Fernando Alonsos Meinung ließ nicht lange auf sich warten. Nach seiner Kollision mit Lewis Hamilton in der Startrunde zum Belgien GP platzt dem Spanier der Kragen: "Was für ein Idiot! Macht von außen die Tür zu. Wir hatten einen Mega-Start, aber dieser Typ weiß nur wie man fährt und startet, wenn man Erster ist", poltert Alonso am Teamfunk.
Die Quittung für den Crash inklusive Flugeinlage bekommt Hamilton umgehend: Der Schaden am Silberpfeil ist zu groß, er muss sein Auto nur wenige Kurven später abstellen. Während der Brite bedröppelt neben seinem Mercedes steht und anschließend ganz allein den langen Weg zurück zur Box stapft, kann Alonso das Rennen fortsetzen, wird schlussendlich Fünfter.
Immerhin: Nach seinem Waldspaziergang steht auch für Hamilton fest: "Wenn ich mir die Zeitlupenbilder anschaue, muss ich sagen, dass es heute mein Fehler war." Der Brite erklärt: "Er war in meinem toten Winkel, ich konnte ihn nicht sehen, sonst hätte ich mehr Platz gelassen."
Kollision in Spa: Hamilton hebt ab, Alonso kann weiterfahren
Bild: F1/Twitter

Auf den hitzigen Funkspruch seines Gegenübers angesprochen, kann sich Hamilton eine kleine Spitze jedoch nicht verkneifen: "Ich will dazu lieber nichts sagen. Wir hatten unterschiedliche Resultate in unseren Karrieren."
Sehr wohl aber eine gemeinsame Geschichte: Schon seit 2007 pflegen Hamilton und Alonso eine harte Rivalität. Im ersten F1-Jahr des Briten beenden die beiden damaligen McLaren-Mercedes-Fahrer die Saison nach erbittertem Stallkrieg punktgleich und schenken durch ihr Duell Ferrari-Star Kimi Räikkönen die WM. Hamilton sollte anschließend noch sieben Titel gewinnen, Alonso keinen mehr (nach seinen zwei WM-Siegen 2005/2006 mit Renault).
Der Ton zwischen den Rivalen war in den letzten Jahren aber eigentlich deutlich sanfter geworden und zumindest Alonso findet am Sonntag dann auch wieder versöhnliche Worte. "Ich stimme ihm zwar zu", grinst der Alpine-Pilot in Bezug auf Hamiltons Schuldeingeständnis, "aber ich bin froh, dass Lewis es so sieht und die Verantwortung übernimmt. Das ist sehr nett von ihm."

Erinnerungen an 2014: Hamilton damals wie heute raus

Alonso: "Es war auch ein typischer Startrunden-Unfall, diese Dinge passieren eben, vor allem in dieser Kurve. Ich erinnere mich an die Vergangenheit, Lewis und Nico (Rosberg; d. Red.) sind hier auch schon aneinandergeraten. Die Kurve ist einfach tricky."
Hamilton und Rosberg berührten sich 2014 im Duell um die Führung in Les Combes. Damals war der Deutsche auf der Außenbahn und musste danach ebenfalls die Schuld auf sich nehmen. Trotz vertauschter Rollen, gleich blieb auch diesmal: Hamilton war der Leidtragende und schied nach beiden Kollisionen aus.
Alonso hingegen lacht: "Unser Auto scheint sehr widerstandsfähig zu sein. In Paul Ricard bin ich schon mit Yuki (Tsunoda; d. Red.) zusammengekommen, ich konnte weiterfahren und er nicht. Auch heute fühlte sich das Auto (nach dem Crash; d. Red.) okay an. Ich glaube nicht, dass wir groß Schaden hatten."
Hamilton nahm die Schuld auf sich, nicht aber ohne eine Spitze
Bild: S. Reuss / Mercedes

Kurios: Dass Hamilton hingegen ausschied, rettete ihn nach Meinung eines Experten sogar vor einer Strafe. Denn die Stewards werteten die Kollision nach seinem Aus recht schnell als Rennunfall - zur Überraschung von Ex-F1-Pilot Martin Brundle: "Er hat Glück, dass es keine weitere Untersuchung gab und er dafür keine Grid-Strafe beim nächsten Rennen bekommt. Ich denke, Lewis muss bei diesem Unfall zu 100 Prozent die Schuld übernehmen", so der Sky-England-Experte.
Etwas gemäßigter sieht den Fall Christian Klien: "Lewis dachte wohl, dass er schon ein bisschen weiter vor Alonso ist und hat ziemlich hart reingezogen. Alonso ist innen aber schon auf dem Kerb gewesen und er kann sich ja nicht in Luft auflösen", sagt der ehemalige Jaguar-Pilot bei ServusTV. "Von Lewis finde ich es trotzdem einen guten Zug, dass er das so offen zugibt. Man kann in dieser Situation schnell eine Ausrede finden, aber er steht da drüber."
Eine Verwarnung kassiert Hamilton am Ende des Tages dann aber doch noch: Weil er den obligatorischen Check im Streckenkrankenhaus auslässt, der nach dem harten Schlag bei seiner Landung eigentlich fällig geworden wäre.

Von

Frederik Hackbarth