Das Foto aus dem Fahrerlager des GP Singapur sprach schon am vergangenen Wochenende Bände. Noch in Mercedes-Klamotten war der erste Formel-E-Weltmeister Nyck de Vries da gemeinsam mit Max und dessen Vater Jos Verstappen zu sehen sowie mit Red Bull-Motorsportchefberater Helmut Marko. Alle vier lachten aus vollem Herzen, als hätte sich da gerade ein Dream-Team gefunden.
Am Samstag vorm Qualifying in Japan wurde es dann offiziell: De Vries ist ab 2023 Teil von Red Bull, ersetzt Pierre Gasly bei Alpha Tauri. Damit sind zwei von vier Plätzen der beiden Teams des Energy Drink-Herstellers mit Niederländern besetzt.
Und genau das ist auch eines der Geheimnisse hinter der Verpflichtung des Noch-Mercedes-Piloten: De Vries und Verstappen sind Freunde, seit sie gemeinsam die holländischen Kartbahnen unsicher gemacht haben. Logisch, dass Verstappen bei Red Bull ein gutes Wort für De Vries eingelegt hat.
„Nach Nycks neuntem Platz in Monza waren wir am Montag gemeinsam essen“, verrät Verstappen. „Da habe ich ihm den Rat gegeben, doch mal bei Helmut Marko anzurufen. Der ist am Montag emotional immer noch voll im Rennwochenende drin und dürfte Nyck in guter Erinnerung behalten haben. Nyck hat meinen Rat befolgt und es hat tatsächlich geklappt.“
Nyck de Vries glänzte bei seinem Formel-1-Debüt in Monza.
Bild: Williams

Auch de Vries selbst bestätigt, dass nicht nur sein neunter Platz als Ersatzmann von Alex Albon (Williams) in Monza die Tür ins AlphaTauri-Cockpit geöffnet hat, sondern auch Kumpel Verstappen. „Max hat bei Marko sicher ein gutes Wort für mich eingelegt“, grinst der Niederländer. „Später in der Woche war ich dann in Österreich. So schnell ging das. Andererseits waren wir natürlich noch in Gesprächen mit Williams. Und ich wollte auch immer noch für Alpine testen. Die klarste Entscheidung ist war dann aber einfach offensichtlich.“
Verstappen als neuer Talentscout für Red Bull! Allein: Die Verpflichtung eines ehemaligen Mercedes-Fahrers legt auch den Finger in die Wunde des Red Bull-Juniorprogramms. „Das ist ein Tiefschlag für das ganze System“, urteilt Ralf Schumacher bei Sky und meint: Wenn Red Bull keinen eigenen Förderkandidaten mehr in die Königsklasse hievt, ist das Juniorteam, aus dem einst sowohl Sebastian Vettel als auch Max Verstappen hervorgingen, nichts mehr Wert.
Dabei wäre die Auswahl groß: Allein in der Formel 2 sind vier Red Bull-Junioren am Start: Liam Lawson (Neuseeland), Dennis Hauger (Norwegen), Jehan Daruvala (Indien) und Ayuma Iwasa (Japan). Das Problem; Auf Platz sechs der Tabelle ist Daruvala derzeit der beste Red Bull-Vertreter in der Nachwuchsserie. Für Helmut Marko ist das schlichtweg nicht genug.
Dr. Helmut Marko ist bekannt als knallharter "Lehrer".
Bild: Red Bull Content Pool

„Für uns geht es allein um Performance“, sagt der Grazer. „Unsere Junioren haben in diesem Jahr nicht die Leistung gebracht, die eine Beförderung verdient hätte. De Vries hat dagegen sowohl in der Formel E als auch in Monza überzeugt. Dann ist das für uns eine glasklare Entscheidung.“
Der Red Bull-Doc ist bekannt als knallharter „Lehrer“. Er hat auch Piloten wie Carlos Sainz (jetzt bei Ferrari) oder Pierre Gasly (wechselt zu Alpine) ziehen lassen, weil er ihnen nicht zutraute, gegen einen Max Verstappen zu bestehen.
Allein: Das heißt nicht, dass sein Juniorsystem gescheitert ist. Denn Marko hat längst einen neuen Liebling: Isack Hadjar (18), ein Franzose, der in der Formel 3 derzeit auf Rang vier liegt, aber noch zu jung ist für die Formel 1. „Wenn er gut performt, könnte er 2024 in der Formel 1 sein“, sagt Marko über den jungen Mann mit algerischen Wurzeln.
Heißt auch: Der Jurist aus Österreich bleibt bei seinem ureigenen Credo: Befördert wird nur, wer es verdient. Selbst wenn er – wie Nyck de Vries – eine Mercedes-Vergangenheit hat.