Robert Kubica hat es tatsächlich geschafft. Der Pole ist wieder zurück im Formel-1-Cockpit. Dass der 34-Jährige überhaupt Formel 1 fahren kann, gleicht einem Wunder: Auch sieben Jahre nach seinem schweren Rallye-Unfall ist die Bewegungsfähigkeit seines rechten Arms stark eingeschränkt. Zudem hat er im rechten Arm nur 40% seiner Kraft. De facto fährt Kubica also (fast) nur mit Links Formel 1. Selbst Gänge wechseln und Knöpfchen drücken am Lenkrad geht nur mit der linken Hand. Dafür hat Williams das Lenkrad umgebaut.
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Doch Kubica ist nicht der erste Formel-1-Pilot mit körperlichem Handicap. Das brutalste Beispiel ist Archie-Scott-Brown: Seine Mutter erkrankte während der Schwangerschaft an Masern. Bei der Geburt war Scott-Brown körperlich stark behindert. 22 Operationen musste er noch als Baby über sich ergehen lassen – Doch die Beine und Füße sowie ein Arm blieben verkrüppelt. Trotzdem fuhr er beim Großbritannien-GP 1956 im Connaught-Team des späteren Formel-1-Bosses Bernie Ecclestone mit. Wegen eines Getriebeschadens schied der Brite aus – doch selbst der große Juan-Manuel Fangio (damals dreimaliger Weltmeister) lobte das Talent von Archie Scott-Brown. Dennoch bekam er nie eine internationale Rennlizenz, konnte daher nur in England Rennen fahren.
Kubica
Robert Kubicas rechter Arm ist nach wie vor gehandicapt
Alan Stacey hatte ebenfalls schon von Geburt an ein verkürztes rechtes Bein. Eine Prothese fungierte als Unterschenkelersatz, Gas geben konnte er mit einem motorradähnlichen Gaszug. Der Brite galt dennoch als äußerst talentiert, so dass ihn sogar das damalige Spitzenteam Lotus verpflichtete. Von 1958 bis 1960 war er bei sieben WM-Rennen dabei, erzielte in Silverstone 1959 Rang acht. Beim Belgien-GP 1960 flog ihm während der Fahrt ein Vogel aufs Visier. Er erlitt dabei tödliche Verletzungen.
Jean Behra hatte nur noch ein Ohr. Vor jedem Rennen nahm der temperamentvolle, aber ordentliche Franzose das Plastikohr ab und legte es feinsäuberlich in einen Beutel.
Doch all diese Fälle stammen aus den wilden 50er und 60er Jahren. Bereits in den 80er Jahren waren die Sicherheitsvorschriften deutlich schärfer. Nach seinem schweren Trainingscrash in Imola 1987 kam Nelson Piquet nur mit einem Schuh ins Fahrerlager. Daraufhin Formel-1-Doktor Sid Watkins: „Wo hast du nur deinen Kopf? Du hast einen Schuh vergessen.“ Piquet konterte: „Den hab ich nicht vergessen – ich bekomme ihn nicht an, weil mein Fuß zu stark geschwollen ist. Ich fahre barfuß.“ Watkins mit typisch britischem Humor: „Das reicht: verletzter Fuß, Hirnschaden – du fährst nicht!“         
Eine Ausnahme war 1989 noch Johnny Herbert, der nach seinem Formel-3000-Crash in Brands Hatch ein Jahr zuvor noch immer nicht richtig gehen konnte. Er fuhr daher mit dem Fahrrad in die Startaufstellung und wurde von seinen Mechanikern ins Auto gehoben.
 

Von

Michael Zeitler