Am Wochenende startet in Österreich die neue F1-Saison. Österreichs Formel-1-Geschichte ist voller Ruhm, aber auch voller Tragödien. 14 Fahrer aus der Alpenrepublik haben es in die Königsklasse des Motorsports geschafft. Zwei wurden Weltmeister (Jochen Rindt, Niki Lauda), ein weiterer gewann Rennen (Gerhard Berger), ein weiterer kam aufs Stockerl (Alexander Wurz), drei weitere konnten punkten (Karl Wendlinger, Patrick Friesacher, Christian Klien).
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Aber es gibt mehr als eine Schattenseite: Mit Helmut Koinigg, Jochen Rindt und Roland Ratzenberger starben drei Österreicher in der Formel 1 – genauso viele wie Grands Prix gewinnen konnten. Niki Lauda und Karl Wendlinger überlebten zwei brutale Formel-1-Crashs schwer verletzt.
Wäre im Qualifying zum Imola-GP am Samstag, den 30. April 1994, nicht um 13:18 der linke Teil des Frontflügels am Simtek-Ford von Roland Ratzenberger gebrochen, würde er am Samstag seinen 60. Geburtstag feiern. Dann, wenn die Formel 1 wieder in ein Qualifying startet, dem ersten der Saison 2020. Dass die Autos heute viel sicherer sind, ist auch den Erkenntnissen aus Ratzenbergers Unfall zu verdanken.
Das ist natürlich ein schwacher Trost für die Familie. „Als das Auto aus der Kurve herauskam, habe ich mir gedacht: Das ist doch der Roland! Dann habe ich gesehen, wie der Kopf mit den Bewegungen des Wracks mitgeht und von diesem Augenblick an gewusst: Aus ist es“, erinnerte sich Vater Rudolf Ratzenberger vor einigen Jahren im Gespräch mit ABMS.
Ratzenberger
Roland Ratzenberger fuhr ein Formel-1-Rennen
Das Ärzteteam um Professor Sid Watkins versuchte alles. Weltweit wurden die Rettungsversuche der Ärzte übertragen – gefilmt von einer Helikopter-Kamera: Befreiung aus dem Trümmerhaufen, Herzmassage, Abtransport ins Krankenhaus. Doch das Genick war gebrochen, die inneren Organe zu schwer verletzt. Um 14.15 Uhr wurde Roland Ratzenberger für tot erklärt.
Ratzenberger war ein Motorsportler durch und durch. Er fuhr DTM, er war bei den 24 Stunden von Daytona am Start, er gewann Rennen in der britischen und japanischen Formel 3000, er holte sich den C2-Klassensieg mit Toyota beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1993.
Doch sein Ziel war immer die Formel 1. „Er liebte die Formel 1“, weiß Ex-Formel-1-Pilot Eddie Irvine. „Er war besessen von ihr, und es war erstaunlich, wie sehr er es wollte. Er hatte in Japan eine großartige Karriere, trotzdem wollte er in die Formel 1.“
1991 stand er kurz davor, das zweite Cockpit bei Jordan zu ergattern. Doch die Sponsoren schreckten zurück, das Cockpit ging an Bertrand Gachot und als der ins Gefängnis musste, an Michael Schumacher. Schumi stieg also in dem Auto in die Formel 1 ein, in dem eigentlich Ratzenberger fahren sollte.
Als Ratzenberger 1994 bei Simtek endlich sein Debüt geben konnte, war er schon 33 Jahre und 287 Tage alt. Seither war nur ein Fahrer bei seinem Formel-1-Debüt älter (Giovanni Lavaggi 1995 bei Pazifik mit 37 Jahren und 162 Tagen).
Beim Brasilien-GP scheiterte der Salzburger an der Qualifikation, beim Pazifik-GP erreichte er als Elfter das Ziel. Ratzenberger hatte sich seinen Traum von der Formel 1 erfüllt. Dass es holprig werden würde, wusste er: „Unser Team hat zwölf Millionen Dollar Budget – so viel wie Bergers Jahresgage. Also darf ich mir keinen Unfall leisten. Weil das Team kein Geld hat, Autos zu reparieren“, hat er damals zu Österreichs Reporterlegende Heinz Prüller gesagt.
Leider kam es anders...

Von

Michael Zeitler