Meisterhafte Entscheidung im Hause Renault

Ohne Frage, Fernando Alonso ist die Neuentdeckung des Jahres. Wie der mit dem Renault-Team zu einer Symbiose verschmolzen ist, an Vergleichbares kann ich mich jedenfalls nicht erinnern. Um heute Formel-1-Weltmeister zu werden, brauchst du neben deinem überdurchschnittlichen Speed – ohne den könntest du gleich zu Hause bleiben – ungeheure Liebe zum Detail. Mit der du gemeinsam mit deinen Ingenieuren, die dir vertrauen und die du motivierst, dein Auto immer schneller machst.

Und das war weder für Alonso noch für Renault so einfach, wie es von außen aussah. Denn: Zunächst hatten sie nur das: a) den Speed von Alonso und b) ein schnelles Auto mit starkem Motor von Renault und starken Reifen von Michelin. So haben sie die ersten Rennen gewonnen und dann eine von beiden Seiten meisterhafte Entscheidung getroffen. Nämlich auf Halten des großen Punktevorsprungs zu fahren. Dazu brauchst du einen hochintelligenten wie disziplinierten Mann am Steuer mit dem Mut zum risikolosen Zurückstecken. Der das Auto schont und keinen Ausfall provoziert.

Nicht zuletzt damit haben Alonso und Renault McLaren-Mercedes nach dem ersten Saisondrittel gezwungen, das Tempo zu erhöhen, um den Rückstand aufzuholen. Renault blieb standfest, Alonso punktete optimal, und McLaren-Mercedes machte beim Pushen Fehler. Auf Fahrer- wie auf Technikseite – und da vor allem beim Motor.

Ich halte Kimi Räikkönen vom persönlichen Speed her gleichwertig mit Alonso. Doch auch wenn er wegen seines großen Punkterückstands das ganze Jahr über voll attackieren mußte, bezweifle ich, ob Räikkönen im richtigen Moment ebenso materialschonend zu Werke gehen kann wie Alonso. Das ist von außen betrachtet natürlich eine gewagte These, und ich lasse mich gern von Kimi im nächsten Jahr eines Besseren belehren.

Materialunterschied Ferraris viel zu groß

Beim Endspurt um Fahrer- und Konstrukteurstitel hat Renault dann noch einmal technisch nachgelegt, wie ich das in einer WM-Schlußphase noch nicht gesehen habe. Da muß ich meinem Freund Flavio Briatore, dem Teamchef, ein großes Kompliment machen. Das war strategisch wirklich clever. Michael Schumacher, hinter Alonso und Räikkönen ja noch WM-Dritter, will ich in diesem aktuellen Vergleich der F1-Spitze ausklammern. Dazu war der Materialunterschied Ferraris einfach viel zu groß.

Was Albers mit Michael in Shanghai gemacht hat, war ja der allergrößte Wahnsinn. Die Runde zum Vorstart ist dazu da, um langsam in die Startaufstellung zu fahren und dabei das Auto durchzuchecken. Da kann ich verstehen, daß Michael beim Spurwechsel nicht damit gerechnet hat, daß da einer dermaßen verrückt volle Pulle von hinten angeflogen kommt. Michaels Dreher hinterm Safetycar hat mich, wie Sie sicher auch, echt erschreckt. So etwas völlig Unnötiges darf ihm nicht passieren. Aber: Beim letzten Rennen dieser total verkorksten Saison war er wohl etwas zu unkonzentriert.

2006 wird für Schumi auch schwer. Denn Renault und McLaren-Mercedes haben die bessere Basis zum Bau eines neuen Autos als Ferrari. Entscheidend wird außerdem sein: Wer konstruiert den besten V8-Motor, der ab nächstes Jahr Vorschrift ist? Wer da die gescheiteste Lösung findet, hat schnell 40 bis 50 PS mehr. Und das holen die anderen frühestens im Jahr drauf oder noch später auf. Machen Sie's gut, liebe ABM-Leser! Bis nächste Saison genau hier.