Romain Grosjean (34) war am vergangenen Wochenende in Bahrain nicht der erste Formel-1-Fahrer, der einen Feuerunfall überlebte. Niki Lauda ist das wohl berühmteste Feuer-Opfer. Doch auch sein österreichischer Landsmann Gerhard Berger entkam den Flammen.
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Es war der berühmteste Feuerunfall der Rennsportgeschichte. Und er machte Niki Lauda (gestorben 2019) zur lebenden Legende. Dabei konnte sich der Österreicher nicht mehr daran erinnern, wie er am 1. August 1976 am Nürburgring im lichterloh brennenden Ferrari saß. "Ich wusste nur noch, wie ich nach dem Reifenwechsel aus der Box fuhr", erzählte Lauda einst. "Danach hatte ich einen Filmriss. Erst auf dem Weg in irgendein Krankenhaus wurde ich wieder klar im Kopf – mehr oder weniger."
Legendär wurde Lauda, weil er nur 42 Tage nach dem Crash auf dem Nürburgring wieder im Cockpit seines Rennwagens saß. Das folgende WM-Duell mit dem Briten James Hunt war 2013 im Film "Rush" im Kino zu sehen. Bei seinem ersten Rennen nach dem Unfall wurde er in Monza Vierter. "Die schnelle Rückkehr gehörte zu meiner Strategie, nicht lange daheim zu sitzen und darüber nachzugrübeln, warum und wieso mir das Ganze widerfahren ist", erklärte er später. "Ich bin nach sechs Monaten wieder so gefahren wie früher – oder sogar besser, und das kann man nur dann, wenn man ein Problem hundertprozentig gelöst hat.“
„Das erste Mal danach bekam ich Gänsehaut“
Niki Lauda 1976
Bild: Picture Alliance
Im Gegensatz zu Lauda kann sich sein Fahrerkollege Arturo Merzario (77) noch ganz genau an den Unfall erinnern. Merzario rettete seinem Fahrerkollegen das Leben, hievte ihn aus dem brennenden Auto. „Niki schrie vor Schmerz und Angst“, berichtet Merzario später. „Sein Körper war so angespannt, dass ich die Sicherheitsgurte nicht gleich lösen konnte. Die Hitze war so extrem, dass ich ein paar Mal einen Schritt zurück gehen musste. Beim dritten Versuch war er bewusstlos, und es gelang mir, das Gurtschloss zu öffnen.“
Der Italiener: „Ich wog nur 60 Kilo. Es ist ein Wunder, dass ich es schaffte, Niki aus dem Cockpit und weg vom Auto zu ziehen. Ich dachte, er sei tot. Dann sah ich, dass er seine Zunge verschluckt hatte. Beim Militär hatte ich gelernt, wie man sie wieder herauszieht, und das tat ich. Zum Glück trug ich immer noch meine Rennhandschuhe, die geben einem einen besseren Halt, als man ihn mit bloßen Händen hat.“
Feuer war ein ständiger Begleiter
Es war eine andere Zeit und es waren andere Typen. Die Formel-1-Fahrer der Generation Lauda lebten schneller und intensiver. Feuer war ein ständiger Begleiter. Lauda: „Wenn der kleine Bub am Nürburgring nicht auf der Böschung gestanden wäre und den Film gemacht hätte, wüsste ich gar nicht, was da passiert ist. Als ich die Bilder zum ersten Mal sah, dachte ich: Da hat einer einen irren Unfall. Wohlgemerkt irgendeiner, nicht ich. Es wäre viel schlimmer gewesen, wenn ich das alles live erlebt hätte."
Auch Laudas Landsmann Gerhard Berger (61) überlebte 1989 einen schweren Feuerunfall. Zu Beginn der vierten Runde beim GP von San Marino war Bergers Ferrari in der superschnellen Tamburello-Kurve geradeaus in die Mauer gerast und fing sofort Feuer. Berger war in seinem Cockpit eingeklemmt, konnte aber dank der schnellen Reaktion der Streckenposten nach 20 Sekunden der Feuerhölle entrissen werden.
Berger erinnert sich an seinen Unfall
Anders als Lauda erinnert sich der Tiroler an den Unfall, den er mit 29 Jahren erlebte. Berger zu AUTO BILD MOTORSPORT: „Ich kam mit 280 km/h im sechsten Gang voll in die Tamburello. Ich lenkte ein, spürte aber, dass das Auto nicht reagierte, weil das rechte Vorderrad in der Luft war. Ich schaute sofort in den Spiegel, weil ich dachte, ich hätte einen Reifenschaden oder einen Aufhängungsdefekt, konnte aber nichts sehen.“
Dann ging alles ganz schnell: „Man hat gar keine Zeit, in so einer Situation Angst zu haben“, weiß Berger. „Als ich wieder nach vorn blickte, sah ich nur noch die Mauer. Ich dachte mir gleich ,Scheiße, der Winkel ist nicht gut‘. Dann nahm ich die Hände vom Lenkrad und verschränkte sie vor dem Brustkorb, was man im Fall eines unvermeidlichen Aufpralls tun soll. Und dann wartete ich auf den Einschlag."
„Das erste Mal danach bekam ich Gänsehaut“
Gerhard Berger 1989
Bild: Picture Alliance
Den erlebte Berger noch bei vollem Bewusstsein: „Ich spürte keine Schmerzen, war dann aber kurz bewusstlos. Ich bekam erst wieder etwas mit, als mir FIA-Rennarzt Sid Watkins die Beatmungsröhre in den Hals schob. Das Feuer hatte ich nicht wirklich bemerkt, die Brandwunden an den Händen zuerst nicht gespürt. Ich fragte Watkins, was los sei. Er sagte mir, ich hätte einen Unfall gehabt. Dann erst dämmerte es bei mir nach und nach."
Im Krankenwagen bekam er das erste Mal Schmerzen. Berger: „Die Streckenposten waren extrem schnell, doch danach verlief die weitere Bergung etwas chaotisch. Obwohl das Rennen abgebrochen war, fuhr der Krankenwagen mit mir die ganze Strecke in Fahrtrichtung ab statt umzudrehen und auf dem schnellsten Weg das Streckenhospital anzusteuern. Da begann ich dann auch die Verletzungen richtig zu spüren. Vor allem, weil mein Rennanzug durch den geborstenen Tank völlig von Benzin durchtränkt war. Das begann höllisch zu brennen, vor allem in sensiblen Bereichen.“
Im Krankenhaus sei er vom Dreck befreit worden. Die Brandwunden an Händen und Rücken wurden erstversorgt. „Und dann hat mich eine Schwester noch auf die falsche Seite gedreht, das war auch nicht angenehm.“ Besonders, da Berger auch einen Rippenbruch erlitten hatte.
Berger heute: „Ich hatte großes Glück, das ist mir voll bewusst. Als ich das erste Mal wieder die Rennkleidung anzog, bekam ich Gänsehaut, als ich in die feuerfeste Unterwäsche schlüpfte.“ Der Unfall habe ihn definitiv langsamer gemacht, so der heutige DTM-Boss, „weil ich nicht mehr bereit war, alle Risiken einzugehen.“
Ob das auch bei Romain Grosjean der Fall sein wird, weiß Berger nicht. „Jeder reagiert da anders“, sagt er. „Aber ich denke, sein Unterbewusstsein wird ihn in Zukunft eher schützen und die Risikobereitschaft verringern.“
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Von

Ralf Bach