Lewis Hamilton halt seinem Ruf als Kanada-Spezialist wieder alle Ehre gemacht. Der Brite feierte am Sonntag bereits seinen sechsten Sieg in Montreal und verkürzte den Rückstand in der WM auf Sebastian Vettel von 25 auf zwölf Punkte. Der Deutsche wurde in Kanada Vierter, Hamiltons Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas und Daniel Ricciardo im Red Bull durften mit aufs Poidum.
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"Ich habe hier vor zehn Jahren meine erste Pole und meinen ersten Sieg geholt. Beides hier an diesem Wochenende wiederholen zu dürfen, ist sehr speziell für mich", sagte Hamilton.
Kanada GP
Die Top-3 am Podium: Bottas, Hamilton, Ricciardo
"Das war ein Spaziergang im Park heute", gratulierte derweil der Mercedes-Kommandostand am Funk und auch Hamilton räumte im Ziel ein: "Es hatte ein bisschen was von einer schönen Sonntagsfahrt. Es gab heute nicht so viel Druck." Der Brite scherzte sogar: "Das Wetter war auch schön, die Sonne draußen. Vielleicht springe ich später noch in den See."
Mercedes-Sportchef Toto Wolff kam das "ruhigere" Rennen für seine Mannschaft gerade recht. "Wir hatten genug Aufregung diese Saison. Jetzt einmal zum Sieg cruisen zu können wie heute, nehmen wir also gerne mit." Der Österreicher erklärte: "Nach dem schwierigen Wochenende in Monaco ist die Erleichterung im Team riesig, dass wir hier so zurückschlagen konnten." Der Schlüssel laut Wolff: "Wir haben die letzten zehn Tage 24/7 gearbeitet, haben Dreifach-Schichten im Simulator und in der Aero-Abteilung eingelegt. Zu jeder Zeit in der Nacht waren Leute in der Fabrik."
Für Mercedes-F1-Aufsichtsrat Niki Lauda steht nach dem Kanada GP fest: "Das ganze Team ist zurück. Platz eins und zwei, wie in den guten alten Zeiten." Für die Paarung Hamilton-Bottas war es der erste gemeinsame Doppelsieg. "Das Wochenende war wirklich perfekt", fand Lauda. Auch, weil Ferrari "ab dem Start Probleme hatte", so der Österreicher. "Die sind heute nie richtig in Fahrt gekommen, auch wenn Vettel noch durchs Feld gepflügt ist."
Mercedes
Der Brite feierte seinen Triumph mit dem Union Jack
Der Deutsche war am Start von Rang zwei auf Platz vier zurückgefallen und hatte sich im Duell mit Max Verstappen in Kurve eins zusätzlich den Frontflügel beschädigt. Vettel musste daher früh an die Box und den Flügel wechseln. Vom zwischenzeitlich 18. Rang stürmte er bis ins Ziel noch auf den vierten Platz vor und zeigte auf seiner Aufholjagd tolle Überholmanöver, wie etwa gegen beide Force India.
Vettel im Interview: "Das war volles Risiko!"
Daniel Ricciardo im Red Bull konnte Vettel am Ende aber knapp nicht mehr abfangen. Der Teamkollege von Max Verstappen - der Holländer war nach seinem Raketenstart und der Vettel-Berührung früh im Rennen mit einem Elektrikdefekt ausgefallen - sicherte sich den letzten Platz auf dem Podium.
Nico Hülkenberg belegte am Sonntag in Kanada den achten Rang im Renault. Groß war die Freunde auch bei Lokalmatador Lance Stroll. Der junge Kanadier holte im Williams als Neunter ausgerechnet beim Heimspiel seine ersten Punkte in der Formel 1. Pascal Wehrlein im Sauber verpasste die Top-10 deutlich. Der Deutsche musste sich im Ziel mit Rang 15 zufriedengeben.
So lief der Samstag
Das erste Geschenk machte sich Lewis Hamilton auf der Strecke mit seiner Pole-Position in Kanada selbst - das nächste gab es kurze Zeit später. Zur Verblüffung des Briten wurde ihm bei den Interviews der Top-3 ein original Rennhelm von Ayrton Senna aus dem Jahr 1987 überreicht. Ein Geschenk von der Familie der brasilianischen Renn-Ikone und Anerkennung für Hamiltons Leistung: Denn mit seiner 65. F1-Pole hat der Mercedes-Star am Samstag die langjährige Bestmarke Sennas eingestellt. Nur Michael Schumacher hat noch drei Poles mehr als die beiden.
