Design und Qualität

Wie sagen Designer immer? Form follows function – die Form hat der Funktion zu folgen. Ganz klar, dann muss zwangsläufig so ein Auto wie der Fiat Multipla herauskommen. Schließlich lautete die Vorgabe ja, möglichst viele Personen auf möglichst wenig Verkehrsraum zu transportieren. Doch über das Design des Multipla zu diskutieren würde hier den Rahmen sprengen. Einigen wir uns darauf, dass der Italiener etwas anders ist als all die anderen.

Wer keinen Kontakt zu seinen Mitmenschen wünscht, sollte nicht Multipla fahren. Nahezu jeder fühlt sich bemüßigt, einen Kommentar abzugeben. Wobei Lästermäulern die praktischen Vorteile meistens nicht geläufig sind: Sechs Personen finden ohne Stühlerücken Platz, dahinter bleiben 430 Liter für die Koffer – Gardemaß unter den Minivans. Wer mehr einladen möchte, nimmt die 16,5 Kilo leichten Stühle in wenigen Sekunden heraus und kann trotzdem zu dritt die Reise ins Möbelhaus antreten.

Wobei vor allem die Kleinen den Platz vorn in der Mitte mögen – gut, dass sich dort nahezu alle Kindersitze befestigen lassen. Allerdings sollte der Nachwuchs auf die Füße aufpassen – das ebenso eigenwillig wie die äußere Hülle gestylte Cockpit verträgt keine ungestümen Tritte. Schon bei guter Behandlung verlassen manche Kunststoffdeckel ihren vorgesehenen Platz, der Klassiker unter den Multipla-Macken sind lockere Türdichtungen. Gefolgt vom vibrierenden Beifahrersitz und kleineren Elektronik-Spinnereien. So melden Kontrolllampen gern mal Störungen, die es gar nicht gibt – bis die Werkstatt den Fehlerspeicher löscht.

Technik und Motor

Manchmal sind die Multipla-Fahrer auch selbst schuld: So schätzt der Schlüsselsender für die funkbetätigte Fernentriegelung keine Erschütterungen – wer ihn ständig auf den Boden fallen lässt, muss bald wegen gebrochener Platine einen neuen kaufen. Teurer wird es, wenn das Getriebe defekt ist – helles Singen im Schiebetrieb kündigt den Schaden an.

Insgesamt aber gehört der Multipla zu den zuverlässigen Fahrzeugen – sofern man den Bipower meidet. Denn ausgerechnet der innovativste Antrieb für Benzin und Erdgas hat die meisten Macken: Er bleibt im Gasbetrieb unvermittelt stehen, es pfeift beim Tanken, die Motoren bekommen mitunter Zylinderkopfschäden. Ursache: Benzin wäscht Ablagerungen an den Einlassventilen weg, Erdgas kann dies nicht – die Ventile verkoken, klemmen, der Motor beginnt zu bocken. Wer weiterfährt, riskiert, dass der Kolben das Ventil krumm klopft. Doch gravierender sind Undichtigkeiten an den Gasregelventilen, deretwegen es Ende 2000 einen Rückruf gab. Allerdings scheint die Sache damit nicht aus der Welt zu sein, denn auch später sind noch Undichtigkeiten gemeldet worden.

Ähnliche Probleme im Kraftstoffsystem kennt auch der Diesel. Jedoch in wesentlich geringerem Umfang und mit dem Vorteil, dass die Werkstätten leckende Common-Rail-Systeme inzwischen im Griff haben. Allerdings kann auch ein lockerer und deshalb überspringender Zahnriemen den Diesel lahm legen. Seine Kontrolle ist langwierig, daher lästig und wird deshalb bei der Inspektion gern "vergessen".

Dies gilt in ähnlicher Form auch für den Benziner, der seinen Besitzer dazu noch ab und zu mit Störungen der Motorelektronik sowie defekten Lichtmaschinen behelligt. Größtes Manko jedoch ist seine ausgeprägte Lustlosigkeit, die so gar nicht zum fahraktiven Charakter des Multipla passt. Die durchzugstarken Diesel harmonieren viel besser mit dem knackigen Fahrwerk, das den Sechssitzer präzise wie ein Kart um die Ecken flitzen und sich mit der exakten Lenkung hervorragend dirigieren lässt. Die breite Spur und der lange Radstand spenden Stabilität – die der Multipla auch beim Verkauf verdienen würde.

Historie, Schwächen, Kosten

Modellgeschichte 2/99 Einführung des sechssitzigen Minivans in Deutschland. Zwei Motoren: 1,6-l-Benziner/103 PS und 1,9-l-Diesel/105 PS. ABS und vier Airbags serienmäßig 8/99 Vorstellung Multipla Bipower für Benzin- und Erdgasbetrieb. 1,6-l-Benziner, Leistung mit Benzin 103 PS, mit Erdgas 92 PS 10/00 Neuer Benzinmotor mit 1596 cm3 bei unverändert 103 PS, Diesel auf 110 PS angehoben (JTD 110) F9/02 Facelift: mehr Leistung für den JTD-Diesel (115 PS), serienmäßig Scheibenbremsen an der Hinterachse

Schwachstellen • Zahnriemen wird vom ADAC als häufigste Ursache von Motorschäden genannt. Wie bei anderen Marken auch wird das Wechselintervall von 120.000 km oft nicht erreicht, weil der Riemen vorher versagt. Abhilfe: Zustand bei jeder Inspektion prüfen und ggf. vorher erneuern • Getriebe macht oft Geräusche, die Fiat mit anderem Öl zu beseitigen versucht. Auch Getriebeschäden wie klemmende Gänge oder defekte Lager sind bekannt • Erdgasausführung Bipower zeigt zahlreiche Fehler wie Zylinderkopfschäden, Ölverbrauch oder Gas-Undichtigkeiten

Reparaturkosten Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel Fiat Multipla JTD 105, 77 kW/105 PS, Bj. 2000. Die Ersatzteilkosten bewegen sich auf dem Niveau anderer Minivans, nur die 400 Euro für die Erneuerung des Hauptschalldämpfers sind viel Geld.

Fazit und Modellempfehlung

Fazit "Schade, gerade die innovative Erdgas-Variante hätte doch eine Empfehlung verdient. Aber die verpatzt sie mit zahlreichen Mängeln, wie Briefe an unseren Kummerkasten belegen. Doch auch für reinen Benzinbetrieb gerüstet, ist der zähe 1,6-Liter kein Quell der Freude. Deshalb raten wir zu einem der Diesel, die deutlich zuverlässiger arbeiten und obendrein mit ihrem stämmigen Durchzug das Fahrvergnügen bieten, für das der straff gefederte und exakt gelenkte Multipla von Haus aus beste Voraussetzungen bietet." Hendrik Dieckmann, AUTO BILD-Autor und Kfz-Mechaniker

Modellempfehlung Fiat Multipla JTD 105 ELX (77 kW/105 PS)

Steuer/Schadstoffklasse: 296 Euro im Jahr/Euro 2 Testverbrauch: Werksangabe 6,4 Liter, gemessen 6,5 Liter (Diesel) Versicherung: Vollkasko (20/1000 Euro SB): 1051 Euro. Teilkasko (32/300 Euro SB): 270 Euro. Haftpflicht (17): 903 Euro (Basis: ONTOS-Jahrestarife für Regionalklasse Berlin, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 20.000 Kilometer, etwa 250 bis 400 Euro Wertverlust: Dreijährige verlieren rund 41 Prozent vom Neupreis (Händlerverkaufspreis), danach jährlich um 1000 Euro Verlust