Es gibt Autos, die erlauben keine zwei Meinungen. So wie der Nissan Cube, den die einen einfach nur cool, die anderen abgrundtief hässlich finden. Auf jeden Fall fällt der rollende Würfel auf wie eine bunte Kuh auf der Alm. Bei der ersten Tour durch Berlin schauten viele Passanten dem Cube hinterher, als hätten sie einen Außerirdischen gesehen. Der Coolness-Faktor des Autos ist hoch. Kurze Überhänge, scharfe Kanten oder die seitlich öffnende Heckklappe ohne C-Säule machen ihn einmalig. Dazu hat der Japaner viele nette Gimmicks, die ihn angenehm von der automobilen Masse abheben. Die Designer durften sich richtig austoben. Vorn ist der Cube angeblich von einer Bulldogge mit Sonnenbrille inspiriert, das Heck soll an die bekannten Rundungen von Jennifer Lopez erinnern. Aha. Doch reicht das, um die Deutschen zum Kastendenken zu bewegen?

Auf einen Blick: News und Tests zum Nissan Cube

Nissan Cube
Innen hat der 3,98 kurze Cube erstaunlich viel Platz, weil er immerhin 1,67 Meter hoch ist – das schafft Luft über dem Scheitel. Die Sitze, die an Wohnzimmersessel erinnern sollen, sind mit einem samtigen Stoff bezogen. Seitenhalt bieten sie kaum, dafür sind sie aber urgemütlich. Alles im Cube ist durchgestylt, der Armaturenträger wellenförmig, die Türöffner wie Schneckenhäuser geformt, das ebenfalls wellenartig geformte Glasdach lässt sich mit einer transparenten Folie teilweise oder ganz bedecken. Das braucht zwar kein Mensch, ist aber nett anzuschauen. Die Passagiere im Cube sollen sich wie Badegäste in einem Whirlpool fühlen, das Auto mit seiner Lounge-Atmosphäre zur Langsamkeit erziehen. "Slow your Life" (Verlangsame dein Leben), das ist das Motto. Doch der rollende Schuhkarton hat auch praktische Seiten: Die Rückbank lässt sich längs um 24 Zentimeter verschieben, der Kofferaum fasst so zwischen 260 und 410 Liter. Werden sie Rücksitze umgeklappt, wächst der Stauraum auf erstaunliche 1563 Liter. Der Großeinkauf ist also gerettet. Leider ist die Fläche hinter der seitlich angebrachten Heckklappe durch eine hohe Stufe verbaut.

Der Cube fährt sich ganz gewöhnlich

Nissan Cube
Spätestens beim Fahren verliert der Cube seinen Status als Kultkiste. Er fährt so normal wie ein Nissan Micra, auf dessen Plattform er auch rollt. Die Federung ist überraschend straff ausgelegt, auf löchrigen Berliner Straßen holpert der kleine Japaner gelegentlich recht deftig über die Unebenheiten. Auf der Autobahn wird insbesondere der 1,6-Liter-Benziner mit 110 PS (Verbrauch 6,6 Liter im Schnitt) bereits ab Tempo 130 etwas lauter, die Windgeräusche sind ebenfalls deutlich zu hören. Theoretisch soll die rollende Schrankwand 175 km/h erreichen. Der gleichstarke Diesel – wie der Ottomotor aus dem Renault-Nissan-Regal – ist dank des sechsten Ganges leiser und hat naturgemäß mehr Drehmoment, lohnt sich aber nur für Vielfahrer. Dafür soll er mit 5,2 Litern Sprit auskommen. Das Revier des Cube ist jedoch der Großstadtdschungel und da reicht der Benziner völlig. Die Parkplatzsuche ist dank der kompakten Abmessungen und guter Übersicht kein Problem, außerdem versüßt Nissan das Rangieren mit einem kleinen Wendekreis von 10,6 Metern.

Der Preis schreckt ab

Cocktails schlürfen in der Lounge ist etwas teurer als Biertrinken in der Eckkneipe. So lässt sich Nissan sein modisches Statement teuer bezahlen: Exakt 18.000 Euro kostet der Cube mindestens, mit CVT-Getriebe sind 1500 Euro mehr fällig. Dann sind zumindest eine Klimaanlage, das schicke Glasdach, CD-Radio, Tempomat sechs Airbags und ESP schon an Bord. Drei Ausstattungen gibt es und eine Menge Zubehör, um den Cube noch stärker von der Masse abzuheben. Wer den Diesel möchte, muss mindestens 20.000 Euro hinblättern. Viel Geld für einen Kleinwagen. Aber der Cube ist mehr als ein gewöhnliches Auto, er ist ein Stück Lebensgefühl. Dafür werden die Kunden vielleicht gern etwas mehr anlegen. In Japan wurde der Cube in zehn Jahren mehr als 900.000 Mal verkauft. In Deutschland ist Nissan bescheidener: 2000 Autos im Jahr sollen es werden. Ab 20. März 2010 steht der Cube bei den Händlern.

Von

Stephan Bähnisch