Herr Glock, Sie sind als ehemaliger F1-Pilot in vielen Umfragen der beliebteste DTM-Fahrer. Sind so viele Fans eher Ansporn oder Druck?
Timo Glock: Das ist kein Druck, sondern eine Bestätigung dafür, dass man anscheinend mit den Dingen, die man gesagt hat oder wie man sich verhält auf positives Feedback stößt. Mich freut das natürlich.
DTM vor dem Auftakt: Saisonstart 2016 in Hockenheim
Bisher lief ihre DTM-Karriere durchwachsen. Was können Sie machen, dass Sie die Fans 2016 wieder richtig jubeln lassen können?
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In seinem Element: Glock mit dem Yellow Beast
Am Anfang habe ich mich auch gefragt, wieso sich in der DTM alle so schwer tun. Am Ende ist es doch auch nur ein Rennauto wie jedes andere, aber irgendwie musste ich über die Jahre feststellen, dass die DTM doch sehr speziell ist. Es ist nicht einfach, da immer konstant vorne dabei zu sein. Die Leistungsdichte ist einfach extrem hoch und das Reglement lässt den Herstellern auch nicht viel Spielraum ein Überauto zu bauen. Selbst als Audi 2015 so stark war haben sie es nicht geschafft eine Meisterschaft einzufahren. Das zeigt, wie schwierig und eng umkämpft die DTM ist. So ist es auch für uns Fahrer. Da gibt es Wochenenden, wo du dich am Kopf kratzt und nicht weißt, wieso gar nichts geht. Und dann gibt’s wieder Rennwochenenden, wo du vorne dabei bist, aber gar keine Ahnung hast, warum. Ich muss einfach konstanter sein und einen Schritt nach vorne machen.
Woran haperte es bislang konkret bei Ihnen?
Ich habe immer mal wieder einen Ausreißer dabei, wo ich vorne dabei bin und das auch nach Hause fahren kann. Aber es gab viele Rennwochenenden, an denen es im Qualifying nicht gepasst hat. Da hat mir dann einfach der Reifen nicht die Sicherheit gegeben, die ich gebraucht hätte. In meinen Augen – und das Gefühl hatten auch andere Fahrer – gab es zwischen den Reifensätzen auch Unterschiede. Wenn alles so eng beisammen ist, dann kommt es auf solche Kleinigkeiten an.
War der Schritt in die DTM trotzdem richtig?
Auf jeden Fall. Es gab wenig Alternativen. Langstrecke hat mich noch nicht so gereizt. Bleiben noch die Tourenwagen und wenn man sich da umsieht, dann gibt es in Europa nur eine Serie, die für mich in Frage kommt und das ist die DTM.
Ist die DTM fahrerisch im Vergleich zur Formel 1 sogar die anspruchsvollere Serie?
Glock
Hat gut lachen: Timo Glock ist happy in der DTM
In der Formel-1 haben halt Topfahrer wie Jenson Button oder Fernando Alonso ein Auto, womit sie nichts ausrichten können, weil es nicht gut genug ist. So war das ja auch bei Sebastian Vettel 2014, als er bei Red Bull kein siegfähiges Auto hatte. Man sieht, dass da auch die Topfahrer auf das Material angewiesen sind. In der DTM ist das nicht so. Die Leistungsdichte ist dort so groß, dass jeder immer die Chance hat ein Rennen zu gewinnen.  Das macht es in diesem Punkt schwieriger als die Formel 1.
Auch andere F1-Stars wie Mika Häkkinen, Jean Alesi oder Heinz-Harald Frentzen taten sich in der DTM schwer. Warum? Braucht es da einen ganz anderen Fahrstil?
Vom Fahren her ist die DTM was ganz anderes. Man ertappt sich immer wieder dabei, dass man zu hart mit dem DTM-Auto umgeht. Man muss immer im Hinterkopf behalten: Das Auto ist doppelt so schwer, hat weniger PS und härtere Reifen. Das heißt: Jeder kleinste Fehler wird extrem bestraft. Man muss mit dem Auto ganz feinfühlig umgehen. Das ist das Schwierige. Man kann nicht mehr so in die Ecken reinbremsen wie mit einem Formel 1. Man muss das Auto viel mehr rollen lassen. Wenn man die Geschwindigkeit vom Formel 1 gewöhnt ist, dann denkt man sich, das kann doch nicht sein, dass ich da schon so früh bremsen muss. Die Umstellung macht es den F1-Fahrern schwer. Aber ich lerne mit jedem Kilometer, den ich im Auto verbringe.Sie haben aber auch schon zwei DTM-Rennen gewonnen. Lag das nur an der Streckencharakteristik oder was haben Sie da besser gemacht?
Ich kann’s wirklich nicht erklären. 2013 in Hockenheim war es nass, das liegt mir und dem Auto sehr gut. 2015 in Oschersleben haben wir eine Kleinigkeit am Auto verändert, was streckenspezifisch ein Vorteil war. Aber genauer kann ich es selber nicht erklären. In der GP2 oder der Formel 1 wusste ich immer, was mich am Wochenende erwartet und wo ich stehe. Das ist in der DTM nicht so.
Die DTM hat sich gewandelt – etwa mit dem neuen Wochenendformat. Wie bewerten Sie das und was sollte sich noch ändern?
Der Formatwechsel mit zwei Rennen am Wochenende war auf jeden Fall der richtige Weg, auch für die Fans. Das hat mir auch mehr Spaß gemacht, weil wir einfach deutlich mehr Rennaction hatten. Mich würde es freuen, wenn wir ein oder zwei Rennen mehr im Jahr hätten. Gerade die Winterpause ist etwas lang, wo man doch etwas einrostet. Auch die Reifen müssten etwas weicher sein. Das haben wir Fahrer ja gefordert, wurden da aber leider nicht gehört.
Sie hatten mit Mathias Ekström ein hartes Duell, das mit einer Kollision endete. Auch so wird in der DTM hart gefahren. Zu hart?
BMW
Als Ex-F1-Pilot ist Glock für viele BMWs Aushängeschild
Nein, das macht ja den Tourenwagensport aus. Da gibt es Berührungen und Action, das wollen die Fans ja am Ende auch sehen. Auch Emotionen gehören im Sport dazu, sonst wäre es langweilig. Tourenwagensport ist immer Kontaktsport und mal geht es gut und mal eben nicht. Irgendwann macht jeder einmal einen Fehler, vertut sich und räumt einen ab. Da muss man sich als Formel-Pilot auch erst einmal gewöhnen, dass es überall rumpelt und man trotzdem weiterfahren kann.
Konkret: Was sind Ihre Ziele für die Saison 2016?
Ich habe gelernt, sich in der DTM vor der Saison keine konkreten Ziele zu stecken. Wenn ich als Gesamt-15. sage, ich will die Meisterschaft gewinnen, dann wäre das zu hochgegriffen. Aber ich will einen Schritt nach vorne machen und konstanter werden. Wir versuchen in der Fahrermeisterschaft in die Top-10 zu kommen.
Noch eine private Frage: Sie posten als stolzer Vater fleißig Bilder von ihrem Sohn Mika. Würden Sie es auch begrüßen, wenn er wie derzeit so viele Sprösslinge auch, in Ihre Fußstapfen tritt?
Ich wünsche mir, dass er das macht, woran er Spaß hat. Ob das am Lenkrad drehen ist, oder ob das Tennis spielen oder Skifahren ist oder was auch immer. Er soll das machen, wozu er Lust hat und dabei unterstütze ich ihn.

Von

Michael Zeitler