Lewis Hamilton streichelte seinen Silberpfeil, ließ sich vom russischen Staatschef Wladimir Putin umarmen und feixte mit dem klar geschlagenen Zweitplatzierten Sebastian Vettel. „Ich bin sehr stolz”, sagte der Mercedes-Pilot nach der Wiederholung seines Vorjahrestriumphs beim Großen Preis von Russland in Sotschi. Ferrari-Star Vettel freute sich über ein „klasse Rennen, einen klasse Tag” an der Schwarzmeerküste. Indes können nun der große Pechvogel Nico Rosberg und Vettel den weit enteilten Hamilton im WM-Rennen kaum noch stoppen. Der Brite kann im Optimalfall sogar schon in zwei Wochen in den USA vorzeitig seinen insgesamt dritten Formel-1-Titeltriumph feiern. Gewinnt er in Austin und Vettel wird maximal Dritter, wäre der Coup im viertletzten Saisonlauf perfekt.
Mercedes
Enges Duell der Silberpfeile auf den ersten Metern: Rosberg hatte erst die Nase vorne, fiel dann aber aus
Hamilton profitierte am Sonntag vor allem vom Aus seines Teamkollegen Rosberg, der wegen eines gebrochenen Gaspedals seine Führung verlor und früh aufgeben musste. „Eine Riesenenttäuschung”, stöhnte der Deutsche nach diesem technischen K.o., der für ihn faktisch auch das Ende im Titelrennen bedeutet. Nach dem vor allem in der Anfangsphase spannenden und ereignisreichen 15. WM-Lauf jubelte Hamilton über seinen neuen Saisonsieg. Zudem zog er mit nun insgesamt 42 Formel-1-Erfolgen mit Vettel gleich. „Ein Supertag für Lewis”, urteilte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. In der WM-Wertung eilt der Titelverteidiger der Konkurrenz quasi uneinholbar davon. Hamilton weist mit 302 Punkten nun 66 Zähler Vorsprung vor dem neuen Gesamtzweiten Vettel (236) auf. Rosberg (229) fiel durch seinen Nuller auf Rang drei zurück.
Der aktuelle WM-Stand: Mercedes holt Team-WM!

Rosbergs WM-Traum zerplatzt

Vettel hatte im Sotschi-Autodrom zu keinem Zeitpunkt eine Siegchance. „Es gab ein bisschen Hoffnung, dass ich den Lewis einholen kann, aber er hat wohl nicht das gezeigt, was er zeigen könnte”, räumte der vierfache Weltmeister nach seinen aussichtslosen Aufholversuchen ein. Trotz der klaren Niederlage wirkte der Heppenheimer aber zufrieden: „Ein Superergebnis für uns. Ich habe mich pudelwohl gefühlt.” Hamilton bewertete seinen nach dem Rosberg-Aus ungefährdeten Erfolg gelassen: „Es gab keinen Grund, Risiken zu gehen.” Die letzten fünf Runden habe er „nur noch genossen”. Zugleich bedauerte der Brite den Ausfall seines Teamkollegen, auch wenn er persönlich im Titelkampf davon profitiert: „Es ist schade für das Team, dass wir ein Auto verloren haben.” Für Rosberg endete das so gut begonnene Rennen niederschmetternd. „Wenn normale Sachen brechen, kann ich nicht Weltmeister werden”, wies er frustriert auf ein defektes Gaspedal als Grund für sein Aus in der neunten Runde hin.
Podest Sotschi
Das Siegpodest in Sotschi: Sebastian Vettel (l.), Sieger Lewis Hamilton (2.v.r.) und Sergio Perez (r.)
Zuvor war dem gebürtigen Wiesbadener ein prima Start gelungen. Im Gegensatz zum zurückliegenden Grand Prix in Suzuka und dem letztjährigen Russland-Rennen verteidigte er die Pole-Position gegen seinen hart attackierenden Teamkollegen. Allerdings musste das Rennen Sekunden später neutralisiert werden. Nico Hülkenberg (Emmerich) drehte sich ohne Fremdverschulden und der Schwede Marcus Ericsson krachte in den Force India des Deutschen. „Meine Hinterreifen blockierten beim Anbremsen”, sagte Hülkenberg nach seinem vierten Ausfall in den letzten sechs WM-Läufen. Sein Teamkollege, der Mexikaner Sergio Perez, holte indes als sensationeller Dritter den ersten Podestplatz für Force India in diesem Jahr. Er profitierte dabei vom harten Zweikampf in der Schlussrunde zwischen den beiden Finnen Kimi Räikkönen und Valtteri Bottas, der in einer Kollision endete. „Das war ein normaler Rennunfall”, verteidigte Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene die fragwürdige Aktion seines Schützlings Räikkönen, der Bottas' Williams in die Reifenstapel schickte.
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Mercedes profitiert von Räikkönen-Strafe

