Erstmals seit Beginn der Turbo-Hybrid-Ära 2014 steht am Sonntag in Monza kein Mercedes ganz oben auf dem Siegertreppchen beim Italien GP. Auf dem Power-Kurs im Norden Mailands können die Silberpfeile dieses Jahr nicht mit Ferraris hohem Topspeed auf den Geraden mithalten.
Allerdings stellt sich beim Fahrverhalten von Sieger Charles Leclerc die Frage: nur hart oder schon unfair?
Die harte Gangart des Ferrari-Stars im Duell mit Hamilton schoss für Meredes-Boss Toto Wolff "vielleicht ein bisschen übers Limit hinaus". Zweimal gleich fuhr Leclerc am oder überm Limit. Zunächst drückte er Hamilton in einer Bremszone ins Gras, dann kürzte der Ferrari-Pilot im Duell mit dem Briten in der ersten Schikane ab. Für das zweite Vergehen bekam er eine Verwarnung (mehr Infos dazu hier).
Wolff vorsichtig kritisch: "Wir alle wollen hartes Racing sehen, aber wo ziehst du die Grenze? Man hätte beide Aktionen bestrafen können: Als er Lewis von der Strecke gedrückt hat und auch das Abkürzen in der Schikane."
Aber der Mercedes-Boss schickt selbst die entscheidende Frage hinterher: "Was ist die Konsequenz? Leclerc in Monza eine Fünf-Sekunden-Strafe geben? Dann haben wir hier Aufstände und zum Verlassen der Strecke brauchst du Polizeischutz."
Leclerc
Am Ende gratulierte Hamilton Sieger Leclerc fair
Hamilton gibt sich in Bezug auf das Duell mit Leclerc eher wortkarg. Der Brite: "Wir haben solche Vorfälle ja schon hundertmal durchgesprochen. Ich habe die Kollision dann einfach vermieden und mich danach wieder darauf konzentriert, an Charles ranzukommen." 
Er räumt aber auch ein: "Wenn die WM schon entscheiden wäre, hätte ich mich nicht bewegt. Dann wären wir kollidiert..."
Das Problem: In einem ähnlichen Fall im Vorjahr bekam Max Verstappen eine Fünf-Sekunden-Strafe, als er Valtteri Bottas keinen Platz ließ. Hamilton: "Das Einzige, was ich will, sind konstante Entscheidungen. Ich weiß auch nicht, warum das Urteil dieses Mal anders ausgefallen ist. Vielleicht sind die Stewards heute mit dem falschen Fuß aufgestanden."
Rennleiter Michael Masi mit dem Versuch einer Erklärung: "Letztes Jahr kam es zur Kollision der beiden Fahrer - dieses Mal nicht. Außerdem hatten wir in Bahrain eine Diskussion mit den Piloten, bei der es darum ging, sie härter kämpfen zu lassen. Und in Spa haben wir entschieden, die schwarz-weiße Flagge für unsportliches Verhalten einzuführen. Dort hat sie Pierre Gasly für ein ähnliches Manöver gesehen."
Leclerc selbst verteidigte sich mit dem Argument, dass Verstappen ihn im Duell um den Sieg von Österreich ebenfalls von der Strecke geschoben habe. Der Monza-Sieger: "Ich habe seitdem meine Einstellung geändert und das hat mir heute dabei geholfen zu gewinnen. Das Manöver war natürlich nah am Limit. Aber mir gefällt es so zu kämpfen."
Hamilton will das nicht ganz so stehen lassen, kündigt ein persönliches Gepräch mit Leclerc an: "Ich will ihn fragen, ob es für ihn auch mit vertauschten Rollen okay gewesen wäre. Wenn dem so ist, werde ich meine Fahrweise künftig daran anpassen."

Von

Frederik Hackbarth