Etwas nachdenklich wirkte Jamie Green nach seinem Sieg beim Saisonfinale in Hockenheim schon. Mit insgesamt vier Erfolgen in der Saison 2015 holte der Brite mit Abstand die meisten Siege aller Piloten. Greens vierter Streich am Sonntag spülte ihn in der Gesamtwertung sogar noch auf Platz zwei vor. 19 Punkte fehlten ihm schlussendlich nur auf Champion Pascal Wehrlein. "Es ist schon schade", gab Green unumwoben seine Enttäuschung mit Blick auf das finale Klassement zu. 25 Punkte erhält der Sieger in der DTM, was den Briten dazu veranlasste nachzurechnen: "In Spielberg hat auf Platz eins liegend mein Getriebe nicht mehr funktioniert. Das hat uns viel gekostet, denn diese 25 Zähler fehlen uns nun."
DTM-Saison 2015: Der Endstand im Überblick

Reines Audi-Podium beim Finale

Green
Jamie Green feierte am Sonntag in Hockenheim seinen vierten Sieg 2015 und den Titel als Vizemeister
Das Aus in Österreich war aber bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, bei der Green seine Position im Titelkampf hätte stärken können. In Zandvoort kreiselte er beispielsweise ins Kiesbett und "auf dem Nürburgring gab es schon am Start ein Problem mit den Bremsen." Neunmal machte Green bei 18 Rennen in dieser Saison gar keine Punkte - die Konstanz war am Ende also ausschlaggebend. Am Ende fand der Vizemeister, der auch die meisten Pole-Positions und schnellsten Rennrundenden 2015 verbuchte, dann doch noch versöhnliche Worte: "Trotz allem war die Performance dieses Jahr stark und es war auch heute wieder ein Vergnügen, den Audi zu fahren." Den letzten Satz würden am Sonntag sicher auch Greens Audi-Kollegen Mattias Ekström und Edoardo Mortara unterschrieben, die sich beim Finale hinter dem Briten auf dem Podium einreihten.Trotz des dreifachen Audi-Erfolges gab es beim Blick auf die drei Titel in der DTM Kurioses zu bestaunen. Mit 10 Siegen im Jahr 2015 holte Audi mehr Einzelerfolge als die anderen beiden Marken zusammen - einen Titel konnten die Ingolstädter aber trotzdem nicht erlangen. Während Wehrlein bei den Fahrern abräumte und sich auch sein HWA-Rennstall am Ende als bestes Team feiern lassen durfte, schnappte BMW (602 Punkte) der Konkurrenz aus Bayern die Herstellerwertung vor der Nase weg. Daran änderte auch die einmal mehr dominante Performance Audis in Hockenheim nichts, denn die Münchner brachten am Sonntag immerhin vier Fahrzeuge in die Top-10 - genug, um sich den Markentitel vor Audi (595) und Mercedes (534) zu krallen.

Wehrlein rempelt und feiert

Wehrlein
Jubel beim neuen Meister: Einen Tag nach der Krönung durfte sich Pascal Wehrlein seinen Pokal abholen
Hinter dem Top-Trio auf dem Podium holten beim Finale auch Paul di Resta (Mercedes), Timo Scheider (Audi), die BMW-Fahrer Antonio Felix da Costa, Maxime Martin und Bruno Spengler sowie Pole-Mann Gary Paffett (Mercedes) und Martin Tomczyk (BMW) noch einmal Punkte. Der neue DTM-Champion Wehrlein fiel im letzten Lauf des Jahres nur durch seine aggressive Herangehensweise auf. Der Schwabe war von Rang 17 gestartet und hatte sich zur Mitte des Rennens ein hartes Duell mit Nico Müller (Audi) geliefert, in dem Wehrlein oftmals mit nicht legitimen Mitteln zu Werke ging und sowohl sein eigenes Auto als auch das seines Konkurrenten beschädigte. Am Ende wurde Wehrlein so nur 20. - seinen 21. Geburtstag feierte er am Sonntag aber trotzdem ausgelassen, genauso wie den bereits tags zuvor errungenen Meistertitel, der ihn zum jüngsten DTM-Champion der Geschichte macht.

