Ausgerechnet eine Rallyefahrerin soll mir das Sparen beibringen. Kein Scherz: Isolde Holderied fordert mich im Allgäu zum Spritspar-Duell. Die "deutsche Michèlle Mouton" will beweisen, dass sie zum Gasgeben ein hochsensibles Füßchen besitzt, und die Kombination aus reichlich Power und Batteriebetrieb im Lexus RX 450h der rechte Weg in die saubere Zukunft ist. Denn SUV haben es nicht leicht zur Zeit. Die Dickschiffe gelten in Krisenzeiten als antiquierte Monumente der Reichen: zu hoher Verbrauch, entsprechend wenig umweltfreundlich. Lexus geht bereits in der zweiten Generation neue Wege und stattet den RX mit einem neuen Vollhybridantrieb aus. Theoretische Vorgabe: 6,3 Liter auf 100 Kilometern und 148 Gramm CO2 pro Kilometer. Das scheint unmöglich, denn der Nobel-Japaner hat eine Systemleistung von 299 PS (27 mehr als der Vorgänger RX 400h) und wiegt runde zwei Tonnen. Zum Vergleich: Ein 290 PS starker Porsche Cayenne bläst 310 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft.
Lexus RX 450h
Isolde Holderied kann auch sparsam: 6,5 Liter Verbrauch im Lexus RX 450h.
Wir verständigen uns auf die Vorgaben für die Sparfahrt. Schleichen ist Tabu, die zulässigen Tempovorgaben sind einzuhalten. Heißt 100 km/h auf der Landstraße, 50 in Ortschaften. Die Teststrecke durch das malerische Hügelset des Allgäu ist 39 Kilometer lang, es geht hauptsächlich über Landstraßen. Holderied fängt an, auch sie ist kein "Hybridprofi", kann aber immerhin eine erste Testfahrt vom Vortag vorweisen, bei der die 42-Jährige von den Lexus-Leuten in die Geheimnisse des Sparens eingeführt wurde. Erste Überraschung auf freier Strecke: Isolde gibt beherzt Gas, bringt den RX auf knapp 100 km/h und lässt das Dickschiff dann gleiten. Beim Kickdown liefern die Elektromotoren mit 253 PS Gesamtleistung ihre Kraft mit an die Achsen, der 3,5-Liter-V6-Benziner mit 249 PS wird entlastet. Bis Tempo 45 fährt der RX sogar rein elektrisch im sogenanten EV-Modus, je nach Batteriestand einige Kilometer weit und so leise, dass es schon fast unheimlich erscheint. Zudem erkennt die intelligente Automatik, ob es gerade bergauf oder bergab geht und passt die Schaltstufe an.

Die Verbrauchsanzeige kennt nur eine Richtung – abwärts

Der Hybrid erzieht automatisch zum sparsamen Fahren, rechts signalisiert das Display peinliche Verbrauchsspitzen, links in der Anzeige kontrolliert die Rallye-Göttin stets, ob sie im grünen Bereich bleibt. Zwischenstand nach einigen Kilometern: 7,9 Liter. Holderied nutzt jede Senke zum Schwung holen, lässt den RX auf der Geraden sanft rollen und nimmt bergab den Fuß vom Gas. Die Verbrauchsanzeige kennt nur eine Richtung – abwärts. Dazu hat meine Gegnerin einen nahezu magischen Blick für die Verkehrssituation, erkennt jeden Traktor gefühlt auf eine Meile.
"Vorausschauend Fahren ist ein wichtiger Teil zum Spritsparen, das lernst du auch im Rallyesport", werde ich belehrt. Nebenbei plaudert sie noch über einen schweren Unfall bei der Rallye Korsika, als sie mit ihrer Beifahrerin Catherine François im Kampf um WM-Punkte einen Abhang runtersauste und nur mit Mühe aus dem auf der Seite liegenden Toyota Celica kam. Die erste Runde im RX 450h ist absolviert, Holderied hat vorgelegt: 6,5 Liter, Durschnittsgeschwindigkeit 51 km/h. Das Ganze bei eingeschalteter Klimaautomatik und ohne den nachfolgenden Verkehr in Aufruhr zu versetzen. Jetzt darf ich auf dem üppig dimensionierten Ledersessel Platz nehmen, alle Einstellungen werden erneut genullt. Die ersten Fehler mache gleich zu Beginn. Beim Beschleunigen gebe ich zu wenig Gas, der Ottomotor muss die Massen allein in Bewegung bringen.

