GTI – Inbegriff einer ganzen Fahrzeugklasse

GTI – daß diese drei Buchstaben einmal zum Inbegriff einer eigenen Klasse sportlicher Autos werden würden, hätte sich bei Volkswagen vor 30 Jahren wohl niemand träumen lassen. Mindestens so legendär wie der spätere Erfolg waren allerdings auch die Tuning-Umbauten: von extrem breit bis extrem tief, eingepflanzten Porsche-Motoren oder schillernden Sonderlackierungen und – nicht zu vergessen – einem riesigen Kenwood-Aufkleber auf der Heckscheibe. Der war Pflicht. Auch bei meinem Golf II. Ich geb es ja zu ...

Die neue Generation – Käufer und Tuner – gibt sich da zurückhaltender. Natürlich zählt auch hier eine ansprechende Optik, aber ungleich mehr als früher Leistung und Fahrverhalten. Keine leichte Aufgabe für die Spezialisten von Abt, B&B, Digit Power, MTM und Rüddel Motorsport, das bereits ab Werk starke Modell nochmals zu verbessern. Um es vorwegzunehmen, die Leistungssteigerungen auf 230 bis 250 PS erzielen alle Tuner gleichermaßen durch die Optimierung des Steuergeräts, höheren Ladedruck sowie die Anpassung der Kennfelder.

Wir beginnen unseren Vergleichstest mit dem GTI von B&B, bei dem man erst auf den zweiten Blick erkennt, welch optische Finesse sich die Firmenchefs Becker und Bentler für die Front ausgedacht haben. Im Gegensatz zur Serie öffneten die Siegener die sonst blinden Lufteinlaßgitter rund um die Nebelscheinwerfer und – eigentlicher Clou – reduzierten die Höhe des Kühlergrills. Ergebnis: Der rote Zierstreifen bildet mit der Unterkante der Scheinwerfer eine imaginäre Linie – ein gelungener Eingriff! Mißglückt ist unserer Meinung die Wahl der schwarzen 18-Zoll-Tiefbettfelgen, die ziemlich altbacken wirken.

Tempo bei B&B, Elastizität von Digi-Power

Die Vierkolben-Bremsanlage, die sich dahinter verbirgt, macht zwar einiges her – eine bessere Verzögerung als bei der Werksbremse stellte sich aber nicht ein. Allerdings spielten hier auch die Yokohama-Sportreifen eine Rolle, die bei fünf Grad über Null einfach nicht auf Temperatur zu bringen waren. Rund 240 PS gibt B&B für die erste Ausbaustufe des Zweiliter-Turbomotors an, das maximale Drehmoment steigt von 280 auf 340 Newtonmeter. Spürbar ist das Leistungsplus vor allem bei höherem Tempo, bis 200 km/h fährt der B&B einen satten Vorsprung von sieben Sekunden gegenüber dem normalen GTI heraus.

Enden will der Vortrieb erst, wenn die Tachonadel an der 270er-Marke kratzt – unsere elektronische Messung ergab 248 km/h. Exakt der Wert, den B&B als Höchstgeschwindigkeit nennt und damit deutlich flotter als die Serie (235 km/h). Dabei verwöhnt der Klang der Endschalldämpfer den Fahrer mit einem Röhren, an das kein Mitbewerber heranreicht. Auf der Rennstrecke in Oschersleben läßt er jedoch Federn – im wahrsten Sinne. Ständig kämpft der nur mit Sportfedern ausgerüstete Zweitürer mit Traktionsproblemen. Und auch auf Landstraßen fehlt ihm die Agilität der Konkurrenten mit Gewindefahrwerk.

Der Golf aus der schweizerischen Turbo-Schmiede DigitPower (Spezialgebiet: Mitsubishi Evo, Impreza und Audi RS) besitzt zwar solch ein Gewindefahrwerk, legt aber fühlbar mehr Wert auf Komfort als auf Rundenzeiten. Genau wie das Triebwerk mit 231 PS und 330 Newtonmetern. Zwar geht ihm beim Beschleunigen obenrum die Puste aus, jedoch überzeugt der Motor mit einer äußerst harmonischen Kraftentfaltung. Schaltfaules Fahren auf der Autobahn wird mit "Gummiband"-Vortrieb in jedem Drehzahlbereich belohnt. Ein Eindruck, den unsere Elastizitätsmessung bestätigt – hier zählt der Digit Power zu den Schnellsten.

Abt läßt optisch die Muskeln spielen

Von außen strahlt der Digi-Power GTI wie das schneebedeckte Matterhorn. "Ganz in Weiß ..." – ein Traum, als hätte ihn Roy Black vorhergesehen. Man sieht hier, warum das ehemals als spießig verpönte Weiß wieder auf dem Weg zur Trendfarbe ist. Genauso schön: 18-Zoll-"O.Z.-Racing"-Leichtmetallräder im Magnesiumlook. Unter der Heckschürze versteckt sich eine gewaltige Vierrohr-Auspuffanlage, deren schräg geschnittene Enden Rennsportfeeling verbreiten, leider hält der Sound nicht, was die Optik verspricht.

