Nach den starken Testresultaten in Barcelona waren die Erwartungen an Ferrari für 2017 riesig: Nicht wenige im Fahrerlager haben die Roten im Vorfeld sogar zum Favoriten erklärt. An Tag eins in Melbourne dann die Ernüchterung für die Scuderia: Die Ränge zwei und vier am Nachmittag hören sich noch gar nicht mal so schlecht an. Schlimmer ist der große Rückstand von mehr als einer halben Sekunde auf Mercedes. War Ferraris Frühform nur ein kurz aufflackerndes Strohfeuer?
Die Ergebnisse vom Freitag: Alle Zeiten im Überblick
Ferrari
Dr. Helmut Marko mit Ex-Schützling Sebastian Vettel
Für Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko war Sebastian Vettels Gesichtsausdruck verräterisch. „Er stieg mit einem Lächeln ins Auto und stieg ohne wieder aus.“ Marko kennt Vettel aus gemeinsamen Red-Bull-Zeiten und hat einen Blick für die Gemütslage seines Ex-Schützlings. Der Deutsche selbst versucht angesichts solcher Mutmaßungen zu schmunzeln. „Wir haben keine Erwartungen, die kommen eher von außen. Wir haben immer gesagt, dass die Zeiten vom Test nicht so hoch einzuordnen sind. Denn es kommt immer drauf an, was man dort macht.“
Hamilton dominiert schon wieder: Gegnern fehlt halbe Sekunde
Vettel räumt ein: „Bei den Tests haben wir uns wohl gefühlt. Das fehlt jetzt hier noch ein bisschen, es läuft noch nicht ganz rund.“ Voreilige Schlüsse will der Deutsche daraus aber nicht ziehen. Das Kräftegleichgewicht zeige sich erst, „wenn morgen im Qualifying alle die Hosen runterlassen.“ Am Freitag kostete den Deutschen zudem ein DRS-Problem Zeit auf der Strecke.
Die Experten im Fahrerlager zweifeln mittlerweile daran, ob Ferrari Mercedes ernsthaft herausfordern kann. „Man muss sehen, wie gut der Bluff von Mercedes letztendlich war“, gibt bespielsweise Ex-F1-Pilot Marc Surer zu bedenken. Auch die Analyse des Pirelli-Motorsportchefs Paul Hembery ist ernüchternd. Hembery zu ABMS: „Ferrari ist gut, aber Red Bull und besonders Mercedes scheinen noch besser zu sein. Mich erinnert das alles sehr ans vergangene Jahr.“
Vettel
Am Freitag musste Vettel einige Zeit in der Box warten
Geht es nach Mika Häkkinen, könnte es in Maranello schnell ungemütlich werden: „Ich glaube, dass sich im gesamten Team viel Druck aufgebaut hat. Wenn sie im ersten Rennen nicht so gut abschneiden, wie es die Testfahrten angedeutet haben, dann wird das eine herbe Enttäuschung für alle.“ Der Finne fürchtet sogar: „Dieser Effekt könnte schädigend wirken und zu übereilten Entscheidungen führen.“
Vettel indes ist keiner, der vorschnell aufgibt. Über Nacht will er nun mit den Ingenieuren am roten Renner tüfteln, um die Balance zu verbessern. „Dann kann man hier schnell einen ziemlichen Satz nach vorne machen. Das Auto ist noch neu. Barcelona kennt man in- und auswendig, da weiß man was man machen muss. Hier ist es ein bisschen anders. Aber wir sind nicht das erste Mal da, also haben wir ein paar Ideen, wie wir für morgen einen Schritt nach vorne machen können.“
Arrivabene
Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene mit seinem Star
Auch Teamchef Maurizio Arrivabene behält die Ruhe: „Es ist erst Freitag. Wir haben heute Abend noch Arbeit vor uns und morgen machen wir unseren Job weiter bis Sonntag. Tag für Tag, ohne Panik oder Druck. Wir konzentrieren uns einfach darauf, was wir machen.“ Nach diesem Prinzip sei die Scuderia auch schon bei den Tests vorgegangen und das habe bestens geklappt. Trotzdem bleibt Arrivabene vorsichtig, sagt: „Ich will noch keine Prognose abgeben.“ Aber der Italiener hofft am Sonntag einen anderen Gesichtsausdruck bei Vettel zu sehen, als den, den Marko am Freitag festgestellt hatte. „Ich würde gerne sehen, dass er glücklich ist. Denn wenn Sebastian glücklich ist, heißt das, dass das Auto schnell ist“, so der Ferrari-Teamchef.

Von

Frederik Hackbarth