Die minimale Geräuschkulisse lässt das Tempo vergessen

Lexus RX 450h
"Hybrid-Novize" Stephan Bähnisch verliert das Duell und verbraucht 7,1 Liter.
Mit dem dumpfen Wummern des Benziners in den Ohren bin ich viel langsamer auf Richtgeschwindigkeit als meine Beifahrerin, dafür zeigt die Verbrauchsanzeige nach ein paar Kilometern 13,9 Liter. "Mehr Gas beim Herausbeschleunigen", mahnt der Rennprofi. Immer wieder muss ich mich dagegen beim Gasgeben auf der Geraden zügeln, die Power des Hybriden lässt ihn flott voranstürmen, die minimale Geräuschkulisse das Tempo vergessen. In der Ortschaft versuche ich zu tricksen, stelle den RX per Tastendruck auf den reinen Elektromodus um. Am Ende reicht es nicht, 7,1 Liter schlagen zu Buche, die Fehler zu Beginn summieren sich. Immerhin war ich zwei Kilometer schneller im Schnitt. Trotzdem kann selbst ein "Hybrid-Novize" ohne Übung den Japaner um sieben Liter bewegen – ohne Verzicht auf flottes Vorankommen. Das verlangt Respekt.

Billig ist die Technik nicht

Lexus RX 450h
Fotobeweis für den Triumph der Dame. Erfahrerne Hybrid-Piloten schaffen eine fünf vorm Komma.
Danach muss der RX aber noch seine dynamischen Qualitäten beweisen. Und die sind durchaus vorhanden: 7,8 Sekunden vergehen bis Tempo 100, bei 200 ist (elektronisch begrenzt) Schluss. Wer den Hybriden hetzt, muss das mit Verbräuchen mit 13 bis 14 Litern bezahlen. Immer noch akzeptabel für den stärksten Sechszylinder in seiner Klasse. Nach der Autobahnhatz und der anschließenden Überlandfahrt standen am Ende 9,9 Liter auf der Uhr. Dank des überarbeiteten Fahrwerks neigt sich der RX nicht mehr so stark wie der Vorgänger in schnell gefahrenen Kurven. Dazu hat Lexus reichlich Hightech in das SUV gepackt: LED-Frontscheinwerfer, Head-up-Display, aktive Stabilisatoren oder alternativ Luftfederung oder das neue und extrem einfache Remote-Touch-Control-System kosten allerdings durchweg Aufpreis und sind teilweise nur in teuren Paketen kombinierbar. Und billig ist das Vergnügen sowieso nicht: 59.690 Euro sind der Grundpreis fürs grüne Gewissen – fast 8000 Euro mehr als beim Vorgänger.
Dafür sind Ledersitze, zehn Airbags, maximal 1570 Liter Ladevolumen und reichlich elektrische Helfer schon drin. Wer die neuen Top-Linien "Ambience" mit Luftfederung und speziellem Soundsystem oder "Impression" mit LED-Scheinwerfern und Head-up-Display ordert, ist gut 74.000 Euro los. Den Kunden ist das egal. Laut Lexus-Deutschlandgeschäftsführer Ulrich Selzer haben Kunden den RX "im dreistelligen Bereich" vorab geordert. Fast alle in Vollausstattung. Fazit von autobild.de-Autor Stephan Bähnisch: Lexus verteidigt seine Sonderstellung im SUV-Segment eindrucksvoll. Der neue RX ist dynamischer, eleganter und sparsamer als der Vorgänger. Einen deutschen Konkurrenten gibt es (noch) nicht, obwohl der Japaner bereits in zweiter Generation zum Händler rollt. Das gibt zu denken.

Von

Stephan Bähnisch