Stunk am Funk: Rundenlang diskutierten die Force-India-Piloten in der Schlussphase am Funk mit ihrem Kommandostand. Der Auslöser: Esteban Ocon war mit 13 Runden frischeren Reifen unterwegs als Teamkollege Sergio Perez, steckte auf der Strecke aber hinter diesem fest. Direkt davor fuhr Daniel Ricciardo im Red Bull auf dem letzten Podestplatz. Und von hinten rasten bereits die Ferraris von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel bei ihrer Aufholjagd heran.
Ocon
Ocon hielt sogar Bottas im Mercedes lange hinter sich
Ocon bat das Team deshalb am Funk, ihn vor Perez zu lassen, weil er glaubte mit seinem Reifenvorteil - herausgefahren mit einem langen ersten Stint, der ihn zwischenzeitlich bis auf Rang und zwei gespült hatte - Ricciardo attackieren und überholen zu können.
Doch Platzhirsch Perez kam der Bitte seines Teams nicht nach. „Ich hing selbst fast 40 Runden hinter Ricciardo, war immer auf eine oder zwei Sekunden dran. Dann liefen wir noch auf ein paar Überrundete auf. Ich habe nur auf einen kleinen Fehler von ihm gewartet, um ihn zu überholen.“ Doch Ricciardo machte keinen, bremste die Force Indias weiter ein und blieb vorne. In der Schlussphase konnte so auch noch Sebastian Vettel an Ocon und Perez vorbeistürmen.
Statt einem möglichen dritten Platz für Ocon beendeten die Fahrer das Rennen auf den Rängen fünf und sechs. Frust beim Franzosen, der am Funk bei der Zieldurchfahrt maulte: „Das ist nicht fair.“ Wenig später hatte sich Ocon aber schon wieder beruhigt, überraschte die Reporter mit einem Grinsen. „So läuft es eben im Racing. Aber meine Zeit wird schon noch kommen!“ Eine lässige Kampfansage in Richtung Perez, der sich verteidigte: „Ich war in meiner ganzen Karriere noch nie in einer vergleichbaren Situation. Natürlich tue ich alles für mein Team, aber für die Zukunft müssen wir einen Plan ausarbeiten, wo wir wissen, was zu tun ist, wenn wir wieder in so eine Situation kommen.“
Force India
Explosives Duo: Sergio Perez und Esteban Ocon
Denn: Eine klare Order vom Kommandostand gab es nicht! Auch Ex-F1-Pilot und Sky-Experte Martin Brundle kritisierte: „Da hätte es vom Team eine unmissverständliche Instruktion geben müssen, die Plätze zu tauschen. Und zwar drei Runden früher. Anstatt zu fragen und zu diskutieren, bis die Ferraris dran sind.“
Allein: Im Nachgang ersparte sich die Teamführung durch die butterweiche Handhabe einen Präzedenzfall. Denn Brundle glaubt auch: „Ich kenne Sergio Perez schon lange. Der hätte sowieso nie Platz für seinen Teamkollegen gemacht. Es ist auch die Frage, ob Force India ihn wirklich hätte verärgern wollen. Immerhin holt er dem Team tolle Ergebnisse, bringt viel Geld mit und wird von Renault umworben.“ Force Indias Geschäftsführer Otmar Szafnauer verneinte derweil einen Nummer-1-Status für Perez: „Vertragliche Verpflichtungen gibt es keine.“
Der stellvertretende Teamchef Rob Fernley sagte zu ABMS: „Wir haben Checo (Perez' Spitzname; d. Red.) nur die Info gegeben, dass Ocon glaubt, er sei schneller. Es war keine Stallregie. Er selbst konnte entscheiden, was er macht. Deshalb gibt es auch keine Ansage, an die er sich nicht gehalten hat.“ Szafnauer glaubte unterdessen: „Es war ein schmaler Grat. Aber die Frage, ob Ocon wirklich an Ricciardo vorbeikommen wäre, ist die entscheidende. Und die kann keine beantworten. Checo hat es schließlich auch nicht geschafft und er hat diese Saison schon mehr Autos überholt als jeder andere Fahrer im Feld.“

Von

Frederik Hackbarth