Fast hätte Nico Rosberg seine Sponsorenveranstaltung heute in Singapur verpasst. Den ganzen Tag verbrachte er vorm Abflug nach Asien im Simulator in der Fabrik in Brackley, dann wurde auch noch ein Flug gecancelt. Warum so spät noch im Mercedes-Werk? Wegen des neuen Funk-Verbots musste Rosberg Überstunden schieben! Ab sofort sind alle Funksprüche und Hinweise verboten, die die Performance des Fahrers oder Autos beeinflussen, heißt es in einer neuen Direktive des Automobilweltverbandes FIA. Dazu gehören auch Informationen zum Benzinverbrauch oder anderen Motoreinstellungen. Hintergrund: Die Fahrer sollen wieder selbstständiger werden. Rosberg: „Ich war deshalb gestern den ganzen Tag im Simulator und habe die verschiedenen Prozeduren geübt, weil ich mich jetzt an viel mehr erinnern muss.“

Mehr Eigenverantwortung

Mercedes-Lenkrad
Rosberg muss nun selbst am Lenkraddisplay ablesen, wie viel Sprit er hat und wie hoch der Verbrauch ist
Allein: Dem deutschen Mercedes-Star gefällt die strengere Regel. „Das ist der richtige Weg“, sagte er frisch aus dem Flieger gestiegen. „Zuletzt haben wir Fahrer viel zu auf den Funk hören müssen. Jetzt kommt es darauf an, was wir machen. Es ist nun unsere Aufgabe, das Auto schnellstmöglich aber trotzdem innerhalb des Spritlimits bis ins Ziel zu bringen. Das ist wieder mehr pures Racing.“ Der gebürtige Wiesbadener erhofft sich auf der Strecke deshalb sogar einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Denn über die Motoreinstellungen und ihre strategische Verwendung in Rennen muss er nun ganz alleine entscheiden. Rosberg verrät: „Es gab zum Beispiel dieses Rennen in Barcelona. Immer, wenn ich meinem Motor mehr Boost gegeben habe, haben Lewis’ (Hamilton; d. Red.) Ingenieure ihm gesagt, er soll dasselbe tun. Deshalb hatte ich kaum eine Chance ihn zu schnappen. Das war schade, weil es nicht allein in meiner Hand lag.“

Nur noch 20 Pozent der bisherigen Anweisungen

Solche Situationen wird es künftig nicht mehr geben. Dann entscheidet allein der Instinkt des Rennfahrers. „Jetzt werden solche Momente definitiv interessanter“, glaubt auch Rosberg „Wir bekommen nur noch 20 Prozent der bisherigen Anweisungen über Funk. Das ist schon eine massive Änderung.“ Ex-Technikchef Gary Anders glaubt, dass in der Tat Nico Rosberg von der neuen Regel profitieren wird. „Lewis hat bislang um mehr Ratschläge via Boxenfunk gebeten“, erklärt der BBC-Experte, „während Nico im Auto selbstständiger wirkt und mehr mitdenkt.“ Hamilton will diese Argumentation indes nicht gelten lassen. „Es wird jetzt zwar etwas schwieriger, was die Strategien angeht. Im Kart hatten wir aber auch keine Daten - und ich war trotzdem schnell.“

Von

Ralf Bach
Bianca Garloff