Formel 1: Formel Hollywood in Spa
Spannend ist nur der Kampf hinter den Kulissen

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Unser Formel-1-Reporter Ralf Bach kritisiert in seiner Kolumne die Formel Hollywood beim GP Belgien in Spa.
Der Große Preis von Belgien war ein Offenbarungseid für die automobile Königsklasse. Mercedes fuhr wie im Blumenkorso, der tapfere Max Verstappen kämpfte wie ein junger Krieger, der zwar in jeder Gladiatoren-Arena gewinnen könnte, aber nicht mit den stumpfen Waffen, die er im Moment mit seinem Red Bull gegen die Mercedes hat.
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Es gab auch früher überlegene Teams wie McLaren-Honda in den Jahren 1988 und 1989. Aber damals zog der teaminterne Kampf zwischen Ayrton Senna und Alain Prost, der zeitweise in offenem Hass ausgetragen wurde, die Fans weltweit in den Bann. Seit Mercedes mit Beginn der Hybridära 2014 in einer eigenen Liga fährt, sorgte wenigstens Nico Rosberg als aufsässiger Teamkollege von Lewis Hamilton ab und zu für Spannung.
Die beiden sorgten ebenfalls für ein Mini-Hassduell, das die Fans vor dem Einschlafen bewahrte. Mit Valtteri Bottas sind diese Zweikämpfe auf dem Mercedes-Planeten nicht mehr möglich. Der Finne bemüht sich zwar redlich, aber mehr als ein Teamkollege, der dem großen Schatten von Lewis Hamilton manchmal folgen, aber nie aus ihm heraustreten kann, ist nicht möglich. Hamilton eilt von Sieg zu Sieg, von Titel zu Titel – keiner kann ihn daran hindern.

Bottas ist kein Gegner für Hamilton
In der Formel 1 ist der Kampf hinter den Kulissen derzeit spannender als die Duelle auf der Strecke. Hängt Ferraris-Schwäche mit den FIA-Sanktionen zusammen? Hat der Automobilweltverband den Italienern tatsächlich die entscheidenden PS geklaut, weil der Motor 2019 nicht ganz dem Sinne des Reglements entsprach? Auffällig ist auf jeden Fall, dass Ferraris große Stärke aus dem Vorjahr, der überlegene Topspeed, in dieser Saison zur Achillesferse wurde.
Spannend ist auch alles rund um den "Copygate"-Skandal und die Fragen, die der rosa lackierte Mercedes von 2019 mit dem Namen RP20 aufwirft. Hat Racing Point betrogen? Hat Mercedes nachgeholfen, damit Racing Point den Silberpfeil so detailgetreu nachbauen kann?
Und warum ist Renault in Spa auferstanden wie Phönix aus der Asche? Warum fahren die Franzosen plötzlich auf Red Bull-Niveau, nachdem sie ihre Berufung gegen das in der Szene als zu milde betrachtete Racing-Point-Urteil zurückgezogen haben? Und warum verfiel Racing Point in Spa mit den Plätzen neun und zehn plötzlich wieder auf das Leistungsniveau aus dem Vorjahr? Hat Mercedes dem Partnerteam etwa ein paar PS geklaut, damit die flotte Kopie nicht ganz so auffällt?
Fest steht: Die möglichen Antworten auf diese Fragen sorgen im Moment für mehr Spannung als das Geschehen auf der Strecke. Großen Anteil daran hat auch der Automobilweltverband FIA, der durch mangelnde Transparenz immer mehr den Eindruck erweckt, Regisseur und Drehbuchschreiber einer Formel Hollywood zu sein, als objektiver Regelhüter und Richter – so wie es eigentlich sein sollte.
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