Hamilton
Lewis Hamilton mit seinem ganz besonderen Geschenk
"Wow! Ich bin komplett sprachlos! Ayrton ist für viele und auch für mich der Beste aller Zeiten und der, der mich inspiriert hat, jetzt da zu sein, wo ich bin", stammelte Hamilton und kämpfte mit seinen Emotionen. "Dieses Geschenk zu kriegen ist eine große, große Ehre. Ein großer Dank an die Senna-Familie!" Hamilton grinste: "Ich habe in meinem Apartment in Monaco nicht viel Platz. Aber hierfür ganz sicher. Der Helm kriegt einen Ehrenplatz! Er wird das Erste, was man sieht, wenn man reinkommt."
Geadelt wurde Hamilton auch von Mercedes-F1-Aufsichtsrat Niki Lauda - und zwar für seine Runden in Q3. "Unglaublich! Ich habe nicht gedacht, dass er so schnell fahren kann", sagte Lauda. "Die 11,7 war schon eine Überraschung. Aber dann noch einmal nachlegen und eine 11,4 raushauen - das war ein perfekter Job!" Tatsächlich war Hamiltons Rundenzeit die schnellste jemals gefahrene Runde auf dem Circuit Gilles Villeneuve.
Qualifying
Die Top-3 im Qualifying: Vettel, Hamilton und Bottas
"Es war eine sexy Runde", lachte auch Hamilton, der das Qualifying als "enge Schlacht mit Ferrari" bezeichnete. "Ich habe gepusht wie verrückt und kann kaum glauben, dass die Runde am Ende so gut zusammenkam. Montreal war schon immer sehr gut zu mir", meinte der Brite, der bereits zum sechsten Mal die Pole beim Kanada GP holte und am Sonntag auch schon seinen sechsten Sieg auf dem Kurs jagt.
Neben ihm in Reihe eins startet dann Sebastian Vettel. "Ich denke, wir haben die Pace, um morgen um den Sieg zu kämpfen. Aber ich bin nicht ganz so happy mit meinem letzten Run im Quali." Mit seiner zweiten schnellen Runde robbte sich Vettel noch auf vier Tausendstel an Hamilton ran. Doch nachdem sich der Brite erneut verbessert hatte, konnte Vettel nicht mehr nachlegen und musste sich schlussendlich um drei Zehntel geschlagen geben. "Ich habe auf meiner letzten Runde zu hart gepusht und dann hier und da etwas verloren. Das konnte ich nicht mehr aufholen. Alles in allem war es aber trotzdem ein gutes Qualifying."
Vettel
Sebastian Vettel verpasste den Sprung an die Spitze
Hinter dem Deutschen startet Valtteri Bottas im zweiten Mercedes als Dritter. Der Finne hatte allerdings schon über sieben Zehntel Rückstand auf die Bestzeit von Teamkollege Hamilton. Monaco-Pole-Mann Kimi Räikkönen kam im Kanada-Quali nur auf den vierten Rang, vor den beiden Red Bulls von Max Verstappen und Daniel Ricciardo.
Nico Hülkenberg startet am Sonntag als Zehnter. Pascal Wehrlein muss den Grand Prix als Letzter aufnehmen. Der Sauber-Pilot drehte sich auf seinem letzten schnellen Run in Q3 beim Anbremsen zur ersten Kurve und schlug mit dem Heck in die Reifenstapel ein. "Mein Fehler. Ich bin zu weit rausgekommen. Es tut mir leid für mein Team und die Mechaniker", kommentierte Wehrlein.
So lief das Abschlusstraining
Sebastian Vettel geht als Favorit ins Qualifying zum Kanada GP (19 Uhr deutscher Zeit): Mit einer Zeit von 1:12.572 Minuten brannte der Heppenheimer im Abschlusstraining am Samstag die Bestmarke des bisherigen Wochenendes auf dem Circuit Gilles Villeneuve in den Asphalt.
