Es hätte die Krönung seiner Karriere werden sollen: der WM-Titel mit Ferrari. Doch daraus wird wohl nichts. Ferrari traut sich ja nicht mal selbst zu, 2020 Weltmeister zu werden. „Wir sind nicht die Favoriten“, hört man von der Scuderia immer wieder.
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Dass Vettel mit Ferrari nicht Weltmeister geworden ist, ist die größte Niederlage seiner Karriere. Nur: Damit steht Vettel bei weitem nicht alleine da. Wenn Ferrari-Teamchef Mattia Binotto in der Presseaussendung davon schreibt, dass „Vettel trotzdem als einer der erfolgreichsten Ferrari-Fahrer in die Geschichte eingeht“, dann sind das mehr als Floskeln. Vettel gewann mit Ferrari 14 Grands Prix, nur Michael Schumacher (72) und Niki Lauda (15) haben mehr Siege vorzuweisen.
Mit Alberto Ascari, Juan-Manuel Fangio, Mike Hawthorn, Phil Hill, John Surtees, Niki Lauda, Jody Scheckter, Michael Schumacher und Kimi Räikkönen sind zwar neun Fahrer für Ferrari Weltmeister geworden, die meisten aber blieben erfolglos. 76 Fahrer sind bisher für Ferrari in der Formel 1 gestartet, nur 38 davon haben überhaupt ein Rennen gewinnen können (also die Hälfte), nur neun wurden mit Ferrari auch Champion.
Alonso
Auch Fernando Alonso ist bei Ferrari gescheitert
Um es auf den Punkt zu bringen: Mit 15 Fahrertiteln ist Ferrari zwar das erfolgreichste Team der Formel-1-Geschichte, aber auf der anderen Seite hat kein Rennstall so viele Titel verloren wie Ferrari (55). Viele Piloten sind auch am Mythos gescheitert. Zuletzt Fernando Alonso, der nach vier Jahren in Rot und zwei Vizetiteln zu McLaren flüchtete.
Die meisten Ferrari-Rennen ohne Titel fuhr Felipe Massa (139). Es folgen Rubens Barrichello (102), Vettel (101), Gerhard Berger und Alonso (beide 96), Michele Alboreto (80), Jean Alesi (79), Clay Regazzoni (73), Gilles Villeneuve (66) und Eddie Irvine (65).
Insgesamt sechs Champions sind bei Ferrari WM-los geblieben: Giuseppe Farina, Mario Andretti, Alain Prost, Nigel Mansell, Fernando Alonso und nun eben auch Vettel.
Trotzdem lebt der Mythos Ferrari: Das Besondere an Ferrari sei „schwer zu beschreiben“, sagtSebastian Vettel zu AUTO BILD MOTORSPORT und versucht es dennoch: „Enzo Ferrari hat mal gesagt: Leidenschaft kann man nicht beschreiben, sondern die muss man erleben. Rot ist nur eine andere Farbe, aber das, wofür die Farbe steht, wofür Ferrari im Rennsport und in der Formel 1 steht, ist etwas ganz Eigenes. Da bekomme selbst ich noch weiche Knie.“
Auch Niki Lauda kann sich des besonderen Gefühls für Ferrari nicht ganz entziehen. „Normalerweise müsste man sagen: Jeder Ferrari ist auch nur ein Stück Blech“, hat er einst gesagt. „Aber in seinen Autos lebt Enzo Ferrari weiter – der große alte Mann, der macht den Unterschied.“
Ex-Champion Jody Scheckter ergänzt: „Ferrari ist heute anders als es früher war. Aber du weißt ja: Wenn du für Ferrari fährst, dann fährst du nicht nur für Ferrari. Du fährst für ganz Italien – und das ist es, was den großen Zauber ausmacht.“
Gerhard Berger hat für Ferrari nie den Titel holen können. Aber fünf GP-Siege. „Mir tut jeder Fahrer leid, der nie für Ferrari gefahren ist“, schwärmt er. Der Österreicher war 1987 der letzte Fahrer, den Enzo Ferrari noch selbst unter Vertrag genommen hat. Berger: „Wenn du in seinem Büro bist, ist es, als wenn du dem lieben Gott gegenübersitzt.“
Es gab aber auch schon immer die Fahrer, die nicht begeistert waren von Ferrari. Jack Brabham zum Beispiel, dreimaliger Weltmeister aus Australien: „Für mich war bei meinen Siegen immer nur eines wichtig: Dass ich Ferrari geschlagen habe. Der Grund: Ich bin als junger, aufstrebender Rennfahrer einmal nach Maranello getrampt, um die Traumfabrik der Rennautos anzusehen und wurde erst nach stundenlangem Warten gnädig hereingelassen. Das habe ich mir gemerkt – und Rache geschworen.“

Von

Michael Zeitler