(dpa) Die Vorfreude ist Sebastian Vettel ins Gesicht geschrieben. Immer wieder grinst der Formel-1-Spitzenreiter unter seinem Fünftagebart, juxt mit Sitznachbar Jenson Button und verteilt Komplimente an die japanischen Gastgeber. Die Aussicht auf Titel Nummer vier vielleicht schon am Sonntag in Suzuka macht dem Red-Bull-Piloten einfach gute Laune. Nervosität vor dem nächsten Stück Formel-1-Historie? Fehlanzeige. "Ruhe bewahren, auf die wichtigen Dinge konzentrieren, nicht ablenken lassen. Erfahrung hilft dabei", doziert der 26-Jährige lässig. 
Sebastian Vettel im Red Bull
Im Freitagstraining vor dem Großen Preis von Japan 2013 in Suzuka fuhr Sebastian Vettel mal wieder die schnellste Zeit.
Es ist Donnerstag, die Sonne brennt auf dem Suzuka International Racing Course. "Das ist eine der Strecken, auf der man dicke Eier braucht", sagt Vettel schelmisch. Eier? Hatte er nicht gerade vor ein paar Tagen Ärger, weil er behauptete, die Konkurrenz würde eben diese viel früher als seine Mannschaft "in den Pool hängen". Ganz bewusst erlaubt sich Vettel in Suzuka diesen Seitenhieb. Der Hesse weiß genau, dass er in diesen Tagen den Takt vorgibt. 77 Punkte Vorsprung hat der dreimalige Champion auf den WM-Zweiten Fernando Alonso. Gewinnt Vettel am Sonntag (8.00 Uhr MESZ/RTL und Sky) sein fünftes Rennen in Serie und sein Ferrari-Rivale wird höchstens Neunter, ist die Entscheidung gefallen. Die Beobachter reden also oft vom Matchball. "Wenn man von Matchball spricht, kommt das ja vom Tennis. Da hat man es ja wirklich selbst in der Hand", korrigiert Vettel. Er aber braucht zumindest diesmal noch Schützenhilfe von Alonso.
"Das Wo und Wann ist uns nicht so wichtig", beteuert Vettel seit Tagen immer wieder. Nicht einmal Red-Bull-Designgenie Adrian Newey, einer der Väter des Erfolgs, ist nach Japan gekommen, obwohl eine Titelparty winkt. Es wäre ja sowieso schon die vierte nacheinander. Sind die Dauersiege also sogar schon für Red Bull ein Langweiler? Ach was, sagt Vettel und reagiert entspannt auf Lewis Hamiltons Kritik, seine Dominanz sei ähnlich ermüdend wie Michael Schumachers Rekordjagden. "Das ist doch ein Kompliment", meint Vettel. Auch Nico Rosberg kann mit den Aussagen seines Stallkollegen Hamilton wenig anfangen. "Ich finde diesen Sport immer noch unheimlich aufregend", versichert der Mercedes-Fahrer. Natürlich nicht, ohne doch noch eine kleine Spitze Richtung Vettel loszuwerden: "Selbstverständlich würde ich seine Dominanz gern persönlich beenden."
Hamilton indes gibt sich inzwischen wieder handzahm. "Wir geben so viele Interviews, da ist es leicht, missverstanden zu werden", sagt der Brite und rutscht etwas unruhig auf seinem Barhocker im Motorhome seines Arbeitgebers herum. Vorher hatte er schon via Twitter gegengesteuert und den Triple-Weltmeister als "großartigen Champion" und "tollen Menschen" gelobt. "Es ist nett, so etwas zu hören. Ich kann das nur zurückgeben", sagt Vettel. "Lewis ist derzeit einer der besten Fahrer in der Formel 1, und ich komme prima mit ihm aus." Kein Wunder, denn auf der Strecke ist wieder einmal der Deutsche die klare Nummer 1. Da kann auch Ferrari noch so tapfer in einem Rundschreiben an die Fans den "Geist der Samurai beschwören, an Vettels viertem WM-Triumph führt sicher kein Weg mehr vorbei. Nur die Frage nach dem Wann ist noch unbeantwortet.