Ferrari wird morgen den neuen Formel-1-Renner präsentieren. Ein Auto, das den Beinamen Göttin trägt. Das sagt viel über den Mythos Ferrari. Es gibt nur wenig Formel-1-Fahrer, die nicht eines Tages für die Scuderia Ferrari fahren wollen – ein Team, das seit der ersten WM 1950 dabei ist. Und das Team, das am erfolgreichsten ist. Mit 15 Fahrertiteln ist Ferrari klar die Nummer eins. Es folgen McLaren (12) und Williams (7). Nicht einmal Red Bull (4) und Mercedes (6) kommen zusammen ansatzweise auf die Erfolgsbilanz von Ferrari.
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15 Titel gewonnen. Aber man kann auch sagen: 53 Titel verloren. Seit elf Jahren wartet Ferrari darauf, wieder einen Champion aus dem eigenen Lager zu krönen. Seit Kimi Räikkönen 2007 hat das kein Pilot in Rot mehr geschafft. Auch vor Niki Laudas Titel 1975 vergingen zehn Jahre ohne Erfolg. Zwischen Jody Scheckter 1979 und Michael Schumacher 2000 dauerte die Ferrari-Durststrecke sogar 21 Jahre.
Die Quote jedenfalls ist für Ferrari nicht besonders gut: In 22 Prozent aller Jahre stellte Ferrari den Weltmeister. McLaren (24 Prozent), Red Bull (33 Prozent) und Mercedes (60 Prozent) sind da wesentlich erfolgreicher.
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Vettel will Ferrari wieder auf die Erfolgsspur zurückführen
Trotzdem lebt der Mythos: Das Besondere an Ferrari sei „schwer zu beschreiben“, sagt Sebastian Vettel zu AUTO BILD MOTORSPORT und versucht es dennoch: „Enzo Ferrari hat mal gesagt: Leidenschaft kann man nicht beschreiben, sondern die muss man erleben. Rot ist nur eine andere Farbe, aber das, wofür die Farbe steht, wofür Ferrari im Rennsport und in der Formel 1 steht, ist etwas ganz Eigenes. Da bekomme selbst ich noch weiche Knie.“ Vor seiner ersten Fahrt im neuen Ferrari hat er deshalb Respekt: „Ich bin ja schon öfter das erste Mal in ein Auto gestiegen und viele Runden gefahren, aber bei Ferrari ist man dann schon noch mal extra nervös – nach jedem Winter aufs Neue.“
Auch Niki Lauda kann sich des besonderen Gefühls für Ferrari nicht ganz entziehen. „Normalerweise müsste man sagen: Jeder Ferrari ist auch nur ein Stück Blech“, hat er einst gesagt. Der Österreicher ist heute Aufsichtsratsvorsitzender des Mercedes-Formel-1-Teams. Zwei seiner drei WM-Titel hat er aber für Ferrari geholt. Lauda: „Aber in seinen Autos lebt Enzo Ferrari weiter – der große alte Mann, der macht den Unterschied.“
Ex-Champion Jody Scheckter ergänzt: „Ferrari ist heute anders als es früher war. Aber du weißt ja: Wenn du für Ferrari fährst, dann fährst du nicht nur für Ferrari. Du fährst für ganz Italien – und das ist es, was den großen Zauber ausmacht.“

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Gerhard Berger hat für Ferrari nie den Titel holen können. Aber fünf GP-Siege. „Mir tut jeder Fahrer leid, der nie für Ferrari gefahren ist“, schwärmt er. Der Österreicher war 1987 der letzte Fahrer, den Enzo Ferrari noch selbst unter Vertrag genommen hat. Berger: „Wenn du in seinem Büro bist, ist es, als wenn du dem lieben Gott gegenübersitzt.“
Es gab aber auch schon immer die Fahrer, die nicht begeistert waren von Ferrari. Jack Brabham zum Beispiel, dreimaliger Weltmeister aus Australien: „Für mich war bei meinen Siegen immer nur eines wichtig: Dass ich Ferrari geschlagen habe. Der Grund: Ich bin als junger, aufstrebender Rennfahrer einmal nach Maranello getrampt, um die Traumfabrik der Rennautos anzusehen und wurde erst nach stundenlangem Warten gnädig hereingelassen. Das habe ich mir gemerkt – und Rache geschworen.“

Von

Michael Zeitler