Ergebnis - Sonntags-Rennen Hockenheim:

1. Jamie Green (Großbritannien) Audi Team Rosberg 1:02:02,198 Stunden
2. Mattias Ekström (Schweden) Audi Team Abt Sportsline +01,351 Sekunden zurück
3. Edoardo Mortara (Italien) Audi Team Abt +18,914
4. Paul di Resta (Großbritannien) AMG Mercedes +28,694
5. Timo Scheider (Braubach) Audi Team Phoenix +30,581
6. Maxime Martin (Belgien) BMW Team RMG +38,003
7. Antonio Felix da Costa (Portugal) BMW M4 DTM +39,190
8. Bruno Spengler (Kanada) BMW Team MTEK +39,761
9. Gary Paffett (Großbritannien) Mercedes ART Grand Prix +40,197
10. Martin Tomczyk (Rosenheim) BMW Team Schnitzer +47,682
11. Miguel Molina (Spanien) Audi Team Abt Sportsline +49,554
12. Daniel Juncadella (Spanien) Mercedes Mücke Motorsport +55,955
13. Maximilian Götz (Uffenheim) Mercedes Mücke Motorsport +01:00,941 Min. zurück
14. Augusto Farfus (Brasilien) BMW Team RBM +01:04,344
15. Mike Rockenfeller (Neuwied) Audi Team Phoenix +01:07,538
16. Nico Müller (Schweiz) Audi Team Rosberg +01:15,417
17. Tom Blomqvist (Großbritannien) BMW Team RBM + 01:19,406
18. Robert Wickens (Kanada) Mercedes HWA +01:21,170
19. Lucas Auer (Österreich) Mercedes ART Grand Prix +01:23,359
20. Pascal Wehrlein (Worndorf) Mercedes HWA +01:31,948
21. Timo Glock (Wersau) BMW Team MTEK +01:54,400
Ausgeschieden: Christian Vietoris (Gönnersdorf) Mercedes HWA, Adrien Tambay (Frankreich) Audi Team Abt, Marco Wittmann (Markt Erlbach) BMW Team RMG

Das Qualifying am Sonntag

Gary Paffett startet von Position eins aus in den 18. und letzten Saisonlauf der DTM. Der britische Mercedes-Pilot sicherte sich mit einer Umlaufzeit von 1:32.645 Minuten die Pole-Position für das Finale auf dem Hockenheimring. Paffetts Landsmann Jamie Green kam im Audi auf Position zwei, mit 38 Tausendsteln Rückstand auf den Erstplatzierten. Dritter wurde Mattias Ekström. Der Audi-Pilot, dem ein neunter Platz im Samstagssprint nicht reichte, um seine Meisterschaftschancen bis zum letzten Saisonlauf aufrecht zu erhalten, startet neben Markenkollege Miguel Molina aus der zweiten Startreihe. Wenn sich Paffett am Sonntag (15.15 Uhr/ARD) also auf die Jagd nach seinem 21. DTM-Sieg macht, hat er drei Audis im Nacken.
Paffett
Gary Paffett zeigte im Qualifying für das zweite Rennen über eine Stunde am Sonntag die beste Leistung
Zuletzt konnte Paffett 2013 in der Lausitz gewinnen. Nach seiner elften Pole in der DTM hat er nun die besten Karten für einen neuerlichen Erfolg. „Von vorne zu starten macht es definitiv einfacher als in der Mitte loszufahren“, sagte Paffett, der am Samstag nach einem Feindkontakt noch ausgefallen war. Trotz seiner Bestzeit warnte er aber vor überschwänglicher Freude. „Es ist erst der erste Teil des Jobs getan“, mahnte Paffett. Landsmann Green, der bereits am Vortag auf Platz zwei fuhr, kündigte gleichzeitig an, am Sonntag eine Stufe weiter oben auf dem Podest stehen zu wollen. „Mein Ziel ist es zu gewinnen. Gestern lief es schon gut, aber heute bin ich hoffentlich noch einen Platz besser“, so Green.
Bester BMW-Pilot war auf Startplatz fünf Maxime Martin. Der Pole-Setter vom Samstag wurde im ersten Rennen des Wochenendes Dritter. Neben ihm startet etwas überraschend Adrien Tambay aus der dritten Reihe. Der nach Punkten dieses Jahr mit Abstand schwächste Audi-Pilot steht vor dem Finale unter Druck und kämpft um seine Zukunft bei den Ingolstädtern. Seine beiden Markenkollegen Nico Müller und Timo Scheider, der Sieger vom Samstag, starten in Reihe vier. Komplettiert wurden die Top-10 durch Maximilian Götz (Mercedes) und Augusto Farfus (BMW). Neu-Meister Pascal Wehrlein kam an seinem 21. Geburtstag und nur einen Tag nach seinem vorzeitigen Titelgewinn nicht über den 17. Startplatz für das finale Rennen hinaus.