Mit nahezu gleicher Leistung wartet der GTI von Abt auf – 230 PS und 310 Newtonmeter stehen an. Dabei würde man wegen seiner brachialen Optik deutlich mehr Leistung vermuten: Egal ob Frontschürze, Seitenschweller oder die Heckpartie mit vier Endrohren – der Vertreter aus Kempten im Allgäu läßt selbstbewußt die Muskeln spielen. Und hält für die betuchte Käuferschicht ein besonderes Extra bereit: Für deftige 2308,40 Euro schimmert die Motorhaube in Voll-Carbon.

Ein anderes Highlight offenbart sich im Motopark: das in Zug- und Druckstufe verstellbare Gewindefahrwerk. DTM-Profi und Firmenmitinhaber Christian Abt hat die Abstimmung persönlich in die Hand genommen – mit Erfolg. Kaum untersteuernd, extrem agil und mit wenig Seitenneigung, erlaubt der rote Abt höchste Kurventempi. Positive Überraschung: Trotz der sehr straffen Dämpfer-Ausrichtung bleibt der Komfort auch bei längeren Fahrten nicht auf der Strecke. Am Ende gelingt dem GTI mit der geringsten Leistung die zweitbeste Rundenzeit aller Teilnehmer.

Rüddel baut den Golf im Schafspelz

Als echter Golf im Schafspelz präsentiert sich der silberne GTI von Rüddel Motorsport. Lediglich die sonst schwarzen Kunststoff-Planken lackiert der Duisburger Tuner in Wagenfarbe. Dazu ein Satz klassisch schöner BBS-Motorsport-Räder in 19 Zoll – fertig ist ein getunter GTI in schlichter Eleganz. Knapp 250 PS Leistung hat Firmenchef Robert Rüddel auf seinem Prüfstand gemessen, wobei er zugibt, bereits "einen extrem gut im Futter stehenden" Serien-GTI mit 208 PS als Ausgangsbasis bekommen zu haben.

Neben dem obligatorischen Chiptuning mit erhöhtem Ladedruck ("etwa 30 bis 35 Mehr-PS") kommt auch ein 200-Zellen-Sportkat zum Einsatz, der "für rund sechs PS gut ist", so Rüddel – ein TÜV-Gutachten dafür ist in Vorbereitung. Der Motor überzeugt mit starkem Antritt und Kraftreserven auch jenseits von 200 km/h – ähnlich wie der B&B. Das Gewindefahrwerk bügelt wellige Autobahnpassagen und Unebenheiten angenehm aus. Auf der Rennstrecke fehlt ihm aber das direkte Lenkverhalten des Abt – und das des MTM.

Der einzige Viertürer ist kompromißlos auf die Rennstrecke abgestimmt, dafür geht's im Stadtverkehr recht holprig zu. Rund 50 Mehr-PS verspricht MTM durch Chiptuning, inklusive neuer Auspuffanlage liegt die Leistung bei 250 PS und 360 Newtonmetern. Diese Kraft und das blitzschnelle DSG-Getriebe mit Lenkradwippen (erhöhen den Spaßfaktor beträchtlich!) ergeben eine Paarung, die für fulminante Beschleunigung sorgt: Null bis 100 km/h in 6,2 Sekunden sind für einen Fronttriebler schlichtweg der Hammer.

MTM bietet Recaro-Schalen im Innenraum

Nur bei der Höchstgeschwindigkeit erreicht er nicht ganz die Bestwerte der Konkurrenz: Die Übersetzung im höchsten Gang ist länger als beim manuellen Sechsgang-Getriebe – und hier offensichtlich zu lang. Die Sportbremsanlage harmoniert im Gegensatz zum B&B bestens mit der Reifenwahl und liefert besonders in warmem Zustand gute Verzögerungswerte. Kein Wunder, daß der MTM mit diesem Set-up und den vorhandenen Kraftreserven die Mitbewerber auf dem Rundkurs deklassiert. Die Recaro-Schalen im Innenraum unterstreichen den Rennsport-Anspruch: Perfekter Seitenhalt, nur leider mit normalen Automatik-Gurten – besser passen würden Vierpunkt-Hosenträgergurte.

Die Sitze bei MTM sind die einzig nennenswerte Innenraum-Veränderung in unserem Fünferpack, die vier Mitbewerber beließen das GTI-Cockpit inklusive karierter Sportsitze unverändert – im Prinzip muß hier auch nichts verändert werden. Außen zeigt sich der silberne MTM individuell: Spoiler gibt's keine, dafür eine schwarze Folie über Motorhaube und Dach mit passendem rotem Zierstreifen. Das ist günstig im Preis und ein echter Hingucker. Genauso wie die edlen Leichtmetallräder in 19 Zoll, die in Schwarz sehr gut aussehen.

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