Fernost-Dickschiff mit italienischem Design

Die Chinesen haben das Papier erfunden, das Porzellan, das Schwarzpulver und den Kompaß. Das Auto aber ganz bestimmt nicht – das waren die Deutschen. Und mögen inzwischen die im Reich der Mitte gebauten Flachbildschirme, Computer und DVD-Recorder auch den Weltmarkt überschwemmen, die dort gebauten Autos blieben lieber zu Hause.

Bisher. Denn jetzt ist es soweit, viel schneller, als wir gedacht haben: Das erste chinesische Auto kommt zu uns. Auf der AMI-Messe in Leipzig wurde ausgerechnet am 1. April der Brilliance Zhonghua vorgestellt. "Das ist kein Aprilscherz", sagt Chi Ye, der Vize-Präsident von Brilliance, "wir meinen das wirklich ernst." Und alle, die jetzt gerade müde lächeln, sollten das lieber auch. Der Zhonghua – ausgesprochen Schong Hua, übersetzt heißt das schlicht "China" – ist ein stattliches Auto, 4,88 Meter lang und 1,80 Meter breit – etwa die Größe der E-Klasse von Mercedes-Benz.

Mit einem schmucken Grill im Lancia-Stil, modernen Scheinwerfern, einer wuchtigen Seitenlinie und einem recht eleganten Heck. Alles stimmig, ohne Formfehler. Kein Wunder, sondern das Werk des italienischen Designers Giugiuaro. Die Türen schließen mit erstaunlich sattem Klang, auch am Cockpit wirkt nichts billig oder unbeholfen – kaum zu glauben.

Viel Platz für Mitfahrer und Gepäck

Die endgültige Ausstattung ist noch nicht gestgelegt, das Testauto war ein Vorserienmodell, hatte CD-Radio, Klima, Zentralverriegelung und elektrische Fensterheber. Aber zum Beispiel hinten keine verstellbaren Kopfstützen. ABS ist Serie, ESP ebenso wie Seitenairbags (noch) nicht lieferbar. Es gibt reichlich Platz. Im Fond müssen wegen des eingezogenen Dachs große Leute den Kopf aber einziehen. Die Sitze sind nicht unbequem, die Auflage jedoch für Europäer zu kurz. Der Kofferraum schluckt gewaltige 550 Liter.

Die Verarbeitung schwankt zwischen überraschend gut – mit einem aufgeräumten Motorraum, sauber verlegten Kabeln und aufwendigen Scharnieren an der Heckklappe. Es gibt aber auch genügend Punkte, die ich unter "da müssen die noch mal ran" notiert habe. So ragt dort eine Schraube aberwitzig hervor, da schimmern Kunststoffe in seltsamen Farben oder klaffen unregelmäßige Fugen.

Die Motoren bauen auf aktuellen Mitsubishi-Triebwerken auf. Zum Start gibt es zwei: einen Zweiliter mit 130 PS und einen 2,4-Liter mit 136 PS. Ein 1,8-Liter-Turbo mit 150 PS folgt später. Der bei der ersten Testfahrt gefahrene Zweiliter ist ein friedlicher Geselle, bis zu mittleren Touren laufruhig und leise. Auf der Autobahn dann aber zunehmend zäh und lauter. Seine 130 PS sind für den knapp 1,5 Tonnen schweren Zhonghua bestimmt nicht zuviel, die Chinesen versprechen eine Spitze von 190 km/h und 13,8 Sekunden für den Sprint von null auf 100.

Lieferung ab ca. 15.000 Euro

Das Fahrwerk wurde spürbar auf Komfort ausgelegt. Die Abstimmung ist schwammig-amerikanisch. Zusammen mit der zähen Lenkung und der kratzigen Schaltung zeichnet sich das Bild einer behäbigen, aber gemütlichen Limousine. Für weniger als 20.000 Euro könnte man so etwas sicher in Kauf nehmen. Soviel soll die Topausstattung kosten – mit Leder, Klimaautomatik, CD-Wechsler und mehr.

Rechnet man das alles heraus, bleiben nicht viel mehr als 15.000 Euro für die Basis. Absolute Hammer-Preise, das ist klar. Sie wollen einen Zhonghua kaufen? Nicht so einfach. Das Auto wird derzeit von der Firma Euro Motors mit Sitz in Gibraltar importiert, bestellt werden kann es auf der Messe in Leipzig oder im Internet.

Ausgeliefert werden soll ab Frühherbst ab einem zentralen Lager in Bremerhaven. Und den Service sollen freie Werkstätten oder eine große Service-Kette übernehmen. Das klingt alles noch recht vage. Aber so nebulös das auch scheint, das Auto selbst ist alles andere als das.