Einnahmenbeteiligung bis 2012

Justin Wilson passt so gut in die Formel 1 wie ein Supertanker in den Duisburger Binnenhafen – und das liegt nicht nur an seiner stattlichen Größe von 1,91 Meter. Der Fahrerneuling lässt – in der PS-Branche ungewöhnlich – jeden Hang zum Luxus vermissen.

Während sich die Kollegen David Coulthard oder Jacques Villeneuve zwischen Testfahrten und jetzt wieder vor dem Grand Prix von Monaco am Sonntag (1. Juni 2003) auf ihren prachtvollen Yachten an der Cote d'Azur amüsieren, geht Wilson in seiner Heimatstadt Northampton ins Schwimmbad. Seine Freizeit verbringt er nicht mit der Highsociety von Monaco oder in einem idyllischen Schweizer Chalet, sondern in einem britischen Reihenhaus mit alten Schulfreunden. "Ich brauche kein Boot und kein tolles Appartement in Monte Carlo", beteuert Justin Wilson. "Nicht als Statussymbol und nicht zum Glücklichsein."

Natürlich zwingt den 24-jährigen Briten auch das fehlende Kleingeld zur Bodenständigkeit. Seinen Platz im Minardi musste er sich für 2,5 Millionen Dollar erkaufen, der Formel-3000-Meister ist auf Gönner angewiesen. Für "meinen großen Traum" (Wilson) klügelten Manager Jonathan Palmer und Vater Keith Wilson eine Woche vor Saisonstart eine fixe Geschäftsidee aus. Sie gründeten die Gesellschaft Justin Wilson PLC: Investoren können Anteilsscheine erwerben, dafür werden sie an Wilsons Einnahmen bis 2012 beteiligt, zehn Prozent werden ausgeschüttet.

Palmer verspricht hohe Rendite. "Justin ist ein großes Talent mit hervorragenden Erfolgsaussichten." Palmer fuhr von 1983 bis 1989 selbst Formel 1, errang 14 WM-Punkte in 84 Rennen. Mittlerweile veranstaltet der 46-Jährige Fahrsicherheitslehrgänge für Gutbetuchte. Er sagt, er könne Formel 1 besser verkaufen, als er jemals gefahren sei: "Das Geld in Wilson ist sicherer angelegt als auf jeder Bank."

"Er wird ein Großverdiener"

Not machte Palmer erfinderisch. Die Rennställe ächzen 2003 besonders unter dem Verlust von Sponsoren. Der Wert der Werbeflächen sank bei den kleineren und mittleren Teams um durchschnittlich 30 Prozent. Minardi-Chef Paul Stoddart musste zugeben: "Wir haben drei, vier Sponsoren weniger als noch letzte Saison." Ein Platz am Cockpit ist nun für seinen Fahrer reserviert: Invest in Wilson. "Mit seinem smarten Auftritt eignet sich Wilson als prima Werbeträger, außerdem hat er Talent", sagt Stoddart. Neben den anderen Neulingen Antonio Pizzonia (Jaguar), Ralph Firman (Jordan) und Cristiano da Matta (Toyota) schlägt sich Wilson beachtlich. In den sechs Rennen und den Trainingsduellen erzielte er bessere Ergebnisse als Teamkollege Jos Verstappen (31).

Erst der Anfang, glaubt Wilson-Manager Palmer. "Er wird in die Liga der Großverdiener aufsteigen." Palmer nennt Hausnummern: Michael Schumacher (Ferrari/35 Millionen Dollar), Ralf Schumacher (Williams/15 Millionen) oder Villeneuve (BAR/13 Millionen). In einer Branche, in der die exakten Fahrergehälter wie Staatsgeheimnisse gehütet werden, setzt der Formel-1-Verkäufer auf Offensive. Palmer geht mit Wilsons Talent genauso hausieren wie mit dessen Vertragskonditionen. Minardi hat eine Option bis 2005, mit einer entsprechenden Ablöse lässt sich Wilson loseisen: Eine Million Dollar im nächsten Jahr, zwei Millionen Dollar im Jahr darauf. Noch immer wollen Privatiers und Unternehmer ihr kleines Stück Formel 1, täglich kommen Anfragen nach einer Beteiligung an Justin Wilson per Fax ein, behauptet Palmer. "Das Modell schlug ein wie eine Bombe. Wir prüfen alle Angebote auf ihre Seriosität und wählen dann aus."

Mit insgesamt 500.000 Dollar soll Wilson beliehen werden – eine schwere Hypothek. Wie wird man mit dem Druck lungernder Gläubiger fertig und damit, dass der Vater für die Karriere des Filius das Eigenheim beliehen hat? Wilson sagt: "Im Kart bin ich als jüngster gegen ältere gefahren. Das prägt. Ich musste mich immer durchsetzen." Ein Vorbild hat er. Fernando Alonso fuhr 2001 eine Saison auf Pump bei Minardi. Jetzt ist er ein Senkrechtstarter bei Renault und verdient sein erstes Fixgehalt: zwei Millionen Dollar.