Hochleistungssportwagen mit Uralt-Technik

Amerikaner können keine Sportwagen bauen – zumindest keine, die es mit Ferrari, Mercedes oder Porsche aufnehmen könnten. Ein Vorurteil. Hält sich so hartnäckig wie Bremsstaub auf den Felgen. Sehr zum Leidwesen der Corvette, Amerikas "true and only sportscar". Schon die seit 1997 gebaute fünfte Generation brauchte sich nicht mehr hinter europäischen Sportlern zu verstecken. Und erst recht nicht Vette Nummer sechs, die kommenden Monat zu den Händlern rollt.

Die C6, so ihre offizielle Bezeichnung, ist die stärkste und schnellste Serien-Corvette, die je in Bowling Green/Kentucky vom Band gelaufen ist. Und das zu einem außerordentlich fairen Kurs: 61.450 Euro – knapp 24.000 Euro weniger als ein Porsche Carrera S. Keiner hat in dieser Liga ein besseres Preis-/Leistungsverhältnis als die Vette. Deren Sechsliter-V8 liefert stramme 404 PS und 546 Newtonmeter – genug, um in 4,3 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen. Erstaunlich: Die Amis schaffen das mit Uralt-Technik, heißt: eine zentrale Nockenwelle, Stößelstangen, zwei Ventile je Zylinder. Egal, das Ergebnis zählt. Und der kernige Achtzylinder hat auch keine Probleme, den Zweisitzer auf 300 km/h zu bringen. Willkommen im Club!

Wer jetzt denkt, geradeaus kann ja jeder, irrt. Unzählige Runden auf dem Nürburgring mußten Prototypen der C6 absolvieren, bevor ihre Ingenieure den Daumen nach oben streckten. Wir konnten uns bei ersten Testfahrten den Glasfiber-Boliden (seit 1953 hat die Corvette eine Kunststoffkarosserie) auf einem Rennkurs in Südspanien zur Brust nehmen.

Technische Daten und Fahrleistungen

Helm auf. Start per Knopfdruck. Einen Schlüssel gibt es nicht mehr. Der zweite Fingerdruck geht zum ESP-Schalter, mit dem ein spezieller "Competition-Modus" aktiviert wird, der es dem Fahrer erlaubt, den Grenzbereich weitgehend selbst zu kontrollieren. Die Elektronik hält sich vornehm zurück. Zielgenau läßt sich die Corvette einlenken, durcheilt Kurven weit schneller, als es unser Normalfahrerhirn eigentlich möchte. Die breiten 285er-Reifen scheinen förmlich am Asphalt zu kleben. Erst bei extremer Fahrweise bricht schließlich das Heck aus.

Sanft, kontrollierbar. Kein Zicken, kein Schaukeln. Fahrspaß pur am Limit zum Kiesbett. Aus jeder Biegung schiebt der Ami unnachgiebig nach vorn, selbst wenn einmal der falsche der sechs Gänge drin sein sollte. Der kurze Hebel erfordert allerdings Nachdruck, auch wenn Corvette-Chefingenieur Dave Hill sagt, man hätte Präzision und Leichtigkeit verbessert. Wer lieber schalten läßt, bitte: Eine Automatik – wenn auch nur mit vier Stufen – gibt es aufpreisfrei. Nicht ganz so günstig wird es an der Tankstelle. Doch verspricht GM im Mix nur 11,7 Liter je 100 km. Das schafft bislang kein anderer Sportwagen in dieser Klasse. Vetten?

Technische Daten V8 • zwei Ventile je Zylinder • zentrale Nockenwelle • Hubraum 5967 cm³ • Leistung 297 kW (404 PS) bei 6000/min • max. Drehmoment 546 Nm bei 4400/min • Hinterradantrieb • Sechsganggetriebe, Transaxle-Bauweise • Einzelradaufhängung vorn und hinten • Kofferraum 634 Liter bis unters Coupédach, ca. 300 Liter bis Kofferraumhöhe, ca. 150 Liter bei verstautem Targadach • Tank 69 Liter • Länge/Breite/Höhe 4435/1844/1246 mm • Reifen 245/40 ZR 18 vorn, 285/35 ZR 19 hinten • Leergewicht 1508 kg • Spitze 300 km/h • Preis 61.450 Euro