Formel 1: Sebastian Vettel
Vettel-Zweifel: „Kann ich meinen Job überhaupt noch?“

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In einem Interview mit der Zeit spricht Sebastian Vettel über die Beweggründe für seinen Rücktritt.
Bild: Aston Martin
Sebastian Vettel hat wenige Wochen nach seiner Rücktrittsankündigung einen Blick in seine Seele erlaubt. Sein Abschied aus der Formel 1 hat demnach schon länger in seinen Gedanken gekreist.
„Da stoßen seit einiger Zeit zwei verschiedene Welten aufeinander: Der sportliche Ehrgeiz, der immer mein größter Antrieb war und gleichzeitig will ich aber auch für die Familie da zu sein. Für die Kinder“, sagt der Aston Martin-Pilot in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit. „Es fällt mir immer schwerer, beides zu kombinieren. Das macht sich an kleinen Dingen bemerkbar, wenn es zur Überwindung wird, aus dem Haus zu gehen und ins Flugzeug zu steigen. Und wenn die Kinder beim nächsten Mal dann auch noch sagen: ,Bleib doch hier, geh nicht!‘, wird es noch schwieriger.“
Doch auch Zweifel am eigenen Können offenbart der viermalige Weltmeister in dem Gespräch. Vettel: „Besonders bewusst wurde mir das vor zwei Jahren. Als es hier bei Aston Martin überhaupt nicht lief, fragte ich mich: Kann ich meinen Job überhaupt noch? Über sowas redet man ja als Profi eigentlich nicht, irgendwie scheint das verpönt zu sein. Aber wenn es doch so war? Persönliche Schwäche und Gedanken darüber gehören doch zur Leistung und auch zum Erfolg dazu.“

Vettel schließt ein Engagement im Rennsport nicht aus.
Bild: Aston Martin
Immerhin: Die Frage konnte der Heppenheimer offenbar positiv beantworten, wie er andeutet. „Zumindest für diese Erkenntnis waren die vergangenen beiden Jahre für mich Gold wert.“
Auch über sein Zeit bei Ferrari spricht der Deutsche: „Die neue Aufgabe hat mich damals angetrieben. Mein Hero war immer Michael Schumacher. Ich dachte an seine Weltmeistertitel bei den Roten. Die Begeisterung hielt bis 2018 an, da war ich das zweite Mal nah dran am Erfolg und dann blieb die erhoffte Steigerung am Schluss aus. 2019 war ernüchternd, weil unser Auto mit seinem Fahrwerk nicht gut genug war für einen starken Motor. Gleichzeitig begannen bei mir zuhause die Kinder heranzuwachsen. Das zu erleben hat meinen Blick darauf geschärft, was sonst noch in der Welt passiert, wie stark sich unsere Umwelt verändert.“
Deshalb kann sich der Formel-1-Rentner in spe auch vorstellen, in Zukunft mehr in und mit der Natur zu arbeiten. „Ich tüftle sehr gerne mit Holz“, sagt er. „Wer weiß, vielleicht mache ich eine Schreinerlehre. Vielleicht erfüllt es mich so sehr, dass ich danach nur noch Stühle baue. Oder vielleicht sage ich nach einem Jahr. Es macht Spaß, ab und zu mal was zu machen. Aber es muss jetzt nicht mein Lebensinhalt werden. Und ich mag Landwirtschaft gern, das hat mich in den vergangenen Jahren immer mehr gepackt.“
Doch auch ein Engagement im Rennsport schließt er nicht aus. Vettel: „Das muss jetzt nicht direkt im Anschluss folgen, aber im Motorsport zu arbeiten, wenn es die richtige Rolle ist, kann ich mir gut vorstellen. Es gibt ja auch Bereiche, die weit entfernt sind von der klassischen Formel 1.“
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