Räikkönen wurde dafür zum Rapport bei den Rennkommissaren beordert und bekam gut zwei Stunden nach Rennende zusätzliche 30 Strafsekunden aufgebrummt. Im Rennergebnis fiel er dadurch auf Rang acht zurück und bescherte Mercedes somit den vorzeitigen Gewinn des Konstrukteurstitels. Durch die verlorenen Punkte kann Ferrari den Rückstand auf die Stuttgarter in den verbleibenden vier Rennen nicht mehr aufholen. Der Titel am grünen Tisch war der letzte Aufreger an einem turbultenen Rennwochenende: Nur einen Tag nach dem schweren Unfall von Carlos Sainz, der für Toro Rosso trotzdem am Rennen teilnahm, sorgte in der 13. von 53 Runden auch ein spektakulärer Crash von Romain Grosjean für bange Momente. Der Franzose krachte mit schätzungsweise 250 km/h in eine Streckenbarriere, konnte aber unverletzt aus seinem demolierten Lotus steigen, während ein zweites Mal das Safety Car auf die Strecke musste. (fh/dpa)

Rennergebnis - Russland GP 2015 (Update):

1. Lewis Hamilton (Großbritannien) Mercedes 1:37:11,024 Stunden (191,232 km/h)
2. Sebastian Vettel (Heppenheim) Ferrari +05,953 Sekunden zurück
3. Sergio Perez (Mexiko) Force-India-Mercedes +28,918
4. Felipe Massa (Brasilien) Williams-Mercedes +38,831
5. Daniil Kvyat (Russland) Red-Bull-Renault +47,566
6. Felipe Nasr (Brasilien) Sauber-Ferrari +56,508
7. Pastor Maldonado (Venezuela) Lotus-Mercedes +1:01,088 Minuten zurück
8. Kimi Räikkönen (Finnland) Ferrari +1:12,358 (30 Sekunden Strafe / Kollision mit Bottas)
9. Jenson Button (Großbritannien) McLaren-Honda +1:19,467
10. Max Verstappen (Niederlande) Toro-Rosso-Renault +1:28,424
11. Fernando Alonso (Spanien) McLaren-Honda +1:31,210 (5 Sekunden Strafe / Track Limits)
12. Valtteri Bottas (Finnland) Williams-Mercedes +1 Runde
13. Roberto Merhi (Spanien) Manor-Marussia-Ferrari +1 Runde
14. Will Stevens (Großbritannien) Manor-Marussia-Ferrari +2 Runden
15. Daniel Ricciardo (Australien) Red-Bull-Renault +6 Runden
Ausgeschieden: Nico Hülkenberg (Emmerich) Force India, Marcus Ericsson (Schweden) Sauber-Ferrari, Nico Rosberg (Wiesbaden) Mercedes, Romain Grosjean (Frankreich) Lotus-Mercedes, Carlos Sainz jr. (Spanien) Toro Rosso
Schnellste Runde: Sebastian Vettel (Heppenheim) Ferrari 1:40,071 Minuten