Das Rennen am Samstag

Als sich der Rauch nach seinen Freuden-Donuts vor der Mercedes-Tribüne in Hockenheim lichtete, stand es fest: Pascal Wehrlein hat sich einen Tag vor seinem 21. Geburtstag das größte Geschenk selbst gemacht und sich in einem hart umkämpften Rennen schon vor dem Saisonfinale am Sonntag den ersten DTM-Titel seiner Karriere gesichert. Der Mercedes-Fahrer kam auf dem Hockenheimring im Samstags-Sprint zwar nur auf Rang acht ins Ziel. Dank nun 40 Punkten Vorsprung vor Mattias Ekström kann er aber nicht mehr von Platz eins der Gesamtwertung verdrängt werden. „Danke für das beste Jahr. Danke”, rief Wehrlein im Boxenfunk. Im Ziel angekommen, fügte der jüngste DTM-Meister aller Zeiten hinzu: „Jetzt fällt der ganze Druck ab. Wir haben es geschafft. Einfach Hammer!”
Podium
Erfolgreiches Trio: Jamie Green, Sieger Timo Scheider und Maxime Martin (v.l.n.r.) fuhren auf das Podest
Wehrleins Verfolger Edoardo Mortara und Ekström patzten in ihren Audis indes erst in der Qualifikation und dann auch noch am Start - und waren schließlich in einem Rennen mit zahlreichen Rempeleien in Unfälle verwickelt. Während Ekström von Mercedes-Pilot Robert Wickens umgedreht wurde, krachte Mortara in den BMW von Timo Glock. Einziger Trost für den Autobauer aus Ingolstadt: Timo Scheider holte vor seinem Audi-Kollegen Jamie Green seinen ersten Sieg seit fast fünf Jahren. „Das tut gut nach einer Katastrophen-Saison”, sagte Scheider. Dritter wurde Maxime Martin im BMW, bester Mercedes-Fahrer war Paul di Resta auf Platz vier im Samstags-Rennen ohne Boxenstopp.

Vorentscheidung am Start

Mit 165 Punkten steig Wehrlein vor dem Rennen als Gesamtführender ins Auto und hatte damit 37 Zähler mehr als Mortara und 38 Zähler mehr als Ekström. In der Quali aber wurde Wehrlein nur 13. - sein viertschlechtestes Resultat dieser Saison. Der notwendige dritte Platz, um den Titel aus eigener Kraft perfekt zu machen, war für Wehrlein somit extrem schwer zu erreichen, doch alle Meisterschaftskandidaten erwischten einen schlechten Start. Nach einer Runde war Wehrlein nur noch 16., Ekström fiel gar auf Platz 18 zurück und Mortara musste nach einem Kontakt mit Markenkollege Miguel Molina früh an die Box. In der Folge lieferte sich Wehrlein ein hartes Tür-an-Tür-Duell mit BMW-Mann Martin Tomczyk, Ekström bekam schließlich einen Stoß von Robert Wickens und drehte sich von der Strecke.„Da habe ich keinerlei Verständnis für”, beschwerte sich Audis DTM-Chef Dieter Gass in der ARD über die Aktion, für die Mercedes-Fahrer Wickens eine Durchfahrtsstrafe kassierte. Nach einer Saison voller Pleiten mit dem Funk-Skandal von Spielberg als unrühmlichem Höhepunkt gelang für Audi immerhin Scheider in Hockenheim ein sportliches Ausrufezeichen. Als Zweiter der Qualifikation schnappte sich der zweimalige DTM-Champion Pole-Setter Martin schon in Runde zwei und brachte danach seinen ersten Sieg seit fast fünf Jahren ungefährdet ins Ziel. Der Frust bei Audi saß ob des verpassten Titels trotzdem tief: Mortara gab vorzeitig auf, Ekström wurde nur Neunter - Wehrlein durfte am Schluss sogar noch Markenkollege Maximilian Götz überholen, der Titel war ihm da aber schon längst nicht mehr zu nehmen.