Zweiter hinter Vettel wurde sein Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen. Der Finne hatte am gestrigen Freitag die Tagesbestzeit erzielt und sich auch beim letzten Qualifying in Monaco die Pole geschnappt.
Leichte Schwierigkeiten hatten im letzten Training vor dem Ausfahren der Startplätze noch die Mercedes-Piloten. Vettels erster WM-Verfolger Lewis Hamilton landete zwar mit dreieinhalb Zehnteln Rückstand auf dem dritten Rang, einmal aber auch fast in der Mauer. Er konnte einen Quersteher in Kurve fünf ebenso noch abfangen wie Teamkollege Valtteri Bottas an der gleichen Stelle - der Finne wurde Fünfter.
Zwischen die beiden Silberpfeile schob sich Max Verstappen im Red Bull. Nico Hülkenberg belegte im Renault den starken sechsten Platz. Pascal Wehrlein beendete die Session auf dem 20. und letzten Platz.
So lief der Freitag
Sebastian Vettels Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen hat im zweiten Freien Training zum Formel-1-Rennen in Kanada die Tagesbestzeit aufgestellt. Der Finne blieb am Freitag in 1:12.935 Minuten als einziger Pilot unter 1:13 Minuten auf dem 4,361 Kilometer langen Kurs in Montreal. Zweiter wurde in der schnelleren Session am Nachmittag Lewis Hamilton aus Großbritannien im Mercedes.
Der WM-Verfolger blieb 50 Tausendstelsekunden vor WM-Spitzenreiter Vettel. Der Heppenheimer leistete sich wie schon in der ersten Session am Vormittag einen Dreher, blieb den nah stehenden Mauern auf dem Straßenkurs aber fern. "Der Tag war ein bisschen gemischt. Ich hatte ein paar Dreher und habe ein bisschen mit dem Auto gekämpft", erklärte Vettel, zog aber ein positives Fazit: "Am Ende habe ich verstanden, was ich machen muss und das Auto braucht. Es war eine interessante Session, denn die Strecke war noch recht schmutzig heute."
Zahlreiche Fahrer leisteten sich Dreher, unter anderem Valterri Bottas, der am Nachmittag Vierter wurde. Schlecht lief das Training für Red Bull. Daniel Ricciardo kam mit Motorproblemen kaum zum Fahren, Max Verstappen erzielte zwar die fünftschnellste Zeit, rollte dann jedoch mit einem Getriebeproblem aus. Nico Hülkenberg wurde im Renault Zwölfter, Pascal Wehrlein im Sauber 20. und Letzter.
So lief das erste Training
Seine Rückkehr verlief so, wie sein Indy-Abenteuer aufgehört hatte: Fernando Alonso strandete auch beim ersten Aufgalopp der Formel 1 am Freitag in Kanada mit seinem McLaren-Honda auf der Strecke. Gut 20 Minuten vor Ende der Session beklagte der Spanier am Funk erst eine sehr schwere Lenkung, wurde dann langsamer. Das Team wies ihn daraufhin an, seinen MCL32 am Streckenrand abzustellen.
Auch wenn zunächst alles auf einen Hydraulikdefekt hindeutete, wollte Alonso ebenso ein Getriebeproblem nicht ausschließen. "Wir sind es ja gewohnt", spottete der Spanier in Bezug auf die anhaltenden Probleme seines Rennstalls, als er unter dem Applaus der Fans zur Box zurücktrottete. Immerhin mit Blick auf das weitere Wochenende macht sich Alonso aber keine Sorgen: "Wir kennen die Strecke gut, haben viel Erfahrung hier. Egal, was jetzt im Training ist - wenn es morgen ins Qualifying geht, werden wir voll da sein."
Die Bestzeit im ersten Training schnappte sich mit einer Zeit von 1:13.809 Minuten Lewis Hamilton. Der Mercedes-Pilot ließ seinen schärfsten WM-Rivalen Sebastian Vettel damit 0,198 Sekunden hinter sich. Dritter wurde Hamilton-Teamkollege Valtteri Bottas, Vierter Vettel-Teamkollege Kimi Räikkönen. Wie auch viele andere Fahrer, leisteten sich beide Ferrari-Piloten auf der am Freitag anfänglich noch sehr rutschigen Piste einen Dreher, konnten aber unbeschadet ihr Programm fortsetzen.

Von

Frederik Hackbarth