Formel 1: Portrait Barrichello
„Ein Titel sollte mir gehören“

—
Rubens Barrichello hält noch immer zwei Rekorde in der Formel 1. Aber für die meisten Fans wird er immer als Nummer zwei in Erinnerung bleiben.
Am Wochenende wird beim Brasilien-GP kein Lokalmatador am Start sein. Doch Brasilien stellte schon 30 Formel-1-Fahrer. Darunter Ayrton Senna, einen der wohl besten Piloten aller Zeiten, oder Nelson Piquet, den Formel-1-Playboy schlechthin. Aber auch Rubens Barrichello, die ewige Nummer zwei.
Ayrton Senna im Portrait: Hier geht's zur Story
„Stimmt“, sagt der heute 46-Jährige 2002, „ich bin die Nummer zwei bei Ferrari. Aber die Nummer zwei mit der Chance auf die Nummer eins vorzurücken. Die Nummer 1b“. Doch er wird nie die Nummer eins, steht immer im Schatten von Michael Schumacher. Zwei Mal (2002 und 2004) wird er Vizemeister, 2009 holt wieder sein Teamkollege den Titel. Dieses Mal Jenson Button, dieses Mal bei Brawn. Barrichello: „Michael Schumacher war ein großartiger Rennfahrer, hat sieben Titel geholt. Aber einer sollte mir gehören.“

Barrichello hält den Rekord mit den meisten Grand-Prix-Teilnahmen
Räikkönen wird Barrichello-Rekord brechen
Barrichello auf seine Zeit als Wasserträger von Michael Schumacher runterzubrechen, wird ihm nicht gerecht. Er kommt 1993 mit Vorschusslorbeeren in die Formel 1, hat sich den britischen Formel-3-Titel geholt und war auch in der Formel 3000 stark dabei. Dann geht sein Licht in Donington 1993 auf. Die Startrunde von Ayrton Senna, in der er von Rang vier auf Rang eins vorstürmt, gilt als die beste Startrunde aller Zeiten. Doch in derselben Runde kämpft sich Barrichello von Platz zwölf sogar auf vier vor. Als er drei Runden vor Schluss wegen eines Technikdefekts ausfällt, liegt er im unterlegenen Jordan-Hart auf Rang drei.
Nelson Piquet im Portrait: Hier nachlesen
Spätestens in Imola 1994 erlangt Barrichello große Bekanntheit. Er leitet mit einem heftigen Einschlag in die Barriere das üble Wochenende ein, das Roland Ratzenberger und Ayrton Senna nicht überleben. Barrichello erleidet nur einen Nasenbeinbruch, kann sogar scherzen. Beim Blick in den Spiegel sagt er: „Ich schaue aus, als hätte ich 15 Runden gegen Mike Tyson geboxt.“ Geschwollene Nase, geplatzte Lippen – weil sein Visier zerbrochen war. Rechter Arm in Gips, geprellte Rippen, blaue Flecken überall.
Schon 1996 will ihn Ferrari verpflichten. Barrichello lehnt ab: „Nach dem Tod von Ayrton Senna musste ich durch sehr vieles hindurch: Depression, Ehrgeiz, Zweifel. Ich war einfach noch nicht reif für Ferrari.“ Er wechselt 1997 zu Stewart, erlebt 1999 in Brasilien seinen bittersten Moment, als sein Ford-Cosworth-Motor in Führung liegend hochgeht.
Auf dieser Strecke wird die Formel 1 2020 debütieren: Hier nachlesen
Erst beim Deutschland-GP 2000 platzt im Ferrari der Knoten. Er gewinnt das Regenrennen und weint auf dem Podest mit dem Himmel um die Wette. Noch am Abend schaut er sich das Rennen auf Videokassette zwei Mal an, am nächsten Tag fliegt er nach Italien. „Als ich in Bologna lande, denk ich, ich bin Michael Jackson: So viele Fans, so viel Begeisterung, für zehn Schritte brauchte ich eine halbe Stunde.“ Es war sein Karrierehighlight, auch wenn zehn weitere Siege folgten.
Heute fährt Barrichello noch immer Rennen. Nach der Formel 1 geht er erst in die IndyCar, wird 2012 Elfter beim Indy 500. Danach wechselt er wie so viele brasilianische Ex-Formel-1-Fahrer in die nationale Stockcar-Meisterschaft, holt 2014 den Titel. Immer wieder fährt er auch die ganz großen Rennen. 2016 wird er bei den 24 Stunden von Daytona Zweiter, 2017 holt er sich Rang 13 in Le Mans, 2018 fährt er die 24 Stunden von Spa.
Im Februar 2018 wird ein gutartiger Tumor in seinem Kopf entfernt. Barrichello kann das nicht bremsen. Aktuell liegt er auf Rang drei der Stockcar-Meisterschaft. Auch sein Sohn Eduardo Barrichello ist längst unter die Rennfahrer gegangen, schließt 2018 in der amerikanischen Formel-4-Meisterschaft unter 52 Piloten mit Platz 20 ab.
Service-Links