenstellung einnehmen.