Ergebnis - Samstags-Sprint Hockenheim:

1. Timo Scheider (Braubach) Audi Team Phoenix 42:27,725 Stunden
2. Jamie Green (Großbritannien) Audi Team Rosberg +02,875 Sekunden zurück
3. Maxime Martin (Belgien) BMW Team RMG +03,756
4. Paul di Resta (Großbritannien) AMG Mercedes +04,865
5. Mike Rockenfeller (Neuwied) Audi Team Phoenix +11,708
6. Marco Wittmann (Markt Erlbach) BMW Team RMG +15,768
7. Tom Blomqvist (Großbritannien) BMW Team RBM +16,972
8. Pascal Wehrlein (Worndorf) Mercedes HWA +22,34
9. Mattias Ekström (Schweden) Audi Team Abt Sportsline +23,719
10. Maximilian Götz (Uffenheim) Mercedes Mücke Motorsport +24,137
11. Antonio Felix (Portugal) BMW M4 DTM +25,405
12. Christian Vietoris (Gönnersdorf) Mercedes HWA +25,597
13. Daniel Juncadella (Spanien) Mercedes Mücke Motorsport +26,780
14. Miguel Molina (Spanien) Audi Team Abt Sportsline +31,566
15. Nico Müller (Schweiz) Audi Team Rosberg +32,108
16. Martin Tomczyk (Rosenheim) BMW Team Schnitzer +41,299
17. Lucas Auer (Österreich) Mercedes ART Grand Prix +43,679
18. Timo Glock (Wersau) BMW Team MTEK +2 Runden
19. Bruno Spengler (Kanada) BMW Team MTEK +6 Runden
Ausgeschieden: Gary Paffett (Großbritannien) Mercedes ART Grand Prix, Robert Wickens (Kanada) Mercedes HWA, Edoardo Mortara (Italien) Audi Team Abt, Adrien Tambay (Frankreich) Audi Team Abt, Augusto Farfus (Brasilien) BMW Team RBM

Das Qualifying am Samstag

In den Kampf um die Plätze in der ersten Reihe einzugreifen, das schaffte im Qualifying für den ersten von zwei Finalläufen der DTM in Hockenheim keiner der vier noch verbliebenen Titelaspiranten. Die beste Ausgangslage für Rennen Nummer eins am Samstag (13.30 Uhr/ARD) sicherte sich von den Meisterschaftsanwärtern Mattias Ekström im Audi. Der Schwede wurde im Qualifying Siebter und startet damit zwei Positionen vor seinem Markenkollegen Edoardo Mortara. Das Audi-Duo hat 38, respektive 37 Punkte Rückstand auf Meisterschaftsleader Pascal Wehrlein. Der Mercedes-Pilot konnte im Zeittraining jedoch nur die 13. Position erreichen.
Martin
Feuer und Flamme: Maxime Martin schnappte sich für BMW am Samstag die Pole-Position
„Es ist ärgerlich. Mir fehlen nur zwei Zehntel zu Platz eins, aber die Zeitabstände waren heute sehr eng“, erklärte Wehrlein nach dem Qualifying. „Zwar haben wir das Auto im Vergleich zum Training verbessert, aber scheinbar noch nicht genug“, so der Deutsche, der hoffte: „Ich brauche jetzt einen guten Start und einen guten Long-Run – dann kann ich von 13 aus aber definitiv in die Punkte fahren.“ Durch die besseren Platzierungen für seine beiden Audi-Konkurrenten wächst der Druck auf den Mercedes-Piloten, einen Tag vor seinem 21. Geburtstag.

Pole-Position für Martin

Keine Sorgen mehr machen braucht sich Wehrlein hingegen um den vierten Fahrer mit Meisterschaftsambitionen. Bruno Spengler besitzt im Titelrennen zwar noch Außenseiterchancen, nach Platz 18 im Qualifying sind diese aber weiter geschmolzen. Die Pole-Position für den ersten Lauf holte unterdessen ein anderer BMW: Maxime Martin war am Ende mit einer Zeit von 1:32.637 Minuten 74 Tausendstel schneller als Timo Scheider im Audi. „Ich habe uns nicht so stark erwartet, hatte aber eine super Runde ohne Verkehr. Das war der Schlüssel“, jubelte Martin.
Hinter dem Top-Duo gehen Miguel Molina (Audi), Paul di Resta (Mercedes), Jamie Green und Mike Rockenfeller (beide Audi) ins Rennen, ehe bereits Ekström lauert. „Es war sehr knapp heute. Ich habe alles gegeben, aber mehr war leider nicht drin“, bekannte der Schwede nach dem Qualifying. Mit all seiner Erfahrung will der zweifache DTM-Meister nun den Abstand auf Wehrlein verkürzen. „Ich hoffe, dass wir für das Rennen jetzt noch ein bisschen mehr Leistung finden können“, sagte Ekström.

Von

Frederik Hackbarth