Um mit dem Ford Mustang Shelby GT500 seinen Spaß zu haben, braucht man nicht über den Angeles Crest Highway oder im Drift durch die Black Bear Mountains zu donnern. Ein Druck auf den Starterknopf in der Tiefgarage reicht. Der von einem mächtigen Kompressor unter Druck gesetzte 5,2-Liter-Achtzylinder erwacht derart geräuschvoll zum Leben, dass es einen bis ins Mark erschüttert. Auch angesichts der Leistungsdaten: 760 PS und 847 Nm – nie war ein Mustang gewaltiger!

Shelby macht den Ford auch optisch zum Topmodell

Ford Mustang Shelby GT 500
Extrascharf: Der Mustang im Shelby-Trimm sorgt bei Passanten zuverlässig für offene Münder.
Und niemals sah er gefährlicher aus. Denn selbst wenn man sich nicht für das optionale Carbon-Kit entscheidet, bleiben Augen und Münder der Passanten regungslos offen stehen: Der Ford Mustang in seiner schärfsten Form ist eine grandiose Schau. Auf dem Parkplatz in Little Bangladesh werden unzählige Mobiltelefone gezückt und Fotos gemacht. Ein Mann erzählt, dass er mit seinem BMW M3 die Mustangs in den Bergen immer abgehängt hat. Das neue Topmodell kennt er natürlich noch nicht. Natürlich ist die gewaltige Motorleistung beeindruckend, der Lärm je nach Fahrprogramm infernalisch und die Sprintstärke gewaltig. Doch man würde dem potentesten aller Mustangs Unrecht tun, würde man ihn bei der Kurvenjagd ausklammern. Der Schub ist durch den Kompressor, der das Letzte aus dem 5,2 Liter großen Achtzylinder herausholt, mächtig, gewaltig, ja schier unglaublich.

Die Querdynamik ist absolut okay

Ford Mustang Shelby GT 500
Geschoss: Der Mustang wird bei 290 km/h abgeregelt, mehr wäre zu teuer geworden.
Und doch ist bei 290 km/h Schluss, weil eine Entwicklung des GT500 für höhere Geschwindigkeiten schlicht zu teuer gewesen wäre. Das eingesparte Geld wollte man lieber für Aerodynamik, Fahrwerk und Getriebe ausgeben. Das ist allemal gelungen, auch wenn das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe nicht zu den besten auf dem Markt gehört und einen von der prächtig knochigen Handschaltung des kleinen Bruders GT350 träumen lässt. Mit dem 4,81 Meter langen Shelby GT500 tanzt man dennoch in der ersten Liga der Supersportler. Über Taster am griffigen Alcantara-Lenker kann man Einfluss auf das Lenkverhalten nehmen. Dabei muss man es auch auf kurvenreicher Piste nicht zu ambitioniert angehen lassen. Im Normalmodus ist die Steuerung prächtig, und die Modi "Sport" und "Track" braucht eigentlich niemand, weil sich die 305er Reifen vorn und 315er hinten im warmen Zustand bestens mit der Fahrbahnoberfläche verzahnen.
Das gilt auch für die Dämpferabstimmung, denn der GT500 ist eine harte Kiste, die gerade noch genügend Restkomfort bietet. Mehr Härte sollte man sich per Knopfdruck allenfalls auf einer ebenen Rennpiste ins Fahrzeug holen. Und auch wenn das Getriebe nicht allerhöchste Ansprüche erfüllt, ist die Fahrt in dem immerhin 1,9 Tonnen schweren Ford Mustang GT500 ein wahrer Lustgewinn, der keine Grenzen zu kennen scheint.

Woanders gibt es nicht so viel Spaß für 72.900 Dollar

Ford Mustang Shelby GT 500
Bei der Verarbeitung und beim Innenraumdesign sollte der Mustang-Pilot einfach ein Auge zudrücken.

Ein Auge zudrücken sollte man dabei allerdings angesichts des Innenraums: Die Verarbeitung ist allenfalls Mittelmaß, die Bedienung mäßig, und die Instrumente haben in Design und Funktion schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Der alles andere als üppig dimensionierte Navigationsbildschirm, die lieblosen Instrumente, dazu billige Kippschalter und eine Klimabedienung wie aus den 80ern – alles typisch Mustang. Doch wen soll das stören, denn an sich bewegt man – vortrefflich in den wohlkonturierten Sportsitzen gehalten – eine Kanonenkugel, von der nicht nur Ponycar-Fans mehr als einmal geträumt haben, sie zu reiten. Denn so viel Dampf, so viel Spaß, so viel Lust für gerade mal 72.900 Dollar – das gibt es wohl in keinem anderen Auto. Zeitreise und Alltagsnutzen inklusive. Auch Dank 2+2 Sitzplätzen und 380 Litern Kofferraum.

Von

Stefan Grundhoff