Herausforderung V8-Motor

Red Bull hatte gerufen – und 1500 Gäste ließen sich beflügeln. Mit einer Mega-Party im China-Style feierte die Formel 1 in der Boomtown Schanghai das Ende der längsten Saison aller Zeiten. Doch schon weit vor der 19. Zielflagge des Jahres hatte in den Denkfabriken der Teams die Vorbereitung auf die anstehenden Aufgaben begonnen. "Viel Zeit zum Verschnaufen gibt es nicht", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. Gibt es doch in der Königsklasse des Motorsports so viele Änderungen wie lange nicht mehr.

Besonders der Wechsel vom V10-Motor mit über 900 PS hin zum bis zu 20 Prozent leistungsschwächeren V8-Aggregat stellt die Ingenieure vor Herausforderungen. Doch ob die Formel-1-Hierarchie durch die neuen Triebwerke durcheinander gewirbelt wird, scheint zweifelhaft. "Vom Gefühl her würde ich sagen, bestimmt nicht", meinte Haug. Titelkandidat werden die üblichen Verdächtigen bleiben: Neben Titelverteidiger Renault wird Silber nach fünf titellosen Jahren weiter Gas geben. Auch für Ferrari gibt es nur eines: "Angreifen und wieder vorne mitfahren", so der entthronte Weltmeister Michael Schumacher. "Nach einer solchen Saison ist die Lust eher noch größer."

Um Schumi nach einem Pleitenjahr wieder ein konkurrenzfähiges Auto zu bauen, schieben Ferrari und der heftig kritisierte Reifenpartner Bridgestone jetzt Sonderschichten. "Diese Meisterschaft war für Ferrari ein Urlaub, aber der ist jetzt vorbei", sprach Firmenchef Luca di Montezemolo ein Machtwort. Bei Bridgestone wurde der Urlaub nach Saisonende gestrichen, zumal es in Toyota und Williams künftig zwei Kunden mehr gibt.

Schumi: Aus Norwegen ins Testauto?

Ferrari bricht das für alle Teams bis Ende November geltende Testverbot und wird bis dahin an insgesamt zehn Tagen auf drei verschiedenen Strecken am Auto mit dem neuen Achtzylindermotor feilen. Technikchef Ross Brawn schloß zudem nicht aus, daß sein bestes Pferd im Stall erstmals für Tests seinen bis Januar dauernden Norwegen-Urlaub unterbrechen muß: "Wir haben viel Arbeit vor uns, so eine Saison will niemand mehr erleben."

Unklar ist noch, ob der WM-Titel 2006 in 19 oder 20 Rennen vergeben wird. Während Formel-1-Chef Bernie Ecclestone eine Verlängerung befürwortet und vorsichtshalber 20 Termine blockte, lehnen die meisten Teamchefs die Erweiterung wegen der zusätzlichen Belastung ab. Auch das Reglement steht noch nicht. Erst am 22. Oktober 2005 will die maßgebliche Formel-1-Kommission über Neuerungen beraten. Der Qualifikationsmodus soll auf Drängen von Ecclestone erneut geändert werden, nachdem in dieser Saison nur ein Einzelzeitfahren stattfand. Auch ob Reifenwechsel wieder erlaubt werden, ist offen.

Sicher ist, daß sich das Teilnehmerfeld verändert. Die Zahl der Werks-Teams steigt von drei auf fünf, nachdem Honda den BAR-Rennstall vollständig übernommen und BMW nach der Trennung von Williams Sauber gekauft hat. Red Bull schnappte sich Minardi und wandelt das Team in die Nachwuchsschmiede "Squadra Toro Rosso" um. Jordan fährt 2006 unter dem Namen seines Besitzers Midland. Die Spekulationen um ein von Honda unterstütztes elftes F1-Team werden spätestens beim Meldeschluß im November auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft sein.