Formel 1: Nico Rosberg im Interview
Heute ist es schiefgelaufen

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Nico Rosbergs Verbremser entschied den Italien GP zu Gunsten von Lewis Hamilton. Der Deutsche stellt sich im großen Interview allen Fragen zum Rennen in Monza.
Bild: Getty Images
Herr Rosberg, zweimal haben Sie sich heute in der ersten Kurve verbremst. Beim zweiten Mal hat Sie das den Sieg gekostet. Was war da los?
Nico Rosberg: Naja, es ist so: Ich kann diese Kurve dann schon noch kriegen, kein Problem. Aber man kann das im Training an der Stelle ausprobieren: Wenn ich die Kurve noch nehme, obwohl ich mich verbremse, ist mein Reifen danach kaputt... vor allem wenn der Verbremser so früh ist. Wenn er später einsetzt, kein Problem. Aber zu früh und man hat noch eine viel zu hohe Last auf dem Rad. Wenn man anschließend mit dem Reifensatz noch lange fahren muss, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Reifen das nicht mitmacht, ich einen zweiten Stopp einlegen muss und noch mehr Zeit und Plätze verliere. Deswegen habe ich entschieden, dass ich geradeaus durch den Notausgang fahre.
Wie fällt man im Bruchteil einer Sekunde die Entscheidung, was jetzt das Richtige in der Situation ist?

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Gibt es eine Erklärung, warum Hamilton das ganze Wochenende über schneller war?
Das hier ist eine Bremsstrecke und das Bremsen ist das eine Thema, womit ich mich schon das ganze Jahr über nicht wohlfühle. Die Bremsen liegen mir einfach nicht. Sie variieren während des Bremsvorgans und daher ist es sehr schwer, da ein Gefühl für zu entwickeln. Durch Lewis’ Bremsversagen in Hockenheim mussten wir jetzt noch länger auf diesen Bremsen bleiben, denn dort hatte wir neue Sachen zum Versuchen. Wegen seines Defekts mussten wir nun wieder zurückrüsten.
Ihr Motorsportchef Toto Wolff sagt mit Blick auf den heutigen Ausrutscher, dass am Auto jedenfalls kein mechanisches Problem war.
Nein. Alles war normal.
Und er sagt auch, dass es so gar nicht Nico-like war, so einen Fehler zweimal an der gleichen Stelle zu machen.

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Sie hatten ihr Team bereits zuvor am Funk gebeten, ihnen die Abstände zu Hamilton nicht mehr mitzuteilen. Warum?
Weil ich ja im Rückspiegel sehe wo er ist. Da brauche ich keine Abstände mehr.
Wir kommen langsam in die heiße Phase der WM. Wie intensiv sind solche Duelle wie das heute?
Generell gefällt mir diese Art des Kampfes in diesem Sport. Klar ist es auch mal schön, Rennen zu haben wie Hockenheim dieses Jahr, wo man ganz entspannt vorne wegfährt, noch dazu vor Heimpublikum. Aber generell liegen mir solche intensiven Duelle, auch dieser Kampf mit Lewis. Das ist eine Herausforderung und natürlich auch Nervenkitzel, wenn der Teamkollege von hinten angeflogen kommt, im Spiegel immer größer wird und es dabei um den Sieg in Monza geht!
Umso größer ist dann natürlich auch die Enttäuschung, wenn es schiefgeht. Was war ihr Gedanke, als Sie merkten, Sie verbremsen sich erneut?

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Wie ist denn das Verhältnis zu Hamilton im Moment? Haben Sie ihm nach dem Rennen gratuliert... anders als er beispielsweise ihnen in Monaco?
Natürlich habe ich gratuliert. Das ist doch ganz normal und wichtig. Heute und gestern nach dem Quali auch schon, denn das gehört sich so und es gibt auch keinen Grund, es nicht zu machen. Die Stärke, die wir immer haben, ist diese Basis noch von damals im Go-Kart. Das hört sich immer doof an, aber es ist mit ihm eben schon anders. Damals waren wir noch Kinder, haben das aber auch alles schon durchlebt. Es ist einfach eine Basis, die einen immer wieder bisschen zusammenbringt. Man redet dann und danach geht es weiter. Das war ja schon das ganze Jahr so: Wir haben so viele Diskussionen gehabt und es geht immer wieder weiter.
Wie wirkt sich das auf die Arbeit mit dem Team aus?
Was das betrifft, genieße ich die aktuelle Zeit mehr denn je seitdem ich in diesem Sport bin, weil ich jedes Wochenende wenn ich zur Strecke komme weiß, dass ich ein Auto habe, mit dem ich auf Pole fahren und gewinnen kann. Das ist so eine besondere Erfahrung. Eine Menge Zuversicht kommt auch daher, dass wir überall so dominant sind. Das ist immer noch sehr beeindruckend und Gott sei Dank seit Jahresbeginn so geblieben.
Fahren Sie jetzt denn anders als am Anfang der Saison, weil es um die WM geht?

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